Die letzte Prophezeiung: Thriller (German Edition)
Brine. Ein weiterer von dem Antiquariat in der Nähe des Hotels. Und der letzte kam aus der Provinz Novara, wo, wie wir ermittelten und sie selbst uns soeben bestätigten, Molteni regelmäßig die Weihnachtsferien verbrachte.«
Pasolini machte eine Pause, dann fuhr er fort: »Kurz, es gibt nicht das geringste Anzeichen dafür, dass Molteni sich nicht selbst umgebracht haben sollte. Und auch Sie, Professor, haben uns kein relevantes Faktum geliefert, das uns vom Gegenteil überzeugen könnte.«
Liam stand auf. »Das ist wahr, ich habe kein relevantes Faktum geliefert«, äffte er den Polizisten boshaft nach. »Wenn es kein relevantes Faktum ist, dass man einen Menschen seit zwanzig Jahren kennt, ihn wie einen Vater betrachtet, ihn jede Woche spricht, jeden Abschnitt des eigenen Lebens mit ihm teilt …« Er starrte den Vizeinspektor verächtlich an. »Ich weiß, das alles lässt sich schwer in Ihren Computer einspeisen …«
»Setzen Sie sich, Professor Brine«, forderte Pasolini ihn ruhig auf. Er schien von dessen gereizter Bemerkung kein bisschen beeindruckt. »Da wäre noch eine letzte Sache.«
Liam ließ sich unwillig auf den Stuhl sinken.
»Wir haben zwei Augenzeugen. Die beiden Zimmernachbarinnen des Professors.«
Liam fuhr überrascht hoch.
»Die Schwestern Levine«, sagte der Polizist, indem er erneut mit der Maus über eine Computergraphik fuhr. »Barbra und Hillary Levine«, las er. »Achtundsechzig und siebzig Jahre alt, aus Phoenix, Arizona. Sie standen gerade auf dem Balkon ihres Hotelzimmers, direkt neben dem des Professors, als sich die Tragödie ereignete.«
»Und was haben sie gesehen?«, fragte Brine aufgeregt.
»Sie sahen einen alten, verstörten Mann, der das Fenster öffnete und sich ins Nichts stürzte. Aus freien Stücken.«
Liam ließ sich gegen die Stuhllehne sinken.
»Haben Sie Ihrer Aussage noch etwas hinzuzufügen?«, fragte der Vizeinspektor.
»Nein«, antwortete Liam. »Nein«, wiederholte er und betastete den Ring in seiner Tasche.
14
Ort: Abu Dhabi
Weltzeit: Mittwoch, 24. Juni, 7.09 Uhr (GMT)
Ortszeit: 11.09 Uhr
Wenn Prinz Amir Khan in seiner Residenz in Abu Dhabi weilte, erschien Hussayn jeden Morgen Punkt elf Uhr zur üblichen Lagebesprechung. An jenem Morgen war der Sekretär jedoch etwas zu spät, und deshalb beschleunigte er seinen Schritt durch den endlosen Vorraum vor dem Büro des Prinzen: einen Korridor von hundertfünfzig Fuß, der mit einem cremefarbenen Teppichboden mit tabakfarbenen Arabesken ausgelegt war. Auf den Wänden, deren hellblaue Tapete elfenbeinfarbene Dekors zierten, stach eine Sammlung impressionistischer Gemälde ins Auge, darunter eine Seelandschaft bei Argenteuil von Monet, die sich auch im Musée d’Orsay gut gemacht hätte. Hussayn erreichte die Tür, die zwei Leibwächter flankierten und wortlos öffneten.
Das Privatbüro des Prinzen war ein Raum, so groß wie ein Tennisplatz. Es herrschte darin eine besondere Atmosphäre, fast wie in einem Gotteshaus, ein Eindruck, der durch den weißen Marmorboden, die hohen Wände und die auf das absolut Notwendigste beschränkte Einrichtung noch verstärkt wurde. In der Mitte der Decke prangte eine riesige Halbkugel aus Perlmutt, die ein weiches und beruhigendes Licht abstrahlte. Die großflächigen, auf das Meer hinausgehenden Fenster wurden von schweren goldgelben Vorhängen abgeschirmt.Im Hintergrund thronte an seinem Schreibtisch mit Intarsien aus Ebenholz und Bronze der Prinz. Vor ihm stand Fareed, der junge Mann, der sich um die tägliche Presseschau kümmerte. Er war nach arabischer Manier gekleidet und las aus einem Papierstoß, den er in Händen hielt.
»… Industrieaufträge um 0,1 Prozent gestiegen. Deutschland: Produktionskosten im Mai unverändert. Japan, Zentralbank: keine Zinserhöhungen …« Fareed unterbrach sich, um ein neues Blatt hervorzuholen, dann redete er weiter: »Was die Holding betrifft, einige Auftragsbestätigungen, die Euer Hoheit bereits kennen … Argentinien: definitive Baugenehmigungen im Juli. Holland: Zustimmung durch die Aufsichtsbehörde zur Übernahme von BioMetric Instruments B. V. Londoner Börse, ZeroOne Code International: Gewinn je Aktie im letzten Quartal 2,08 Pfund Sterling … Und schließlich:«, Fareed blätterte eine Seite um, »Rohöl bei plus 0,48 Prozent, und der Wechselkurs Dollar-Euro unverändert.«
Hussayn wartete an der Tür. Amir Khan hatte ihn noch keines Blickes gewürdigt.
»Gibt es sonst noch etwas, Fareed?«
»Auch heute
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