Die letzte Prophezeiung: Thriller (German Edition)
die daraus resultierenden Maßnahmen zur Einberufung der Mitgliederversammlung. Punkt vier: Genehmigung der Gründung einer internationalen Stiftung ›Nova Janna‹ zum Erhalt und Schutz des Volkes der Mapuche unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen.«
Kerr ließ den Blick lange über die Runde schweifen. »Ich komme jetzt zur Behandlung des ersten Tagesordnungspunktes«, sagte er.
Der gesamte Aufsichtsrat war wie hypnotisiert.
»Die letzte Absichtserklärung ist unterzeichnet«, sprach er weiter.
»Innerhalb der nächsten vierzig Monate werden alle Konzerne, die zur Weltbank gehören, die biometrische Technologie von Zerob eingeführt haben. Morgen werden wir ein offizielles Kommuniqué an die Märkte geben.«
Zustimmendes Gemurmel erhob sich unter den Anwesenden, schließlich ein spontaner Beifall.
Mr. Kerr gebot dem mit einer sachten Handbewegung Einhalt. »Danke«, sagte er, »aber dieser Applaus gebührt uns allen. Er gebührt unserem Glauben an die Ziele und dem Mut, mit dem wir sie verfolgt haben.«
Die Aufsichtsräte hingen an seinen Lippen.
»Dies ist erst der Anfang«, erklärte er.
Ein zweiter Applaus, noch stärker, erfüllte den Saal.
Mr. Kerr erhob sich. »Nochmals danke«, sagte er. »Ich übergebe jetzt an den Aufsichtsratschef, Mr. Van den Vondel, der die restlichen Tagesordnungspunkte behandeln wird«, schloss er und deutete auf einen jungen Manager in grauem Anzug, der sich am anderen Tischende erhoben hatte.
Diadem Kerr rief Saalima zu sich. »Miss Al-Zàhr, würden Sie die Güte haben, mir zu folgen?«, flüsterte er seiner treuesten Schwester in der Bruderschaft zu. Dann beugte er erneut das Haupt zum Gruß und begab sich, gefolgt von der Frau, Richtung Tür.
Ehe er den Raum verließ, drehte er sich noch einmal um, fügte seinen Worten aber nichts mehr hinzu. Er dachte befriedigt daran, dass vier weitere Brüder der ›Vernichter‹ de facto die Kontrolle über diesen Aufsichtsrat ausübten. Sogar die Nutzung von Nova Janna würde wie das philanthropische Wirken zum Wohle der Mapuche aussehen. Das Eintreffen der Apokalypse war inzwischen unvermeidlich: Beide Schriftrollen waren vernichtet, und niemand würde die Menschheit mehr warnen können. Bald würde der Westen im Chaos versinken und durch das rechte Maß an Leid den Weg zum Herrn wieder finden.
98
Ort: Anafi
Weltzeit: Samstag, 19. September, 15.45 Uhr (GMT)
Ortszeit: 18.45 Uhr
Ihre Reise sollte eine Zwischenstation sein, nicht das Endziel. Anafi würde sich, im Moment der Katastrophe, als sicheres Refugium erweisen. Es war die schönste und wildeste Insel der Kykladen.
Der Eselspfad wand sich an den Hängen des Vigla-Berges, im Süden der Insel, hinauf zum antiken orthodoxen Kloster Moni Kalamiotissa, wo man der Muttergottes der Binse huldigte. Es war die Stunde des Sonnenuntergangs. Die rote Scheibe war schon zur Hälfte in der Ägäis versunken und tauchte den Himmel im Westen in ein Feuerbad.
Alanna hatte alles aufgegeben, was ihr einstiges Leben ausgemacht hatte. Mit dem Geld, das ihr der Verkauf ihrer Londoner Wohnung und ihr Anteil an Davids Lebensversicherung eingebracht hatten, hatte sie sich einen weitläufigen Besitz auf der Insel gekauft: Oliven- und Feigenbäume, Weinstöcke, Hühner, Ziegen und ein großes weißes Haus mit hellblauen Fensterläden.
Liam dagegen war, ehe er sich dazu durchringen konnte, sich ihr anzuschließen, in eine tiefe Krise gestürzt. Er fühlte sich schuldig für das, was geschehen war. Er hatte dazu beigetragen, all das zu vernichten, wofür der Orden jahrhundertelang gekämpft hatte. Er hatte die Frevler mit eigener Handzur Schriftrolle des Westens geführt, die Äbtissin dem Tode und die Rolle der Vernichtung anheimgegeben.
Von seinen Schuldgefühlen überwältigt, hatte er all den geerbten Besitz der neuen Äbtissin vermacht.
Vor einigen Wochen hatte er sich, getreu dem Versprechen, das Mutter Valeria ihm abgenommen hatte, zum Kloster begeben. Er hatte einige Tage dort verbracht, doch was auch immer da geschehen war, Alanna hatte Liam nichts davon entlocken können. Sicher war nur, dass Liam seinen inneren Frieden wiedergefunden hatte.
Seit sie auf der Insel zusammen waren, hatten sie nicht mehr von den vergangenen Ereignissen gesprochen, als ob alles, gemeinsam mit der Prophezeiung des Johannes, in den Kellern des Klosters erloschen wäre.
Jetzt gab es nur noch den Duft der Tamarisken, den Wind und die nackten Steine, die auf dem holprigen Abhang
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