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Die letzte Praline

Die letzte Praline

Titel: Die letzte Praline Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Sebastian Henn
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glückliche kleine Augen zu sehen.
    Falls Pit nicht vorher der Versuchung nachgab und selbst ein Stück Pansen verzehrte. Aber im Moment war er zum Glück mit Autofahren beschäftigt.
    »So, Professore«, sagte dieser nun. »Jetzt hören Sie mir mal einen Augenblick zu. Dauert nicht lange und tut auch gar nicht weh.«
    »Dummes Geschwätz schmerzt immer, wenn nicht an den Ohren, dann an den Synapsen. Und jetzt schauen Sie bitte wieder auf die Straße. Ich habe nicht vor, heute zu sterben.«
    »Ihre miese Laune ist mir jetzt mal völlig wurst. Nun wird brav gelauscht. Das wollte ich Ihnen nämlich schon die ganze Zeit erzählen. Aber bei Ihnen kommt man manchmal einfach nicht zu Wort. Also, nachdem Sie mir erzählt hatten, dass Einstein alles andere als keusch lebte, war ich noch mal bei Fred de Vaele, diesem verrückten Künstlervogel.« Pit erzählte ausführlich von seinem Besuch, der Observation und dem Klingeln. »Und dann macht dieser Bursche auf und hat schon keine Hosen mehr an. War nicht so vorteilhaft bei seinen Krautstampferbeinen. Erst hat er nur einen Spalt aufgemacht und rausgelinst, ich habe dann aber gleich die ganze Tür aufgestoßen und ihm gesagt, dass ich weiß, wer bei ihm ist. Als sie ihren Namen hörte, kam sie zur Tür gerannt und rief ganz erschrocken: ›Der Schokobär!‹ Das war so schön, diese Angst und dieser Schrecken – und das bei dem niedlichen Wort Schokobär.«
    »Wer war denn nun die Frau?«, fragte Bietigheim ungehalten.
    »Habe ich das denn nicht gesagt?«
    »Nein.«
    »Na, Mareijke Dovendaan!«
    »Geht doch!«, sagte der Professor. »Nun dürfen Sie fortfahren.«
    »Also gut, ich hab dem de Vaele dann die Ohren lang gezogen, also in echt, hab mir einen seiner Lappen genommen und daran gezogen und ihm verklickert, dass er die Albert-Einstein-Sache echt übertreibt, und ihm unterstellt, dass er auch was mit Beatrice hatte. Daraufhin wurde Mareijke fuchsteufelswild und hat ihn beschimpft, er habe ihr immer gesagt, da wäre nix gelaufen. Plötzlich hielt sie seine Hose mit der schweren Gürtelschnalle in der Hand und hat ihn damit geprügelt. Richtig klasse war das. Hat ordentlich Striemen gegeben.« Pit lächelte selig. »Na ja, de Vaele kam also erst mal kaum zum Reden. Aber dann wieder, da wäre wirklich nix gewesen, und sie hätte ja jemanden gehabt, mit dem sie sich vor oder nach den Modellterminen getroffen habe, deswegen sei sie auch so oft verspätet gekommen, habe nie viel Zeit gehabt und sei immer unkonzentriert gewesen. Er würde glauben, es sei jemand vom Choco-Paradijs, das ist so ’ne Massagepraxis, die was mit Schokolade macht. Da sei Beatrice in letzter Zeit ganz oft gewesen. Und dann meinte er zu Mareijke Dovendaan, dass Bea gar nicht Albert Einsteins Typ, also sein Typ, gewesen sei. Und ich: Jede, die jung war und einen Rock trug, war Alberts Typ. Das hatte ich ja von Ihnen. Dann bin ich abgehauen. Hinter mir hab ich sie sich anbrüllen gehört. Da gab es richtig Zunder!« Pit lachte laut auf.
    »Es ist erbärmlich, wie Sie sich am Elend anderer Menschen ergötzen.«
    »Ich hab ja sonst nix!«, Pit lachte lauter.
    »Und wo ist dieses Choco-Paradijs?«
    »In Knokke-Heist, da, wo die Reichen und Schönen ihre Sommer verbringen – wenn es sie nicht wie die Vögel gen Süden zieht.«
    »Und dort reiben sie einen von Kopf bis Fuß mit Schokolade ein?«
    »Was ist denn das für ein verträumter Unterton in Ihrer Stimme, Professore? Wollen Sie da etwa mit der rattenscharfen Madame Baels hin? Und sich dann zusammen in der warmen Schokosauce suhlen? So einer sind Sie also!«
    »Ich darf doch sehr bitten!«
    »Na, wenn das die liebe Hildegard zu Trömmsen wüsste.«
    »Sie wagen es nicht!« Wieder ein Moment für den Einsatz des erhobenen Zeigefingers.
    »Das muss ich mir noch gut überlegen.«
    Bietigheim lehnte sich vor. »Schokolade ist einzig und allein zum Verzehr gedacht. Alles andere ist Blasphemie an der Speise der Götter und damit weit unter meinem Niveau.«
    »Mit Madame Baels würde Ihnen die Blasphemie aber verdammt viel Spaß machen!«
    »Herr Kossitzke, noch eine solche Bemerkung, und ich beende unsere Freundschaft auf der Stelle. Der Boden, auf dem Sie stehen, ist bereits papierdünn!«
    »Wenn Sie nicht wollen, kann ich ja mit Madame Baels …« Etwas überraschend in seinem Blickfeld Auftauchendes hinderte Pit daran, den Satz sowie, damit verbunden, seine Freundschaft zum Professor zu beenden. »Oha, was ist denn da los? Sieht aus wie Krieg in den

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