Die letzte Prophezeiung: Thriller (German Edition)
Stichflamme, aus dem Schlitz über dem Rad, erfasst hatte. Eine Sanduhr nach der anderen barst in der Hitze. Das Bodengitter krachte zu wie eine Falltür: Bandar und Mutter Valeria, inzwischen lebende Fackeln, waren ebenso wie die Schriftrolle für immer gefangen.
Liam und Alanna rannten die Treppe hoch, als sie Faris’ markerschütternden Schrei hörten. Die Hitzewelle jagte, ebenso wie der Geruch nach verbranntem Fleisch, hinter ihnen her. Mit einer letzten Anstrengung erreichten sie den Wandteppich, schoben ihn zur Seite und stolperten in denKorridor. Sie liefen bis ganz an sein Ende, ehe sie endlich stehen bleiben und Atem schöpfen konnten.
Das Geknall einer Schießerei hallte in den Mauern des Klosters wider.
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Ort: Klausurkloster der Benediktinerinnen Mater Ecclesiae
Weltzeit: Montag, 29. Juni, 14.16 Uhr (GMT)
Ortszeit: 16.16 Uhr
Nachdem Jaabir, welcher von seinem Fenster aus schon zwei Polizisten verletzt hatte, im Kugelhagel gefallen war, wollte Santovito erst einmal abwarten. Die Terroristen hatten nicht nur Liam und Alanna, sondern ein ganzes Kloster in ihrer Gewalt.
Dann war eine Nonne wild gestikulierend am Fenster erschienen, und der Commissario hatte befohlen, das Feuer einzustellen.
Die Polizei war in das Gebäude eingedrungen, ohne auf Widerstand zu stoßen. Man hatte das Refektorium gestürmt und dort den Kapitän und die Nonnen befreit, die um die leblosen Körper zweier Mitschwestern herumstanden. Einige zeigten eine solche Achtung vor dem Gebot christlicher Nächstenliebe, dass sie neben dem Araber beteten, der bei dem Schusswechsel gestorben war.
Heaney hatte in Begleitung der lokalen Polizei das ganze Kloster durchsucht: von Liam und Alanna keine Spur. Santovito war mit Goonan und einer Nonne in den unterirdischen Tunnel gestiegen und hatte dort ein apokalyptisches Szenario vorgefunden. Die Luft war nicht zu atmen, ein Gemisch aus Rauch und Brandgeruch. In einem der unterirdischen Gänge war die Hitze so stark, dass sich sogar der Wandputz abgelösthatte. Die Gluthitze machte dort jedes weitere Vordringen unmöglich. Am Eingang zu dem Tunnel lag der halb verkohlte Leichnam eines Mannes. Viele Stunden würden vergehen, ehe man die Temperatur da unten würde aushalten können.
Nach einer Unterredung mit den Nonnen hatte Santovito zwei Hypothesen aufgestellt: Sicher gab es eine Verbindung zwischen diesem unterirdischen Brand und dem Verschwinden der Äbtissin sowie der restlichen Terroristen und der Geiseln. Klar, aber welche? Was auch immer passiert war, er musste es schnell aufklären. Ein islamistisches Terrorkommando, das in ein Klausurkloster eindringt und unter den Schwestern ein Blutbad anrichtet, das war die Meldung, die am nächsten Tag weltweit die Titelseiten der Gazetten beherrschen würde.
Auf der Treppe tauchte ein nachdenklicher Heaney auf.
»Hier scheint alles vorbei zu sein«, sagte Santovito. »Wir müssen nur abwarten und die Reste einsammeln.«
Der andere kam heran und drückte ihm eine durchsichtige Plastiktüte mit einem Reisepass in die Hand. »Den trug der Scharfschütze bei sich. Ist in den Emiraten ausgestellt«, erklärte er.
»Wird gefälscht sein«, grummelte Santovito.
»Nach einer ersten Überprüfung nicht.«
»Wer soll das sein?«
»Jaabir Ibn Abdullah. Keine Vorstrafen. Steht aber bei einem alten Bekannten von Interpol auf der Lohnliste: Prinz Amir Khan Al Ammar.«
»Ist das möglich?«, fragte der Commissario erstaunt.
»In wenigen Stunden werden wir mehr wissen. Die Kriminaltechnik hat sich schon den Lieferwagen vorgenommen.«
Plötzlich ging eine kleine Tür zur Rechten auf. Die Polizisten fuhren herum, die Waffen im Anschlag.
Liam und Alanna kamen mit erhobenen Händen heraus.
»Nicht schießen«, sagte Liam auf Italienisch. »Wir sind die Geiseln.«
Goonan erkannte sie sofort und befahl, die Waffen wegzustecken.
»Sind Sie verletzt?«, fragte er dann auf Englisch.
»Nein, alles in Ordnung. Na ja, einigermaßen …«, antwortete Liam.
»Was in drei Teufels Namen ist hier passiert?«, fragte Santovito.
Liam und Alanna tauschten einen raschen Blick. Dann ergriff er das Wort: »Wir haben nicht die geringste Ahnung. Sie faselten etwas davon, dass sie ein Symbol der Christenheit angreifen wollten …«
»Gibt es Nachricht von meinem Mann, David Brine?«, unterbrach ihn Alanna.
Die drei Polizisten schauten sie an, keiner gab Antwort.
DRITTER TEIL
Welchen Glaubens auch immer ihr seid,
glaubt, glaubt
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