Die letzte Minute: Thriller (German Edition)
willst du dir nicht von mir helfen lassen?«
» Weil du selbst in Gefahr bist. Halt dich raus, Mila. Du solltest New York verlassen, am besten gleich.«
» Ich mach mir keine Sorgen, dass ich auf der Straße ausgeraubt werden könnte.«
» Ich mein’s ernst. Ich hab heute einen Mann getötet, der dich gesucht hat, beziehungsweise sein Boss. Jemand in der CIA .«
Sie wedelte wegwerfend mit der Hand. » Die wollen mich ausfragen.«
» Nein, da geht es um etwas anderes. Ich glaube, da hat es jemand auf das Kopfgeld abgesehen.«
» Dann sollte ich schon allein aus Sicherheitsgründen bei dir bleiben und dir helfen. Zusammen können wir den Spieß umdrehen.«
» Nein.«
» Warum?«
» Weil du diesen Informanten bestimmt lebend haben willst. Damit er dir Novem Soles liefert.«
» Er könnte uns nicht nur Novem Soles liefern, sondern auch den Kerl, der das Kopfgeld ausgesetzt hat«, antwortete sie.
Ich ließ ihre Worte erst einmal wirken. » Also Novem Soles hat das Kopfgeld auf dich ausgesetzt.«
Sie nickte. » Ja, einer von ihnen steckt dahinter. Wenn ich ihn ausschalte, ist keiner mehr da, der seine Rache finanziert. Die Gruppe als Ganzes hat damit nichts zu tun, das ist sein privater Rachefeldzug.«
» Warum hat dieser Typ dann nicht von mir verlangt, dass ich dich für meinen Sohn ausliefere?«
» Sie wissen nicht, dass wir uns kennen«, erklärte sie. » Es ist keiner mehr am Leben, der ihnen das sagen könnte.« Sie stockte einen Augenblick. » Außer August und alle in der CIA , denen er’s erzählt hat.«
» Warum hast du mir das nicht gesagt?«
» Weil du den Informanten töten musst. Für deinen Sohn.«
» Der Informant weiß vielleicht nichts von dem Mann, der es auf dich abgesehen hat.«
Sie zuckte mit den Achseln. » Wenn man an einem Faden zieht, löst sich manchmal die ganze Decke auf. Das hat meine Tante immer gesagt, und sie hat recht.«
» Wer hat es auf dich abgesehen?«
» Er heißt Zviman. Er versteckt sich vor mir, so wie ich mich vor ihm. Denn auch auf ihn ist ein Kopfgeld ausgesetzt. Wir werden sehen, wen es erwischt.«
» Warum will dieser Zviman deinen Tod?«
» Das wirst du alles hier lesen. Es niederzuschreiben fällt mir leichter, als es dir zu sagen. Ich habe meine Geschichte bisher nur einem Menschen erzählt. Ich rede nicht gern darüber.«
» Warum, Mila?«
» Ich habe seinen Stolz verletzt«, antwortete sie lächelnd. » Wo willst du hin?«
» Lass mich das machen. Vielleicht kann mir Jack verraten, wo sich Zviman aufhält.«
» Das ist lieb von dir, Sam. Wird aber nicht klappen.«, erwiderte sie mit dem Whiskyglas in der Hand. » Soll ich mich um dein Auge kümmern?«
» Nein.«
» Okay, viel Glück.« Und dann tat Mila etwas, das sie noch nie getan hatte: Sie umarmte mich. Ich hielt die Kleidertasche und einen Rucksack mit den Waffen in den Händen. Für eine Umarmung war ich nicht wirklich bereit. Ihre Hände strichen über meinen Rücken, dann tätschelte sie meine Brust. » Sei vorsichtig. Ich hoffe, du bekommst deinen Sohn wieder.«
» Danke.« Ich lächelte. » Warum bist du in New York?«
» Schuhe«, sagte sie.
» Ah ja. Pass auf dich auf, Mila. Ich würde dich vermissen.«
» Pass du auf dich auf. Ich würde dich vermissen.«
Mein Magen krampfte sich zusammen, und ich ging ohne ein weiteres Wort. Hinaus in die wolkenverhangene, sternlose Nacht.
Ich würde meinen Sohn zurückholen, und niemand, niemand würde Mila töten.
Große Wünsche.
Ich klopfte gegen meine Hemdtasche. Sie hatte mir einen winzigen, papierdünnen Chip zugesteckt, als sie mich umarmte. Ich hielt ihn ins Licht der Straßenlaterne. Ein Tracker, so ähnlich wie die SIM -Karte eines Handys. Sie wünschte mir Glück, doch sie wollte auch wissen, wohin ich ging. Um mir zu helfen oder um ihren eigenen Kampf auszutragen? Ich wusste es nicht. Ich versuchte mir einzureden, dass es nicht wichtig war.
Zwei Männer verließen die Bar, und ich trat zu ihnen und rief ein Taxi für sie. Ein bisschen benebelt von den hervorragenden Martinis, bedankten sie sich, und als ich ihnen die Autotür öffnete, warf ich Milas Tracking-Chip auf den Boden des Fahrzeugs.
Wenn sie das Taxi verfolgte, blieb sie hoffentlich der Gefahrenzone fern.
Ich fuhr zurück zu Leonie und zu meiner langen Nachtwache.
34
Morris County, New Jersey
Die Welt ist klein, dachte er, und wird immer kleiner.
Ricardo Braun stand vor der aufgespießten Leiche des Mannes, der die Limousine gefahren hatte, und stieß einen
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