Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die letzte Prophezeiung: Thriller (German Edition)

Die letzte Prophezeiung: Thriller (German Edition)

Titel: Die letzte Prophezeiung: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger R. Talbot
Vom Netzwerk:
ihnen vom Palastprotokoll zugedachten Reihenfolge, die Geladenen herein. Nach der rituellen Ehrenbezeugung zogen sie in einer Prozession, die peinlich genau darauf achtete, den dem Göttlichen vorbehaltenen Fußboden aus Porphyr nicht zu betreten, zu den ihnen bestimmten Bänken in den Seitenflügeln der Apsis.
     
    Das ist eindeutig Moltenis Übersetzungsstil«, bemerkte Liam. »Er war jahrelang mein Lehrer, ich kann mich nicht täuschen.
     
    Entlang des Säulengangs zum Orient hin
«, las Liam laut weiter, »
setzten sich nacheinander Ossius von Cordoba, Athanasius von Alexandria und Markus von Kalabrien; entlang des Säulengangs nach Okzident Arius, der Erzketzer, Eusebius von Nikomedia und Eusebius von Caesarea. Alle trugen den Zeremonienmantel, der die flach an den Oberschenkeln anliegenden Hände verdeckte, wie es die Haltung der Pharaonen vorsah, und die Insignien und Zeichen ihrer Amtswürde. Niemand sonst war anwesend, außer den Domestiken und diensthabenden Eunuchen. Mit einem Krachen wurden die Türen des Atriums von Hopliten der kaiserlichen Hofgarde geschlossen, denen oblag, bis zum Ende der Sitzung draußen Wache zu halten.
    Der Quästor trat einige Schritte vor, bis in die Mitte des Querschiffes, und verkündete feierlich: ›Geachteter Presbyter Arius, der Göttliche Augustus ist deiner Einladung, diese geheime
Sitzung einzuberufen, nachgekommen und gibt dir nun Gelegenheit zu sprechen: Das Wort ist dir erteilt.‹
    Arius erhob sich, warf sich, gemäß der Sitte, zum Zeichen der Demut auf den Boden und begann zu sprechen: ›Göttlicher Augustus, dies ist der Tag, an dem das große, heilige Konzil seine Arbeiten abgeschlossen und meine Lehre über die andersartige leibliche Substanz von Christus, unserem Herrn, verworfen hat: Ich weiß, dass man mich zur Strafe ins Exil, fern meiner Kirche, verbannt, dass man meine Predigten ächten, meine Bischöfe, meine Presbyter und meine Priester verunglimpfen wird. Zahlreich sind die körperlichen und geistigen Demütigungen, die ich erduldete und erdulden werde, weit über die Schläge eines Nikolaus von Myra hinaus. Doch bin ich ein Märtyrer Christi und seiner Heiligen Kirche, und mein Gottesgehorsam gebietet mir daher, Dich, mein Göttlicher, und euch, meine Brüder, über einen Umstand zu unterrichten, der dem christlichen Erdkreis zu schwerem Schaden gereichen könnte, wenn Ihr nicht rasch und mit Umsicht für Abhilfe sorgt.‹«
     
    Wer weiß, was Aldobrandi dafür geben würde, dachte Liam, ein solches Schriftstück in die Finger zu bekommen.
    »Arius?«, fragte Alanna, die Pause nutzend.
    »Das Konzil von Nicäa erklärte seine Thesen zur Häresie und schickte ihn ins Exil«, erklärte er knapp und fing wieder zu lesen an.
     
    »
Arius schwieg, zog langsam die rechte Hand aus dem Mantel hervor, und um dem, was er sich zu sagen anschickte, größeres Gewicht zu verleihen, hob er sie bis auf die Höhe der Schulter. Die offene Hand war gegen den Kaiser gerichtet, der Daumen lag über dem kleinen Finger, die anderen drei Finger waren ausgestreckt und lagen aneinander, wie beim Predigen, wenn diese Geste auf die Dreifaltigkeit verweist. Fast unmerklich kam auch
die Linke aus dem Mantel hervor: zur Faust geballt, zwei steife Hanfzylinder umschließend, wie sie zum Schutz von Papyrusrollen dienen. Athanasius zuckte unwillig und sein langer Priesterbart bebte. Er war als Triumphator aus dem Konzil hervorgegangen und fürchtete nun, dass irgendeine Wendung die Diskussionen zu seinem Nachteil neu entfachen könnte.
    Die Anspannung im Atrium war mit Händen zu greifen. Arius, der erfahrene Prediger, wartete noch einige Augenblicke wie erstarrt und fing dann wieder zu sprechen an, wobei er jedes einzelne Wort betonte: ›Mein Göttlicher, gerade am heutigen Morgen hat die Weisheit des Konzils, erleuchtet durch den Heiligen Geist, die Liste der häretischen Schriften gefertigt, die die Christenheit verpesten, hat Stillschweigen über diese Liste befohlen und hat sie Deinem bischöflichen Gesandten Ossius übergeben, auf dass alle frevelhaften Rollen und Kodizes in allen Provinzen der heiligen katholischen Gemeinschaft kraft Deiner Autorität zerstört werden und er Sorge trage, dass Dein Befehl überall ausgeführt und geachtet werde, von nun an bis in alle Ewigkeit, mit eiserner Hand und unter absoluter Verschwiegenheit.‹
     
    Also hatte Voltaire recht«, entfuhr es Liam.
    »Was hat Voltaire damit zu tun?«
    Liam setzte sie über die Thesen Voltaires ins

Weitere Kostenlose Bücher