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Die letzte Offenbarung

Die letzte Offenbarung

Titel: Die letzte Offenbarung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan M. Rother
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Thermostat beinahe bis zum Anschlag aufdrehte. Es war erstaunlich, wie vertraut sie einander in dieser kurzen Zeit geworden waren. Trotzdem: Es war noch eine Spur erstaunlicher, dass sein Kopfkino ihn in diesem Moment nicht mit aufreizenden Bildern ihres nackten Körpers versorgte. Sie war eine begehrenswerte Frau, ja, mehr als das. Faszinierend, schön auf fremdartige Weise, und — das hatte er am seltensten erlebt — ihm auch geistig mehr als ebenbürtig. Und sie war gefährlich. Oh, ja, in mehr als einer Hinsicht.
    Sachte tauchte er den feinen Haarpinsel in das Gefäß mit dem Vitriol und bestrich den Bereich unter den Worten Denn er wusste, dass die Pharisäer vom Tun der Griechen dachten, wie er selbst es tat .
    Wussten sie jetzt, worin die letzte Offenbarung des Johannes bestand, oder war es noch immer nicht die ganze Wahrheit? Wie viele Codices würden sie noch aufspüren müssen? Und was geschah, wenn sie das Ende der Reise erreichten? Sie hatten Sheldon getötet — und Simmons am Leben gelassen. Weil sie davon überzeugt waren, dass Simmons nichts wusste? Konnte ihre Sicherheit so groß sein, dass sie ein solches Risiko eingingen? Warum hatten dann Niccolosi und sein Liebhaber sterben müssen?
    Jedenfalls konnten sie sicher sein, dass Amadeo und Rebecca — und Helmbrecht — alles wussten.
    Er hörte, wie Rebecca unter der Dusche leise zu summen begann, und spürte, wie ein Lächeln über seine Lippen huschte. Dieses Lied kannte er. Es war nicht von Nirvana, dieser Band, deren Sänger sich den Kopf weggeschossen hatte. Unvermittelt begann Amadeo zu zittern, so heftig, dass er die Arme um den Leib schlang, um sich zu beruhigen. Eiskalt, ihm war eiskalt, und die Kälte kam von innen. Draußen war ein warmer Sommerabend, und irgendwie hatte die Wärme den Weg in das Motelzimmer gefunden, doch sie hatte keine Chance gegen die Kälte in seinem Innern.
    Er musste sich ablenken. Angestrengt starrte er auf das Fragment. War da schon etwas zu erkennen? Ein schattenhafter Umriss, der sich allmählich zu lateinischen Buchstaben verdeutlichen würde? Vielleicht. Eine Folge von vier oder fünf Wörtern. Er kniff die Augen zusammen. Nein, es war noch nichts zu entziffern.
    Helmbrecht.
    Sie würden Helmbrechts Hilfe brauchen, um an den Codex zu kommen, in dem sich die nächsten Fragmente befanden. Was für eine Handschrift auch immer es diesmal sein würde.
    Der Fotoapparat lag in Rebeccas Handtasche. Amadeo konnte schon einmal Aufnahmen vom Text machen, und vielleicht war auch die Geheimzeile bereits sichtbar, wenn er damit fertig war. Jedenfalls würde ihn das ablenken.
    Er merkte, dass seine Schritte unsicher waren, als er zur Sitzecke hinüberging, wo Rebecca die Tasche abgelegt hatte. Ungeschickt machte er sich daran zu schaffen. Da war der Apparat. Er zog ihn hervor — und merkte zu spät, dass der Trageriemen sich verhakte. Die Tasche plumpste zu Boden. Einige Gegenstände fielen heraus, ihr Handy, eine Schachtel Kopfschmerztabletten, ein kleines Etui.
    Er hielt den Atem an. Rebecca summte noch immer vor sich hin, und die Brause, nun, brauste. Eilig hob Amadeo die Tasche auf und begann sie wieder einzuräumen. Hoffentlich hatte sie keine spezielle Ordnung darin. Es wäre ihm unangenehm gewesen, wenn sie glaubte...
    Er nahm das kleine Etui, nein, es waren zwei.
    Amadeo kämpfte mit sich selbst, für einen Augenblick. Ich bin ein Forscher, entschuldigte er sich, ein Wissenschaftler. Ich kann nicht anders, ich muss den Dingen auf den Grund gehen. Er kam sich jämmerlich vor.
    Dann öffnete er das Etui.
    Es war ein Pass. Allerdings kein einfacher Reisepass, sondern ein Diplomatenpass! Er war auf den Namen Rebecca Steinmann ausgestellt. Und das andere Etui?
    Amadeo Ferdosi.
    Der Restaurator starrte auf sein Foto. Es war nicht die Aufnahme aus seiner Mappe bei der officina di Tomasi, die sie auf Rai uno gezeigt hatten. Das Foto war neuer, und eigentlich auch nur bedingt für einen Ausweis geeignet, denn er schaute einfach zu verwegen drein.
    Wie kam dieses Bild nur in einen Diplomatenpass auf den Namen Ferdosi? Wie kam dieser Reisepass in Rebecca Steinmanns Tasche?
    Er hatte die Aufnahme im Fotostudio machen lassen, für Berenice Travelli. Im Preis waren vier Abzüge enthalten gewesen, von denen er einen vor ein paar Wochen einer Kollegin gegeben hatte, die er am Rande einer Tagung kennengelernt hatte. Wie hieß sie gleich? Er hatte sich unbedingt wieder melden wollen. Und einen weiteren... Nein, es hatte keinen

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