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Die letzte Praline

Die letzte Praline

Titel: Die letzte Praline Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Sebastian Henn
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diesem Zweck extra herausstreckte.
    Jana Elisa da Costas Zimmer erstrahlte wie neu. Nur am Türrahmen fanden sich Spuren der Klebestreifen, mit denen das Absperrband der Polizei angebracht worden war. Sämtliche Möbel waren aus hellem Kiefernholz, der Boden aus Laminat, die Bettwäsche weiß, und an den Wänden hingen Bilder der Polderlandschaft – als sähe man die nicht beim Blick aus dem Fenster. Weil das Zimmer nach Essigreiniger stank, öffnete Pit dieses erst sperrangelweit, bevor er sich in kompletter Montur rücklings auf das Bett warf. Es knirschte. Es knarzte. Wunderbar, es stürzte nicht ein! Er wälzte sich nach links und rechts, alles so weit gut … bis auf … da war doch was … Pit drehte sich nochmals, schloss dabei die Augen und achtete genau auf das, was ihm sein Gesäß sagte. Beim Fahren verriet es ihm immer viel über Straßenbelag und Bodenwellen, über Aquaplaning und überfrierende Nässe. Pits Meinung nach hatten Taxifahrer nicht fünf, sondern sechs Sinne. Der sechste war ihr Hintern.
    Irgendwas stimmte mit dem Bett nicht.
    Einige Wälzungen später war sich Pit vollends sicher, wuchtete sich hoch und die Matratze empor. Nichts zu sehen auf dem Rost, doch da musste etwas sein, auf der rechten Seite, ungefähr in der Mitte, nichts Großes, aber es nervte. Pit sah sich die Matratze von unten an, ihr Bezug weiß mit kariertem Muster und leicht gewellter Struktur. Immer noch nichts zu erkennen. Er fuhr mit der Hand darüber – und hielt inne. Er spürte etwas. Pit öffnete den Reißverschluss des Matratzenbezugs und zog seinen Fund heraus.
    Er wog nur wenige Gramm, und doch wog es schwer, ihn hier, in da Costas Zimmer, zu finden.
    Es war ein brauner Legostein, ein Einser. Ganz klein.
    Einer, wie sie auch in der Konstruktion an der Decke des gotischen Rathaussaals verbaut worden waren.
    Wie um alles in der Welt passte das zusammen?
    Von draußen waren schnelle, stampfende Schritte auf dem Kies der Auffahrt zu hören, wütende Schritte. Pit trat ans Fenster und sah, wie Pierre Cloizel zu seinem Renault Alpine ging, der auf dem etwas entfernt liegenden Parkplatz stand. Pits Taxi parkte immer noch direkt vor der Tür.
    Er wartete keine Sekunde.
    Ein deutsches Taxi war in Belgien nicht der unauffälligste Wagen, um jemanden zu verfolgen. Wahrscheinlich wäre nur ein rosa Einhorn problematischer gewesen. Also hielt Pit Abstand, großen Abstand. Glücklicherweise hatte der Feierabendverkehr angefangen, weswegen es innerhalb der Stadtgrenzen Brügges nur noch im Schritttempo vorwärtsging und er den Renault problemlos im Blick behalten konnte.
    Cloizel hielt in einer Parkgarage nahe des Groote Markt. Pit stellte sich in sicherem Abstand auf einen der fünf Behindertenparkplätze. Tat er sonst nie, aber hier ging es um Mord, da musste das sein. Bietigheim im Nacken zu haben ging in liberalen Ländern zudem als Behinderung durch.
    Es dauerte nicht lange, bis Cloizel an ihm vorbeischritt und das Parkhaus verließ. Dieser war so hoch gewachsen, dass Pit ihm selbst über den dicht bevölkerten Groote Markt gut bis zum Belfried folgen konnte. Pit hatte schon wieder Hunger. Der Duft der Frituur stieg ihm in die Nase, senkte Haken hinein und zerrte ihn mit unerbittlicher Kraft zu sich. Nur eine kleine Portion. Ohne alles. Nur Salz. Auf die Hand. Die Schlange an der Bude links vor dem Eingang zum Belfried war auch gar nicht soooo lang. Und wo sollte Cloizel schon hin? Der Belfried hatte nur einen Ein- und Ausgang. Es sei denn, der Franzose sprang hinunter, dachte Pit lächelnd.
    Er stellte sich ans Ende der Schlange.
    Gegen seinen Bauch kam er einfach nicht an.
    Cloizel hastete die Treppenstufen zum Eingang des Belfried hoch. Die Frau vor Pit bestellte acht Riesenportionen Fritten, sechs Frikandeln, vier Kaaskrokett, zwei Bami und extra Sauce. Pit sprintete zum Ende der Schlange an der benachbarten Bude. Hier ging es zacki, zacki, das hatte er genau gesehen. Es waren zwar noch drei Leute vor ihm, aber das machte nix. Alles Solo-Esser, erkannte man sofort.
    Nur leider war einer davon Chinese.
    Und sprach kein Wort Niederländisch. Kein Wort Deutsch. Kein Wort Französisch. Kein Wort Englisch. Nur Mandarin. Er versuchte, mit Händen und Füßen klarzumachen, was er mit welcher Sauce in welcher Größe essen wollte. Der junge Mann hinter dem Tresen war mit einer großen Portion Hilfsbereitschaft und Geduld gesegnet.
    Pit nicht.
    Er sah einen Mann mit Fritten an sich vorbeilaufen und packte ihn am

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