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Die letzte Offenbarung

Die letzte Offenbarung

Titel: Die letzte Offenbarung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan M. Rother
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Mafalda ist die mit dem Esoterik-Schnickschnack.«
    »Esoterik?«
    »Du hast ja wirklich gar keine Ahnung, kann das sein?« Rebecca verdrehte die Augen.
    »Nicht von solchen Sachen«, brummte Amadeo.
    »Dein Fehler.« Sie fuhr sich durchs Haar. »Reiki, Zen-Meditation, Tarot — die ganze Schiene. Warum nennt sie ihr Domizil wohl Villa Tepesz? Klingt doch, als war da Dracula persönlich zu Hause. Je mysteriöser, desto besser. Am Anfang war's vielleicht Marketing, so auf geheimnisvoll und interessant, aber mittlerweile...«
    »Jetzt, da sie sich zurückgezogen hat, wird es natürlich noch geheimnisvoller«, überlegte Amadeo. »Aber gut. Vlad Tepesz ist ja das historische Vorbild für Bram Stokers Dracula , Literatur scheint sie also zu interessieren. Wir könnten mit ihr über Kafka sprechen, wenn sie schon in Prag ist. Oder über den Golem.«
    »Gute Idee. Vielleicht unterschätzt man sie ja wirklich, wenn man sie nur aus der Presse kennt, vielleicht hat sie sich ja auch verändert.«
    »Lesen bildet bekanntlich«, meinte Amadeo.
    »Ob sie sich deshalb den Isidor zugelegt hat?«, fragte Rebecca.
    »Ein Manuskript des zehnten Jahrhunderts legt man sich nicht mal eben zu«, sagte Amadeo streng. »Wenn der Isidor sie interessiert, kann sie sich für ein paar Euro eine Studienausgabe kaufen.«
    Rebecca seufzte. »Du verstehst das nicht. Was richtig alt ist, hat Atmosphäre, und das ist wichtig, wenn man Eindruck machen will.«
    »Ich denke, sie lässt niemanden rein in die Bude, auf wen will sie dann Eindruck machen? — Schau mal!« Amadeo deutete auf das blaue Hinweisschild »Praha/CZ – 322 Kilometer«. »Zum ersten Mal ausgeschildert«, sagte er. »Wo liegt dieses Palais, diese Villa denn genau? Weißt du das?«
    »Zu Füßen der Petřín, schreibt Helmbrecht.« Sie machte sich bereits am Navigationsgerät zu schaffen. »Ziemlich unübersichtliche Gegend, doch mein Kontaktmann hat mir die Adresse durchgegeben, und mit dem Navi finden wir das. Prag ist ein einziges Labyrinth, wenn man sich nicht auskennt. Warst du schon einmal dort?«
    Amadeo grinste schief. »Ein Tagesausflug, von Weimar aus — mit der Bahn. Ich denke, das zählt nicht.«
    Rebecca schüttelte den Kopf. »Wohl kaum. Außerdem tut sich in Prag so viel seit dem Zusammenbruch des Kommunismus, Gutes wie Schlechtes. — Soll ich nicht mal ans Steuer?«
    » Och...« Amadeo blickte auf das glitzernde Band aus Asphalt, er fühlte sich überhaupt noch nicht müde.
    »Ich denke, wir essen erst mal einen Happen.« Rebecca sah noch einmal auf die Uhr. »So viel Zeit haben wir noch. Wir müssen sowieso raus und etwas für dich kaufen.«
    »Ich brauche nicht noch ein Sakko!«, protestierte Amadeo.
    »Nein, sicher nicht«, erwiderte sie grinsend. »Aber eine Kamera.«
    »Womit bezahlen wir die?«
    Rebecca lächelte rätselhaft und öffnete das Handschuhfach. Gedankenverloren nahm sie einen Notizblock hervor, blätterte darin, und...
    Amadeo keuchte, und der Wagen näherte sich gefährlich der Leitplanke.
    Euroscheine. Große Werte. Hunderter, Zweihunderter, Fünfhunderter.
    »Bitte fahr etwas vorsichtiger«, bat sie ihn, »für einen neuen Wagen könnte es etwas knapp werden.«
LVIII
    Sie erreichten das Goldene Prag um kurz nach fünf: die schönste Stunde des Nachmittags zu dieser Jahreszeit. Die Sonne stand schon tief und legte einen Hauch von Vergänglichkeit auf die Stadtviertel jenseits des Flusses, und die Wasser der Moldau funkelten, als müssten sich mysteriöse Schätze in ihren Tiefen verbergen. Voller Geheimnisse und Zauber, voller Gold und...
    »Blut«, murmelte Amadeo und blickte an Rebecca vorbei durch das Fenster an der Fahrerseite. »Man fährt hier lang und sieht nur das Gold da unten und die Pracht und den Reichtum, den Prag einmal besessen hat. Dabei vergisst man völlig, dass hier oben«, er nickte zu einer unscheinbaren, kahlen Anhöhe, »eine der blutigsten Schlachten der Geschichte getobt hat. Noch dazu eine der folgenreichsten.«
    »Welche war das?« Rebecca hatte nur kurz hingesehen. Sie war völlig gefangen von dem Anblick, der sich in der Ferne ankündigte.
    »Die Schlacht am Weißen Berge«, sagte Amadeo leise. »Am Beginn des Dreißigjährigen Krieges.«
    »Ach, der berühmte Prager Fenstersturz.«
    »Eben.« Amadeo verrenkte sich, um die Anhöhe noch einen Moment im Blick zu behalten. »Der berühmte, dabei war er in Wahrheit nur einer von mehreren. Das war eine liebgewonnene Tradition hier — und einer war folgenreicher als der

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