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Die letzte Prophezeiung: Thriller (German Edition)

Die letzte Prophezeiung: Thriller (German Edition)

Titel: Die letzte Prophezeiung: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger R. Talbot
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beseelt, wie er zu den besonnenen Predigten der kirchlichen Sendboten passt. Vielmehr hat er die Gestalt einer Reisechronik, ist fragmentarisch und obskur, voll erhabener Reize und grauenhafter Visionen. Wunder und Katastrophen werden darin direkt dargestellt, ohne bildhafte Vermittlung, und zudem sind sie mit absoluter Präzision in die Zukunft der Christenheit datiert, wenn auch nach dem jüdischen Kalender, entsprechend der Herkunft des Evangelisten. Wenn daher das Siegel der Rollen gebrochen würde, würde die Christenheit in selbigem Moment Kenntnis erlangen vom Zeitpunkt ihrer letzten Stunde, ohne diesen jedoch begreifen zu können, während dagegen die furchtbaren Geschehnisse in der Erzählung, die gewiss den gesamten Erdkreis verwüsten werden, unserem schwachen Geist, wenn auch mit der Detailgenauigkeit des Augenzeugen beschrieben,
unbegreiflich erscheinen. Es war der Evangelist selbst, der, wie ich erwähnte, die Geheimhaltung für alle Ewigkeiten anordnete, weil er fürchtete, dass die Kenntnis der zukünftigen grausamen Geschehnisse das Volk Gottes mit Grauen und Furcht erfüllen würde. Dies hätte Verwirrung gestiftet, hätte die Gläubigen in Verzweiflung gestürzt und damit zu Frevelhaftigkeit und Ruchlosigkeit verleitet, es hätte die Harmonie der Kirchengemeinden zerrüttet und die geordnete und gehorsame Erfüllung der weltlichen Pflichten verhindert. Deshalb übergab der Evangelist Johannes am Ende seiner Tage die beiden Schriftrollen seinem Diakon Johannes mit dem Auftrag, für eine verschleiernde Umschreibung zu sorgen, auf dass die Offenbarung dem ganzen Gottesvolk zuteil werden könne, im Einklang mit den Traditionen der Zeit, ohne die Gefahr geistiger und gesellschaftlicher Unruhen heraufzubeschwören, während die Lektüre der ursprünglichen Offenbarung den wenigen vom Geist Erleuchteten vorbehalten bleiben sollte, die mit scharfem Verstand und weiser Vernunft die Rätsel zu interpretieren wüssten. Nach dem Gedanken Johannes’ hätte ihnen, den durch die göttliche Vorsehung Erleuchteten, eben dieser inspirierte Geist nahegelegt, die Entdeckung für sich zu behalten.‹
«
     
    Liam war sprachlos, er starrte Alanna an.
    »Habe ich das richtig verstanden?«, fragte sie verwirrt.
    »Wenn das, was hier steht, wahr ist«, murmelte er, »dann gibt es eine Originalhandschrift von Johannes, die echte Apokalypse, ungekürzt und unverblümt, in der keine Allegorien bemüht, sondern konkrete Ereignisse exakt beschrieben und vor allem Daten genannt werden.«
    »Willst du behaupten, dass es irgendwo ein Dokument geben könnte, das das genaue Datum des Weltuntergangs verrät?«
    »Ja. Und vielleicht sind von denen, die das wissen, nur noch wir übrig geblieben.«

37
     
    Ort: Abu Dhabi
    Weltzeit: Freitag, 26. Juni, 15.26 Uhr (GMT)
    Ortszeit: 19.26 Uhr
     
    Das Taxi hielt einige Minuten vor halb acht vor dem großen Tor. Kerr legte großen Wert auf Pünktlichkeit. Er gab dem pakistanischen Taxifahrer fünfzig Dollar Trinkgeld, was dieser mit einem ekstatischen Lächeln quittierte.
    Als Kerr – wie gewohnt im dunklen Anzug über schwarzem Rollkragenpullover, fast als wolle er die Hitze herausfordern –, an das gepanzerte Kristallglas trat, das neben dem Tor in die weiße Mauer eingelassen war, hatte der Mercedes sich schon zwischen den Dünen verloren.
    Kerr beugte sich hinab, um seinen englischen Pass in die Drehschale zu legen. Der Wachmann, der ihn durch die Scheibe um seinen Ausweis gebeten hatte, konnte nicht umhin, die kuriose Narbe, die quer über seine Stirn lief, zu bemerken.
    Nach einigen Augenblicken öffneten sich die eisernen Türflügel gerade so weit, dass eine einzelne Person hindurchpasste. Kerr trat ein paar Schritte vor, und sofort schloss sich das Tor wieder in seinem Rücken. Er war beeindruckt von dem plötzlichen Wechsel der Landschaft. Vor der Umfassungsmauer lag nur eine unbefestigte Piste, die sich in Sanddünen und Gestrüpp verlor; im Innern dagegen englischer Rasen, soweit das Auge reichte, hie und da kleine Palmenoasen. Das penibel getrimmte Gras bedeckte gleichförmig ein weitläufigesnatürliches Amphitheater, das sanft anstieg bis auf die höchste Klippe der Uferfelsen. Nach links und rechts schienen sich Grenzmauer und Rasen bis in unendliche Ferne zu erstrecken, während man vor sich, gleich hinter dem Horizont, das Meer erahnte. Denn an der Grenze des Sichtfeldes kreischten die Möwen, einen Kontrapunkt zum Singen der Zikaden setzend.
    Kerr schloss einen Moment

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