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Die letzte Praline

Die letzte Praline

Titel: Die letzte Praline Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Sebastian Henn
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entkleidete sich bereits, doch sie war nicht das Hauptmotiv. Sie würde dem großen Klumpen Form geben, der neben diesem stand. Und wenn sich Adalbert nicht täuschte, und das tat er ganz bestimmt nicht, war das Hauptmotiv ein Jaguar.
    »Bea hatte keine Beziehung mit Fred«, hörte er Madame Baels Stimme hinter sich. »Doch verliebt war sie, ja, bis über beide Ohren. Offiziell stand sie Fred Modell, doch in Wirklichkeit versuchte sie immer, so schnell wie möglich von dort fortzukommen, um sich mit ihrem Geliebten zu treffen. Natürlich durfte keiner davon wissen, doch mir vertraute sie sich an. Hätte ihre Familie es herausgefunden, es wäre ein Skandal gewesen! Ihre Kleine, ihre Prinzessin, ihre Erbin, alles hätte sie sich erlauben dürfen, nur das nicht.«
    »Sie meinen also …?«
    »Ja. Das meine ich.«
    »Sie hatte eine Beziehung mit Franky van der Elst …«
    »… seinem Sohn. Emile. Ganz genau.«
    Adalbert riss die Augen auf. »Nein!«
    Sein Ausruf drang durch die Fensterscheibe zu Mareijke Dovendaan und Fred de Vaele.
    Beide blickten überrascht zu ihm.
    Er winkte freundlich.
    Und hätte sich in diesem Moment am liebsten mit Benno in irgendeinem Schlamm gewälzt, bis keiner ihn mehr erkannte.
    Pits Bierträume waren immer sehr lebendig – und am nächsten Morgen roch das Zimmer danach. Er lüftete ordentlich durch und sah, dass Hildegard zu Trömmsen mehrfach auf seinem Handy angerufen hatte. Sie drehte gerade am Rad wegen der Sache mit Josephine-Charlotte Baels. Jahrelang hatte sie Bietigheim am Haken zappeln lassen, und nun wollte halt eine andere Anglerin den großen Brocken für sich haben. Selbst schuld. Er würde sie nicht zurückrufen. Stattdessen ließ Pit sich eine Wanne volllaufen und weichte seinen Körper ein. Mehrmals ließ er heißes Wasser nach und baute mit dem Schaum kleine Schneelandschaften auf seinem Schmerbauch. Gleich würde er in aller Ruhe frühstücken, vielleicht kurz zur Frittenolympiade fahren, um dort das zweite Frühstück einzunehmen, und dann erst nach einem reichhaltigen Mittagessen zum Professor gehen, um Instruktionen für die weitere Ermittlung abzuholen, vielleicht auch erst nach einem stärkenden Bierchen in einer netten Kneipe. Immerhin war das Ganze hier Urlaub.
    Pit wollte sich gerade auf den Weg zum Frühstück machen, als er einen Zettel entdeckte, den jemand unter der Tür durchgeschoben haben musste. Die Schrift kannte er. Sie war weit ausholend, voller Schnörkel und trotzdem exakt.
    Anordnung zur Überwachung: van der Elst junior. Umgehend.
    Kein Bitte, kein Danke. Der alte Charmeur …
    Eine unauffällige Beschattung durchzuführen war in Pits Fall nahezu ein Ding der Unmöglichkeit. Ein Mann wie er fiel in den Touristenscharen Brügges auf wie ein Schwan inmitten von Enten. Oder eher wie ein Krokodil. Mit Nietenjacke und Lederstiefeln. Erst recht in seinem deutschen Taxi.
    Doch Pit hatte Glück, denn der junge van der Elst rechnete nicht damit, dass irgendjemand ihm folgen würde, und hatte kaum Augen für seine Umwelt. Es war nicht schwer gewesen, das Haus der van der Elsts zu finden. Sie lebten im Stadtteil Koolkerke, etwas außerhalb des Zentrums im Osten der Stadt. Das Haus war ein Neubau aus den Fünfzigerjahren, nicht besonders schön, dafür groß, mit einem Garten, der fast schon ein kleiner Park war. Van der Elst junior lebte zwar noch bei seinen Eltern, bewohnte aber die ganze obere Etage allein.
    Pit hatte ein bisschen im Internet über ihn recherchiert. Der junge Bursche hatte bei einigen Patissiers gelernt, aber nicht wie Jana Elisa da Costa im Ausland, sondern ausschließlich in Belgien, bei Galler, Neuhaus und Aristoteles. Zuvor hatte Emile jedoch eine ganz andere Laufbahn eingeschlagen, war Lead-Gitarrist in einer Rockband namens »Bake That Cake« gewesen, die sogar einen kleinen Hit hatte landen können. Doch dann war die – wie es in seiner Vita hieß – Liebe zur Chocolatierskunst in ihm erwacht.
    Emile van der Elst fuhr mit einem sportlichen Mountainbike ohne Lichter, Schutzbleche oder Gepäckträger zur Arbeit. Er fuhr schnell, der Verkehr schien ihn nicht zu interessieren, mehr als einmal wurde er wütend angehupt. Ein Höllenritt. Pit kam kaum hinterher. Am Groote Markt verlor er ihn schließlich, denn in der Innenstadt lösten die Touristen die Grenzen zwischen Straße und Bürgersteig auf. Sie waren einfach überall.
    Dann zog ein Tumult in der Breydelstraat Pits Blick auf sich. Vermutlich war die ältere Dame, deren Toupet

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