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Die letzte Offenbarung

Die letzte Offenbarung

Titel: Die letzte Offenbarung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan M. Rother
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des commandante gebeten, die Fenster des Wagens ein wenig aufzumachen. Der Smog des römischen Berufsverkehrs war von ganz eigener Art. Es ist seltsam, dachte Amadeo, was für Dinge einem fehlen können.
    Auf dem Ponte Guglielmo Marconi überquerten sie den Tiber. Zehn Minuten später kamen sie ganz in der Nähe der caffèbar vorbei, in der Helmbrecht vor einem halben Leben den ersten ristretto genommen hatte. Rom sah eigentlich aus wie immer — oder besser: So wie Trastevere seit dem großen Brand nun einmal aussah. Überall sah Amadeo, dass bereits fleißig gearbeitet wurde, um die entstandenen Lücken zu schließen. Die Stadt hatte in ihrer langen Geschichte weit Schlimmeres überlebt als dieses Feuer, und ganz bestimmt war nach bald dreitausend Jahren nicht zu erwarten, dass Rom sich über Nacht veränderte, wenn Amadeo Fanelli mal nicht zu Hause war.
    »Was ist denn nun mit dem Treffen, zu dem wir unterwegs waren?«, fragte Amadeo. »Was ist mit eurem ominösen Chef, der unbedingt mit mir sprechen wollte?« Und mit meinem caffè , fügte er in Gedanken hinzu. Doch das musste er gar nicht laut sagen, denn er sah, wie Rebeccas Mundwinkel zuckten, und wusste, dass sie ihn verstanden hatte.
    »Du bekommst deinen caffè im Vatikan«, sagte sie mit einem Grinsen, »und zwar bis zum Abwinken. Ist das ein Angebot?«
    Amadeo nickte.
    »Er kommt auch dorthin«, meldete sich der commandante vom Vordersitz. »Ich habe vorhin mit ihm gesprochen. Es geht ihm schon besser, zum Glück war es nur ein Streifschuss.«
    »Alle in die Höhle des Löwen«, murmelte Amadeo und schaute zwischen dem Mann in der Soutane und dem Fahrer hindurch die Viale Trastevere hinab. Auf der linken Seite stieg das Gelände zum Gianicolo hin an, der Vatikan war hinter der Erhebung und den Häuserfassaden verborgen.
    »Was ist schon ohne Gefahr im Leben«, sagte Rebecca und hob die Schultern.
    »Was ist«, Amadeo kam der Gedanke erst jetzt, »wenn uns Bracciolinis Männer über den Weg laufen? Oder Bracciolini selbst!«
    »Dann sagen wir freundlich buon giorno , oder hast du eine bessere Idee?«
    »Er wird uns nicht über den Weg laufen«, sagte der commandante knapp. »Niemand von ihnen.« Wieder griff er nach seinem Handy und gab mit gedämpfter Stimme Anweisungen.
    Sie hatten jetzt die Straße erreicht, die am Tiberufer entlangführte, und jenseits der Flussschleife ragte das Castel Sant'Angelo auf. Amadeo betrachtete das verwitterte Mauerwerk, alt wie die Welt, das selbst den Goten widerstanden hatte, als die verzweifelten Verteidiger Kaiser Hadrians kostbare Skulpturen zertrümmerten und auf die Angreifer niederschleuderten. Alt wie die Welt, dachte er, und zwei Generationen jünger als die Papyri, deren Spur er durch ganz Europa gefolgt war, um am Ende doch wieder in diese Stadt zurückzukehren, zu der eben alle Wege führten.
    Der Wagen bog nach links auf die Piazza della Rovere. Über den Dächern schimmerte jetzt die Kuppel von San Pietro im Licht des Vormittags. Der Mann in der Soutane sagte leise etwas, und der Fahrer ordnete sich zur Straßenmitte hin ein, auf einen mehrspurigen Tunnel zu, der unter einem Ausläufer des Gianicolo hindurchtauchte. Amadeo kannte die Strecke und war sie mit seinem Fiat mehr als einmal gefahren. Nicht besonders gern, zugegeben, und wenn der Verkehr allzu dicht war, machte er lieber einen Umweg, doch die Galleria Principe Amadeo Savoia-Aosta war nur wenige hundert Meter lang, dann kam man auf der anderen Seite direkt unterhalb der Mauern des Vatikans wieder ins Freie. Das würde er auch heute durchhalten.
    Amadeo holte tief Luft, und schon verwandelte sich das Licht des römischen Morgens in elektrische Tunnelbeleuchtung. Wieder sagte der dunkelhäutige Mann etwas, woraufhin der Fahrer den Wagen auf die rechte Spur brachte und abbremste. Unruhig blickte Amadeo zwischen den Vordersitzen hindurch, doch da war nichts. Die Fahrbahn vor ihnen war frei. Der Fahrer wurde noch langsamer und setzte den Blinker. Der Wagen hinter ihnen hupte und blendete auf. Der Mann am Steuer des BMW fluchte unterdrückt, aber er drosselte das Tempo weiter. Da bemerkte Amadeo die Nothaltebucht auf der rechten Seite, am tiefsten Punkt des Tunnels. Sie war ihm nie zuvor aufgefallen. Die Leuchtröhren waren so angebracht, dass sie von der Fahrbahn aus beinahe unsichtbar waren. Vor allem aber gab es keine Einfädelspur.
    Mit einem gewagten Manöver scherte ihr Wagen ein — und stoppte abrupt.
    »Aussteigen!«, wies der commandante sie an

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