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Die letzte Odyssee

Die letzte Odyssee

Titel: Die letzte Odyssee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke
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mit ähnlichen roten und braunen Flecken gesprenkelt. Klein konnte man sie freilich nur im Verhältnis zu den gigantischen Ausmaßen ihrer Umgebung nennen; die allerkleinste davon hätte eine mittelgroße Stadt bedeckt.
    Diese Wolken waren eindeutig lebendig, denn sie schwebten langsam und zielbewußt an den Flanken der Gasberge entlang und weideten deren Hänge ab wie gewaltige Schafe. Und sie kommunizierten miteinander auf der Meterfrequenz; schwach, aber deutlich hoben sich ihre Funkstimmen gegen Jupiters eigenes Knistern und seine Erschütterungen ab. Sie waren nichts anderes als lebende Gassäcke, deren Lebensraum sich auf die schmale Zone zwischen eisigen Höhen und sengenden Tiefen beschränkte. Schmal, ja – und doch sehr viel größer als die gesamte Biosphäre der Erde.
    Und sie waren nicht allein. Zwischen ihnen bewegten sich flink andere Geschöpfe, so klein, daß man sie leicht hätte übersehen können. Einige glichen irdischen Flugzeugen auf beinahe unglaubliche Weise in Größe und Form. Aber auch sie waren lebendig – vielleicht Räuber, vielleicht Parasiten, vielleicht sogar Hirten.
    Ein ganz neues Kapitel der Evolution, so fremd wie jenes, das er auf Europa flüchtig erblickt hatte, tat sich vor ihm auf. Düsengetriebene Torpedos ähnlich den Tintenfischen in den Meeren der Erde jagten und verschlangen die riesigen Gassäcke. Doch die Ballone waren nicht wehrlos; einige verteidigten sich mit elektrischen Donnerkeilen und klauenbewehrten Fühlern, die an kilometerlange Kettensägen erinnerten.
    Es gab noch seltsamere Formen, nahezu jede Möglichkeit der Geometrie wurde ausgeschöpft – bizarre, durchscheinende Drachen, Tetraeder, Kugeln, Polyeder, wirre Bänderknäuel … sie stellten das gewaltige Plankton der Jupiteratmosphäre dar, dazu bestimmt, wie Spinnweben in den aufsteigenden Strömungen dahinzuschweben, bis sie alt genug waren, um sich fortzupflanzen; dann wurden sie in die Tiefen hinabgefegt, um dort zu Kohle verbrannt und einer neuen Generation einverleibt zu werden. Er durchforschte eine Welt, die mehr als hundertfach die Fläche der Erde aufwies, und obwohl er viele Wunder schaute, deutete nichts auf intelligentes Leben hin. Die Funkstimmen der großen Ballone übermittelten nur einfache Warn- oder Angstbotschaften. Selbst die Jäger, von denen man einen höheren Organisationsgrad hätte erwarten können, waren nur gedankenlose Automaten wie die Haie in den Meeren der Erde.
    Und all ihrer atemberaubenden Größe und Neuartigkeit zum Trotz war die Biosphäre des Jupiter eine zerbrechliche Welt aus Gas und Schaum, aus zarten Seidenfäden und papierdünnen Geweben, durch Blitze gesponnen aus dem ständigen Schneefall petrochemischer Verbindungen in der oberen Atmosphäre. Nur wenige der Gebilde waren widerstandsfähiger als Seifenblasen; selbst die schrecklichsten Räuber wären von den schwächsten Raubtieren der Erde mühelos in Stücke gerissen worden. Wie Europa, aber in viel höherem Maße, war Jupiter eine evolutionäre Sackgasse. Hier würde niemals Bewußtsein entstehen – und wenn, dann wäre es zu einer kümmerlichen Existenz verdammt. Eine Gaszivilisation mochte sich entwickeln, doch konnte sie in einer Umgebung, wo Feuer unmöglich war und kaum feste Stoffe existierten, niemals auch nur das Steinzeitstadium erreichen.

31
Die Kinderschuhe
    MISS PRINGLE
    AUFZEICHNUNG
    Indra – Dim – hoffentlich habt ihr auch alles gut hereinbekommen – ich kann es immer noch kaum fassen. So viele phantastische Geschöpfe – wir hätten die Funkstimmen zumindest empfangen müssen, auch wenn wir sie nicht verstanden hätten! – und alle wurden sie mit einem Schlag ausgelöscht, damit Jupiter zur Sonne werden konnte.
    Jetzt wissen wir auch, warum. Die Europs sollten ihre Chance bekommen. Welch erbarmungslose Logik: ist Intelligenz denn das einzige, was zählt? Ich sehe schon, mir stehen endlose Streitgespräche mit Ted Khan bevor.
    Die nächste Frage lautet: werden die Europs die Prüfung bestehen – oder ist es ihr Schicksal, für immer in den Kinderschuhen steckenzubleiben? Tausend Jahre sind keine lange Zeit, trotzdem würde man gewisse Fortschritte erwarten. Laut Dave sind sie jedoch noch immer auf dem gleichen Stand wie damals, als sie das Meer verließen. Vielleicht liegt es auch daran, daß sie immer noch mit einem Bein – oder vielmehr einem Ast! – im Wasser stehen.
    Noch etwas haben wir völlig falsch verstanden. Wir dachten, sie kehren zum Schlafen ins Meer zurück. Dabei

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