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Die letzte Offenbarung

Die letzte Offenbarung

Titel: Die letzte Offenbarung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan M. Rother
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Hand auf seine Schulter legte. Im gleichen Moment begriff er, als er nicht nur das Gesicht von Karol Wojtylas direktem Nachfolger wahrnahm, sondern auch den Rahmen, der es umgab.
    »Die Präfekten der Kongregation für die Glaubenslehre«, sagte Rebecca leise und deutete den Flur entlang. »Ratzingers Aufgabe, bevor er... Eine Art Ahnengalerie.«
    Amadeo nickte wie betäubt. Seine Knie fühlten sich an, als wollten sie jeden Augenblick nachgeben.
    Der commandante schob sich an ihm vorbei in den mit einem farblosen Teppich ausgelegten Flur und blickte sichernd nach beiden Seiten. Schließlich gab er ihnen ein Zeichen, ihm zu folgen. Von irgendwoher waren gedämpfte Stimmen zu hören, doch sie ertönten durch eine der Türen, die vom Flur abzweigten.
    »Gehen Sie voran«, flüsterte der dunkelhäutige Mann zu Amadeo. »Wenn wir auf jemanden treffen: Wir begleiten Sie — nicht umgekehrt.«
    Amadeo zupfte die Soutane zurecht und machte sich auf den Weg. Der Flur führte auf einen breiteren Gang mit vertäfelten Wänden. An den Türen hingen Schilder mit auffallend langen Titeln, und in den Zwischenräumen gab es noch mehr Bilder — Gemälde, keine schlichten Fotografien. Amadeo versuchte sich zu orientieren, als sich ein Stück vor ihnen eine Tür öffnete und ein untersetzter Mann im Talar auf den Flur trat. Er kam ihnen entgegen und blätterte dabei in einem Aktenstapel. Mit einem Nicken war der Priester an ihnen vorbei. Amadeo atmete auf, doch im selben Augenblick spürte er ein merkwürdiges Prickeln im Nacken.
    Er sieht sich nach uns um, dachte er. Unter gar keinen Umständen durfte er jetzt ebenfalls einen Blick über die Schulter werfen. Es fiel ihm unsagbar schwer, doch er riss sich zusammen und ging mit raschen Schritten weiter. Ein ganzes Stück vor ihnen fiel Licht durch eine Glastür. Wenn sie es jetzt...
    »Monsignore?«
    Amadeo blieb stehen. Ertappt.
    »Monsignore, bitte schauen Sie sich das hier mal an.« Die Stimme war leise, und Amadeo hörte ein Brummen. Ein Brummen, das dem Priester antwortete. Der Mann hatte nicht sie angesprochen. Irgendwo hinter ihnen war noch jemand anders auf dem Gang. Amadeo strich sich das Haar aus der Stirn, schüttelte dann den Kopf wie zu sich selbst und ging weiter. Die beiden Männer konnten sie die ganze Zeit im Auge haben.
    Dann hatten sie die Glastür erreicht. Mit angespannter Miene schob der commandante sie auf und ließ zuerst Amadeo, dann Rebecca passieren, bevor er als Letzter folgte. Da war noch eine zweite Tür, eine mächtige Holztür, doch sie stand offen, und dahinter war Tageslicht. Auf der linken Seite saß hinter einer Glasscheibe ein Pförtner. Amadeo grüßte beiläufig, scheinbar gedankenverloren, die beiden anderen waren hinter ihm. Dann die Tür, die Tür...
    Gleißender Sonnenschein empfing sie.
    »Ihr geht um San Pietro herum«, sagte der commandante mit verhaltener Stimme. »Wir sind noch immer auf der falschen Seite des Vatikans, doch dort ist die Chance geringer, dass ihr jemandem begegnet.«
    »Was machst du?«, fragte Rebecca leise.
    »Wir stoßen zu euch, sobald er...« Er vollendete den Satz nicht, sondern zog die Baseballkappe tiefer ins Gesicht und tippte sich rasch mit der Hand an die Schläfe. Die Andeutung eines militärischen Grußes vielleicht, eine Erinnerung an Südamerika.
    Wortlos wandte sich der dunkelhäutige Mann ab und verschwand nach rechts, wo ein Tor in einer vielleicht drei Meter hohen Absperrung zurück auf die Straßen Roms führte. Zwei Schweizergardisten standen Wache, aber sie wandten ihnen den Rücken zu: Vor allem hatten sie ein Auge darauf, wer das winzige Staatsgebiet des Vatikans betreten wollte -und nicht, wer es wieder zu verlassen suchte. Amadeo und Rebecca beobachteten noch, wie der commandante die Absperrung ungehindert passierte, dann nickte die junge Frau.
    »Wie hast du gesagt? In die Höhle des Löwen?« Sie sah sich vorsichtig um. »Lass uns hoffen, dass sie nicht zu laut brüllen, die Löwen.«
    »Du weißt, wo genau wir hinmüssen?«, fragte Amadeo und blickte sich ebenfalls unauffällig um.
    Der Vatikan war der kleinste Staat der Welt. Gut einen Kilometer lang und weniger als einen Kilometer breit, umfasste er den eigentlichen, von Mauern umgebenen Vatikanischen Hügel mit den päpstlichen Gartenanlagen und den ein Stück vorgeschobenen Dom von San Pietro, den Petersdom, wie die tedeschi es auf ihre etwas schlichte Art ausdrückten. Die vorgelagerte Piazza San Pietro gehörte ebenfalls dazu. Die

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