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Die letzte Nacht

Die letzte Nacht

Titel: Die letzte Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Fazioli
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blieb doch immer der Gleiche.
    »Wir sind das Gesetz«, erwiderte er mit lauter Stimme. »Wir kommen dich holen!«
    Hinter einem Felsen tauchte eine verschlissene Mütze der Chicago Bulls auf. Darunter Gionas Grinsen.
    »Nicht zu fassen, dass das Gesetz so aussieht …«
    Der Alte trug Flanellhose und eine Art Umhang, der aus verschiedenen Fellen zusammengesetzt war. Er hatte ein Jagdgewehr bei sich.
    »Hör mal«, rief ihm Contini zu, »du solltest dich nicht genötigt fühlen, deine Gäste ins Wasser fallen zu lassen.«
    Giona kicherte und reichte dem Detektiv eine Hand, um ihm zu helfen, ans Ufer zu springen.
    »Lange nicht gesehen, Contini! Welchen Ärger hast du diesmal am Hals?«
    Der alte Eremit redete ein wenig sonderbar, wie jemand, der es gewohnt ist, sich selbst Sätze laut vorzusprechen, die er in Büchern gefunden oder im Traum gehört hat.
    »Es ist eine merkwürdige Zeit«, erklärte Contini. »Schwer zu sagen, was für eine Art von Ärger.«
    »Ich wusste, dass du raufkommen würdest, ich hab’s in den Knochen gespürt! Magst du dich mit einem ordentlichen Kaffee stärken?«
    Contini folgte dem Alten in seine Behausung. Ein großer Raum, der von dem stets brennenden Feuer in der offenen Herdstelle beheizt wurde. An den Wänden reihten sich Regale mit Büchern und Zeitschriften. In einer Ecke thronte ein altes Radio. Der Tisch war ein Holzbrett auf zwei Fässern, als Sitzgelegenheiten dienten ein alter Sessel, zwei Schemel, ein Strohsack, ein Autositz und ein Holzblock.
    Giona kochte in einem kleinen Topf Kaffee. Contini prüfte einen der Schemel auf seine Stabilität, bevor er sich darauf niederließ. Dann zündete er sich eine Zigarette an. Er bemerkte, dass an der Decke ein großer Schinken hing.
    »Ich sehe schon, du lässt es dir gut gehen, Alter.«
    »Ich kann nicht klagen. Und du? Was machen die Füchse?«
    »Die Jungen sind fort.«
    »Und Francesca? Hält sie’s noch mit dir aus?«
    »Scheint so«, Contini blies den Rauch aus dem Mund. »So wie ich es mit dir aushalte.«
    »Das kann man nicht vergleichen! Ich habe einen guten Charakter.«
    Der Kaffee war fertig. Giona servierte ihn in zwei Tontassen, dann zündete er sich eine Zigarre an und setzte sich neben Contini.
    »Also, mein Junge, erzähl mir von deinem Ärger.«
    Contini hatte die Angewohnheit, dem Eremiten seine Probleme zu schildern. Obwohl der Alte fernab der Welt lebte, hatte er ein eigenartiges Gespür, das es ihm ermöglichte, die Dinge so zu sehen, wie sie wirklich waren.
    »Um es kurz zu machen, die Sache ist die, dass ich im Begriff bin, eine Bank auszurauben.«
    Giona hob die Augenbrauen. Dann kratzte er sich am Kopf. Schließlich sagte er:
    »Da braucht man was Stärkeres.«
    Er zog eine Schnapsflasche hervor und erklärte, es handle sich um ein Wunderelixier, das in einem Kloster im Herzen der Alpen destilliert worden sei.
    »Genau das Richtige bei ersten Anzeichen von Wahn. Trink, mein Junge, und du wirst sehen …«
    »Ich habe es ernst gemeint.«
    »Ernst?«
    Contini nickte.
    »Du bist also im Begriff, eine …«
    »Ja.«
    »… Bank auszurauben?«
    »Genau.«
    Giona goss sich einen Schluck Schnaps in den Kaffee.
    »Man kann dich einfach nicht allein lassen, was?«
    Contini seufzte. Manchmal kam einem Giona wirklich wie ein verrückter Alter vor. Vielleicht war er es auch, und vielleicht hatte er es deshalb so faustdick hinter den Ohren. Er erzählte ihm von Jean Salviati, von Forsters Erpressung und dem Plan, der Junker-Bank zehn Millionen zu stehlen. Giona unterbrach ihn nicht. Zum Schluss murmelte er:
    »Warum hast du mir nicht eher davon erzählt?«
    »Was hättest du mir schon sagen können?«
    »Nicht so einfach …« Giona stocherte mit dem Schürhaken in der Feuerstelle. »Wenn ihr es nicht geschafft habt, die Tochter zu befreien, und wenn dieser Forster ernst macht …«
    »Er macht ernst. Den Briefen nach, die Jean bei ihm zu Hause gesehen hat, muss er Geldprobleme haben.«
    »Und deshalb will er eine Bank ausrauben.«
    »Ja.«
    »Das heißt, er will, dass ihr es tut. Und wenn ihr euch weigert?«
    »Jean sagt, dass er zu allem fähig ist. Und er hat Lina in seiner Gewalt.«
    »Hat er keine Angst, angezeigt zu werden?«
    »Von wem? Von einem pensionierten Dieb und einem Detektiv? Außerdem haben wir keinerlei Beweise in der Hand.«
    »Hm.« Giona scharrte die Glut zusammen und schob ein Holzscheit beiseite. »Jedenfalls hat diese Geschichte etwas Geheimes.«
    »Und das wäre?«
    »Ihr seid eine Art Bande. Eine

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