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Die letzte Offenbarung

Die letzte Offenbarung

Titel: Die letzte Offenbarung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan M. Rother
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Sinn. Hatte nicht sogar der Fotograf die Negative behalten?
    Mit zitternden Händen hielt er den Pass, als sein Blick auf die ausstellende Behörde fiel.
    Pontificia Commissione per lo stato della Città del Vaticano
    Auf einmal waren seine Hände taub.
    Das Dokument fiel zu Boden.
XLIII
    Es hatte eine Zeit gegeben, da hatte Amadeo die Nacht geliebt. Das war noch gar nicht so lange her.
    Eigentlich erst ein paar Tage.
    Doch das schien einem anderen Leben anzugehören.
    Die Nacht schuf tausend Ungeheuer ... Der Satz war auf einmal in seinem Kopf, und er brauchte einen Moment, um sich zu erinnern, woher er stammte. Goethe. Ja, der Satz passte.
    Amadeo hatte dreihundertfünfzig Euro an Bargeld in der Tasche, außerdem eine Bankkarte, die er nicht zu benutzen wagte. In seiner Ledermappe steckte ein Ausweis — sein echter Ausweis auf seinen echten Namen. Außerdem befand sich dort der vierte Teil der Offenbarung, das Manuskript aus dem Augustinus. Amadeo trug ein zerknittertes Sakko aus der Boutique des aeroporto Fiumicino, und der Rest seiner Garderobe hatte auch schon bessere Zeiten gesehen. Alles in allem eher durchwachsene Voraussetzungen für das, was er vorhatte. In Ermangelung eines besseren Begriffs — und eines besseren Planes — gab er seinem Vorhaben den Namen »Überleben«.
    Als er gehört hatte, wie Rebecca die Dusche abstellte, war er eben noch rechtzeitig aus dem Zimmer geschlüpft. Zu diesem Zeitpunkt hatte er an Vorkehrungen getroffen, was ihm in der Eile eingefallen war. Er hatte die Fotos der Augustinus-Fragmente auf Rebeccas Laptop übertragen und über das Browser-Interface von seiner eigenen Mailadresse aus an Helmbrecht geschickt, mit der dringenden Bitte, an seine, nicht an ihre Mailadresse zu antworten. Er würde die Antwort in einem Internet-Café abrufen. Nach der Übertragung hatte er die Aufnahmen aus der Kamera und von der Festplatte des Laptops gelöscht.
    Der Satz am Ende der Handschrift war leidlich zu entziffern gewesen. Ganz sicher war Amadeo sich nicht, aber vermutlich stammte er von Boëthius. Helmbrecht musste nach einem Boëthius fahnden.
    Amadeo hätte den Toyota nehmen können. Die Schlüssel hatten auf dem Tisch gelegen, gleich neben den Papyri. Rebecca hatte ihn belogen. Er hätte jedes Recht dazu gehabt, doch es hatte sich nicht richtig angefühlt.
    Er wusste nicht, warum sie ihm diese Komödie vorgespielt hatte und wie auch immer sie das alles hinbekommen hatten. Vor allem Sheldons Tod musste ein ungeheures Risiko gewesen sein. Kein Mensch hatte vorausberechnen können, wie Amadeo sich in diesem Augenblick verhalten würde. Die Kugeln hätten ebenso gut ihn treffen können, und damit wäre ihr schöner Plan perdu gewesen. Worin auch immer er bestand.
    Zu jedem guten Motel gehörte eine Tankstelle. Hier war sie ein paar hundert Meter entfernt, doch Amadeo kam es vor, als wären es Welten. Die Tankstelle war sein erster Anlaufpunkt: Dreihunderfünfzig Euro waren nicht viel. Wenn er jemanden fand, der ihn bis Dover mitnahm, hatte er die erste Etappe geschafft.
    Und dann? Das hing von Helmbrechts Antwort ab. Er würde weitermachen, er musste weitermachen. Irgendwie.
    Im Moment standen zwei Fahrzeuge an den Zapfsäulen. Amadeo sah auf die Dioden einer großen Schalttafel, die abwechselnd die Uhrzeit und die Temperatur anzeigten. Kurz vor acht, neunzehn Grad. Auf der Durchgangsstraße herrschte noch reger Verkehr. Amadeo hatte gute Chancen, rasch wegzukommen, und erfrieren würde er jedenfalls nicht.
    Nur war die Tankstelle sicher auch der erste Ort, an dem Rebecca nach ihm suchen würde, also durfte er keine Zeit verlieren. Im Augenblick standen zwei Fahrzeuge dort, ein klapperiger Austin mit einem jungen Pärchen und ein Pickup, aus dem eben ein Herr in mittleren Jahren stieg. Glatze mit Vorgarten, ausgeblichene Jeans.
    Amadeo räusperte sich. »Äh, entschuldigen Sie bitte. Sind Sie zufällig...«
    »Ich fahre nur noch fünf Minuten«, brummte der Mann unfreundlich.
    Amadeo wandte sich um. Das Pärchen war bereits mit dem Tanken fertig. Er trat an den Wagen, doch bevor er den Mund öffnen konnte, stieg der junge Mann aufs Gas. Mit quietschenden Reifen hoppelte der Austin davon und ließ Amadeo in einer Qualmwolke zurück.
    Er musste sich gedulden. Hin und wieder kamen neue Fahrzeuge. Drei Mal versuchte Amadeo sein Glück — drei Mal ohne Erfolg. Er betrachtete sich in der Verglasung des Verkaufsraums, der Tankstellenpächter schaute misstrauisch zurück. Amadeo fand, dass er

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