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Die letzte Prophezeiung: Thriller (German Edition)

Die letzte Prophezeiung: Thriller (German Edition)

Titel: Die letzte Prophezeiung: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger R. Talbot
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erinnerte ihn entfernt an die auf den kaiserlichen Münzen, war für ihn aber nicht zu entschlüsseln.
    Das Chrismon dagegen belegte mit Sicherheit das Entstehungsjahr des Ringes um 300 nach Christus herum. Wenn dieses Objekt ein Original war, hatte es gewiss einen unschätzbaren Wert.
    Davon abgesehen, schienen Liam Ring und Buch wie der Ausdruck einer ganz konkreten Absicht: eine Art Amtsübertragung. Aber wozu? Und warum gerade an ihn? Sollte dies etwas mit der »schweren Aufgabe« zu tun haben, auf die Molteni angespielt hatte?
    Liam war kein Spezialist für die Geschichte der Kaiserzeit, wusste aber, dass er auf eine absolute Vertrauensperson zählen konnte, jemanden, der keine Fragen nach der Herkunft des Ringes stellen, sondern die richtigen Antworten liefern würde. Deshalb tätigte er einen kurzen Anruf und verabredete sich zum Mittagessen, was ihm ein gewisses Gefühl der Erleichterung verschaffte.
    Einer der ersten Lehrsätze Moltenis kam ihm in den Sinn: Die Seiten eines Buches können der gequälten Seele oft Trostspenden. Also schlug er wieder das Titelblatt der Apokalypse auf und studierte noch einmal das Symbol, mit dem der Professor unterzeichnet hatte.

     
    Er trat an die Bibliothek und ließ den Blick über die Buchrücken auf seinem Lieblingsregal gleiten: die
Confessiones
von Augustinus, der gesamte Thomas von Aquin, der
Corpus Hermeticum
und die
Enzyklopädie der Religionen
von Mircea Eliade,
Interpretation in Architecture
von Adrian Snodgrass, die
Pensées
von Blaise Pascal und viele andere. Dann erstarrte er plötzlich und dachte an das Buch, das Molteni ihm zu seinem letzten Geburtstag geschickt hatte, vor gut einem Monat:
Symbole der Heiligen Wissenschaft
von René Guénon. Damals hatte er es nur zerstreut durchgeblättert und dann zur Seite gelegt, um es irgendwann in Ruhe zu lesen. Er fand fast augenblicklich das Kapitel über das Symbol, das er suchte: die umgedrehte Vier.
    »Unter den altertümlichen Bruderschaftssymbolen«, las er, »gibt es eines mit besonders rätselhaftem Charakter: Es ist dasjenige, welches
Quatre de chiffre
genannt wird, weil es die Form der Zahl vier hat, an die oft noch einige zusätzliche Linien angehängt werden.«
    Und ein bisschen weiter unten: »Dieses Zeichen war einer Vielzahl von Organisationen gemein, und wir wissen nicht, warum ein esoterischer Autor, der noch dazu den Ursprung völlig willkürlich den Katharern zuschreibt, in jüngster Vergangenheit behauptet hat, es gehöre ausschließlich einer Geheimgesellschaft von Druckern und Kopisten an.«
    Drucker und Kopisten, hob Liam innerlich hervor. Auf etwaswirklich Interessantes stieß er allerdings noch weiter unten: »Der Gebrauch, der davon gemacht wird, lässt mit einiger Sicherheit darauf schließen, dass es im Wesentlichen den Rang eines Meisters bezeichnet.«
    Dann las er: »Es ist anzumerken, dass man gleichermaßen zwei verschiedene Ausrichtungen der Quatre de chiffre antreffen kann. Wenn sie nach rechts gerichtet ist – statt wie die gewöhnliche Zahl vier nach links –, dann weist sie eine besonders augenfällige Ähnlichkeit zum P im Monogramm Konstantins auf.«
    Erregt schlug er das Buch zu. Es gab eine Verbindung zwischen diesen symbolischen Elementen, dem Chrismon auf dem Ring und der Quatre de chiffre – Kaiser Konstantin und der Rolle des Meisters in einer Bruderschaft, die etwas mit Büchern zu tun hatte.
    Diese Verbindung konnte nicht zufällig sein: Vieles deutete darauf hin, dass Molteni diese Funktion in irgendeiner religiösen Bruderschaft innegehabt hatte und dass er sein Amt auf Liam hatte übertragen wollen. Für all das gab es Indizien, aber nirgendwo eine wenn auch noch so geringe Gewissheit.
    Liam fühlte sich wie ein winziges Zahnrad in einer Maschinerie, deren Struktur er nicht durchschauen konnte. Er blickte auf die Uhr: Zumindest würde er vielleicht bald eine Hilfestellung bekommen. Er fing an, unruhig im Zimmer umherzugehen, bis sein Blick auf das Lämpchen des Anrufbeantworters fiel, das er bisher ignoriert hatte.
    Er drückte auf die Wiedergabetaste. Das Band wurde zurückgespult, und dann setzte die aufgeregte Stimme seiner Schwägerin Alanna ein: »Endlich habe ich deine Festnetznummer herausgefunden, Liam, ich versuche dich schon seit gestern über das Handy zu erreichen, aber du gehst nie ran, es ist etwas Schlimmes passiert, ruf mich sofort an, dein Bruder ist entführt worden.«

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    Ort: Patagonien, Region Chubut
    Weltzeit: Mittwoch, 24. Juni, 11.03 Uhr

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