Die letzte Nacht
noch mal nachschauen könnten …«
»Tut mir leid, meine Dame, aber ich habe keine Zeit mehr.«
Eltons Stimme. Contini trat aus dem Wohnzimmer, öffnete irgendeine der Flurtüren und fand sich im Badezimmer wieder. Er schaffte es gerade noch rechtzeitig, die Tür zu schließen, bevor Elton zurück in die Wohnung kam.
Anita Pedrini hatte ihre Aufgabe erfüllt. Aber Contini war im Bad gefangen. Elton konnte ihn jeden Augenblick entdecken.
Während Contini die Situation abschätzte, sah er, wie die Türklinke gedrückt wurde. Hastig schlüpfte er hinter den Duschvorhang. Die Tür schloss sich wieder, und eine Frauengestalt im Nachthemd erschien. Lina Salviati. Contini schob den Vorhang beiseite und flüsterte:
»Pst! Ganz ruhig!«
Lina schnellte herum und riss die Augen auf. Sie hätte beinahe aufgeschrien, aber sie konnte es gerade noch unterdrücken.
»Wer … wer bist du?«
»Contini. Ich bin …«
»Ich weiß, wer du bist. Aber wie bist du reingekommen? Wie hast du es geschafft …«
»Jetzt ist keine Zeit. Wo sind Elton und Marelli?«
Innerhalb weniger Sekunden schafften sie es, eine Art Plan zu entwerfen. Elton war in sein Zimmer zurückgekehrt und telefonierte. Marelli lag vermutlich noch im Bett. Lina hatte die Aufgabe, ihn zu informieren und auf die Flucht vorzubereiten. In der Zwischenzeit würde Contini versuchen, die von Elton verschlossene Eingangstür zu knacken. Das Sicherheitsschloss war nur ein Metallriegel, den man einfach zurückschieben konnte. Für das eigentliche Schloss würde Contini, wie er schätzte, einige Minuten brauchen.
Lina blieb ruhig. Sie wollte nicht voreilig in Begeisterung ausbrechen, solange sie nicht frei war, sie hatte zu große Angst vor einer Enttäuschung. Nach der monatelangen Gefangenschaft kam es ihr vor, als sei sie nachdenklicher und besonnener geworden. Sie holte Kleider und Schuhe aus ihrem Zimmer. Dann ging sie zu Matteo und erklärte ihm, was vor sich ging. Mit einem Ruck richtete er sich im Bett auf.
»Dann sind wir endlich frei! Lina, ist dir das klar?«
»Nein.«
»Aber …«
»Du bist im Schlafanzug, ich im Nachthemd. Die Tür ist noch zu.«
Matteo nickte. Ohne ein weiteres Wort nahm er seine Kleider und verschwand im Bad. Nach ein paar Minuten kehrte er zurück. In der Zwischenzeit hatte auch Lina sich umgezogen. Sie öffneten die Tür einen Spalt und sahen hinaus in den Flur. Aus dem Wohnzimmer drang düsteres Morgenlicht herein, das mit dem Widerschein der Straßenlaternen verschmolz. Auf der anderen Seite hockte Contini vor der Eingangstür und steckte irgendetwas ins Schloss. Auf dem Boden lag eine Reihe gebogener Metallwerkzeuge.
Contini und Salviati, Salviati und Contini, dachte der Detektiv, während er die Dietriche ausprobierte. Preisgekröntes Unternehmen für Betrügereien, Überfälle und unüberlegtes Handeln. Der eine versucht, sich mit guten Manieren zehn Millionen aushändigen zu lassen. Der andere ist dabei, ein Schloss von innen zu knacken. Der einzige Einbrecher auf der Welt, der versucht, unbemerkt hinauszugelangen …
Der Gedankenfluss wurde durch Schritte auf dem Flur unterbrochen. Contini wandte sich um. Im Halbdunkel zeichnete sich Eltons massige Gestalt ab.
Zwei Sekunden lang rührte sich Elton, vollkommen verdutzt, nicht von der Stelle. Contini schaffte es, aufzustehen und ihm entgegenzutreten. Er hoffte, Elton würde die Dietriche am Boden nicht sehen.
»Guten Morgen«, sagte Contini und hob die Hände. »Wir wollen nicht streiten. Ich würde dir raten …«
Elton ließ ihn den Satz nicht beenden, sondern stürzte sich auf ihn. Contini konnte gerade noch ausweichen: Die Faust streifte ihn an der Schulter. Elton setzte erneut zum Angriff an, und Contini wich bis ins Wohnzimmer zurück. Es sah schlecht aus für ihn. Contini hatte zwar eine Pistole dabei, aber er durfte nicht schießen. Irgendjemand hätte garantiert die Polizei geholt. Und das konnten sie sich nicht erlauben, nicht mehr, da Salviati in diesem Augenblick der Junker-Bank zehn Millionen abknöpfte.
»Bleib stehen, wo du bist«, rief Contini und richtete die Waffe auf Elton.
Elton ließ ihm keine Zeit zum Ausreden. Mit gesenktem Kopf stürzte er sich auf ihn, und Contini prallte gegen eine Regalwand. Eine Vase und ein Stapel CDs landeten auf dem Boden, ebenso ein Bücherregal und Contini selbst, dem beim Aufprall die Pistole aus der Hand glitt. Die Walther landete neben seinem linken Fuß. Als er nach dem Aufprall den Kopf hob und sah, dass Elton
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