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Die letzte Offenbarung

Die letzte Offenbarung

Titel: Die letzte Offenbarung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan M. Rother
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Kardinalstaatssekretärs ihr Ziel war, mussten sich ihre Wege beinahe kreuzen.
    Amadeo überlegte fieberhaft. Wenn der angebliche Pater und die ausländische Touristin plötzlich kehrtmachten, würde das auffallen, schließlich war der Platz nahezu menschenleer. Nahezu. Schon glaubte er, Blicke auf sich zu spüren, und das waren gewiss keine imaginären Augen hinter den Fenstern von Bracciolinis Amtssitz.
    Für einen Moment war er versucht, Rebecca an sich zu ziehen. Ein Liebespaar in inniger Umarmung... In seiner priesterlichen Soutane hätte das indes ein eher merkwürdiges Bild abgegeben. Ein ungewohntes Geräusch ließ ihn zum Himmel blicken. Einen Moment lang suchte er vergeblich, dann hatte er den Hubschrauber entdeckt. Mit ratternden Rotoren näherte er sich aus Richtung des centro storico , flog über den Tiber hinweg und glitt zusehends tiefer, während Amadeo noch hinsah.
    Dort! Bracciolinis Männer kamen hinter den Bäumen wieder zum Vorschein, und auch sie deuteten gen Himmel, um im nächsten Augenblick ihre Schritte noch einmal zu beschleunigen. Schon wandten sie Amadeo und Rebecca den Rücken zu und eilten dem Staatssekretariat entgegen.
    Amadeo schloss die Augen. Jede Kraft hatte seinen Körper verlassen. Jeder Windhauch, so kam es ihm vor, konnte ihn umwehen.
    Doch es kam kein Windhauch, sondern Rebecca stieß ihn vorwärts. »Wir müssen uns beeilen«, sagte sie leise. Tiefe Besorgnis lag auf ihren Zügen, und ihre Blicke folgten dem Helikopter, der nun über den Vatikanischen Gärten niederging. Überall waren Menschen stehen geblieben und verfolgten das Schauspiel.
    »Mit einem Hubschrauber hätten wir uns einiges ersparen können«, murmelte Amadeo.
    Rebecca musterte ihn aus schmalen Augenschlitzen. »Dann hätten wir auch gleich ein Fax schicken können, um unseren Besuch anzukündigen.«
    Der Hubschrauber senkte sich langsam dem eliporto Vaticano entgegen, dem Hubschrauberlandeplatz, den Giovanni Paolo auf einer der einstigen Bastionen der Vatikanischen Mauern hatte anlegen lassen. Von hier aus war er zu seinen zahllosen Auslandsreisen gestartet. Der Landeplatz stand nur wichtigen Gästen des Heiligen Stuhls zur Verfügung — und den hochrangigsten Mitgliedern der Kurie.
    Bracciolini.
    »Komm endlich!«
    Rebecca packte Amadeo am Ärmel. Es achtete ohnehin niemand mehr auf sie, also konnte er sich genauso gut ihrer Führung überlassen. Rasch umrundeten sie den gigantischen Bau von San Pietro, links von ihnen Baumgruppen, Rasenflächen, Wege, die in die Gärten führten und Menschen, die dem eliporto entgegeneilten. Rebecca zog ihn weiter, als rechts bereits die Fassade der Vatikanischen Museen aufragte. Wieder ging es zwischen zwei Reihen geparkter Autos hindurch.
    Der halbe Kirchenstaat ist ein einziger Parkplatz, dachte Amadeo. Doch er konnte nicht besonders viel denken.
    Sie waren hier, sie hatten ihre Spur nicht verloren. War nicht Bracciolinis Ankunft der letzte Beweis? Der Hubschrauber war inzwischen inmitten der ausgedehnten Gartenanlagen unsichtbar geworden, und noch immer drang das Geräusch der Rotorblätter zu ihnen, veränderte sich, verebbte. Der Helikopter war gelandet.
    Amadeos Atem ging rasselnd. Rebecca hatte seine Rippe wieder mal ganz schön erwischt. Keuchend schloss er zu ihr auf, als sie zwischen zwei Gebäudeflügeln vor einem gedrungenen Turm stehen blieb. Wie ein Schild in mehreren Sprachen verkündete, war dies ein Eingang zur Biblioteca Apostolica und verschiedenen Sammlungen der Vatikanischen Museen.
    »Es ist wohl am besten, ich gehe vor«, sagte Amadeo mit leiser Stimme, und seine Knie fühlten sich an wie Wackelpudding. »Taddeo Maffei heißt unser Mann?«
    Rebecca warf einen letzten Blick auf die Vatikanischen Gärten und nickte stumm.
    »Soll ich nach ihm fragen?«
    »Wenn du ihn nicht kennst, wird dir kaum was anderes übrig bleiben«, murmelte sie genervt. Sie musterte ihn noch einmal kritisch, zog dann mit einem Seufzen die Tür auf und schob ihn hindurch.
    Ein merkwürdiges Halbdunkel. Die Atmosphäre war sofort verwandelt. I quattro cancelli wurde dieser Raum genannt, erinnerte sich Amadeo, nach den vier Türen, die in unterschiedliche Bereiche der ausgedehnten Sammlung von Kunstgegenständen führten. Die päpstlichen Sammlungen umfassten durchaus auch Exponate aus heidnischer Zeit. Als sie den angrenzenden Raum betraten, fiel Amadeos Blick als Erstes auf eine rätselhaft dreinblickende ägyptische Sphinx. Der Anblick hatte beinahe etwas Beruhigendes:

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