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Die letzte Reifung

Die letzte Reifung

Titel: Die letzte Reifung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Sebastian Henn
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zu behandeln. Zudem haben Sie die Informationen selbstredend nicht von mir erhalten.«
    »So ist es beim BND üblich. Wir sind für unser Schweigen bekannt. Der Mossad oder die CIA mögen wegen ihrer Geschwätzigkeit negativ in die Schlagzeilen kommen, wir nie.«
    »Gut. Wo soll ich beginnen? Madeleine Poincaré lebte bescheiden. Aber nicht, weil ihre Einkünfte entsprechend niedrig waren, sondern weil sie alles, was sie nicht zum Leben brauchte, der Kirche spendete. In der Tat sehr große Summen. Obwohl ihr Vacherin d'Epoigey exorbitant teuer war, muss sie wohl noch andere Quellen gehabt haben. Vielleicht Aktien? Glücksspiel? Wer weiß. Es geht mich nichts an.« Der Erzbischof klang selbst jetzt, als stünde er auf der Kanzel. »Der Grund für die Spenden war jedoch nicht ihr Glaube, nein, wirklich nicht, sie hat nie einen Zweifel daran gelassen, dass sie nicht an unseren Herrn glaubt. Und sie verbat sich alle unsere Versuche, sie vom Gegenteil zu überzeugen. Warum, werden Sie sich fragen, spendete Sie dennoch an die heilige Mutter Kirche? Nun, der Grund ist ein guter, ja, ich möchte sogar sagen, ein christlicher: wegen ihres Sohnes. Jung riss er von zu Hause aus, meldete sich für die Légion Étrangère, Abteilung Fallschirmjäger – und sie hörte nie mehr etwas von ihm. Er kam in vielen Krisengebieten zum Einsatz. Afrika, Asien, Osteuropa.« Die Légion Étrangère, dachte der Professor, die Fremdenlegion also, in der entgegen landläufiger Meinung auch viele Franzosen ihren Dienst verrichteten. «Was damals zwischen Mutter und Sohn zum Zerwürfnis führte, ich weiß es nicht. Sie hat dieses Geheimnis mit ins Grab genommen. Genau wie ihr Sohn, ja, auch er ist bereits dahingeschieden. – Wollen Sie sich denn gar keine Notizen machen?«
    Oh, der Erzbischof hatte ihn direkt angesprochen. Wie ungewöhnlich bei einer Predigt. »Nein, nicht nötig.« Der Professor deutete auf seinen Kopf. »Fotografisches und… akustisches Gedächtnis. Antrainiert in Pullach bei München. Wie sähe das auch sonst aus, wenn ich bei Gesprächen mit Informanten gleich den Stift zücken würde. Ist das etwa bei Ihren Geheimdiensten so üblich?«
    »Ich vermute nicht.« Der Erzbischof fuhr sich durch das schüttere Haar. »Könnte ich auch einen Kaffee haben?«
    »Selbstverständlich, Hochwürden. Milch? Zucker?«
    »Cognac.«
    »Auch diese Gabe Gottes ist vorhanden. Erzählen Sie ruhig weiter. Ich memoriere.«
    Doch bevor der Erzbischof weiter berichten konnte, sprang Benno von Saber ihm auf den Schoß.
    »Runter mit dir!«, befahl Bietigheim. Benno machte es sich bequem. »Ich hoffe, er stört Sie nicht. Ein Spürhund, K3-Klasse. Spezialist für Blutspuren, Rauschgifte und falsche Gänseleberpasteten.«
    »Ich bin kein Freund der Tiere. Im theologischen Sinne selbstverständlich, doch im praktischen Sinne nicht. Er soll wieder in sein Körbchen.«
    »Dann muss ich leider etwas summen.«
    »Können Sie ihn nicht einfach von mir herunterheben? Ich mag ihn nicht anfassen.«
    »Er würde mich unter Umständen beißen. Vielleicht auch Sie.«
    »Und summen hilft?«
    »Immer.«
    Benno hob den Kopf und näherte sich mit der Schnauze dem klerikalen Kinn.
    »Summen Sie, um Himmels willen, summen Sie!«
    Der Professor entschied sich für Händels Wassermusik. Benno von Saber wedelte sogleich im Takt und sprang vom Schoß des erleichterten Erzbischofs, um sich vor dem Professor auf den Rücken zu legen und die Pfoten in die Luft zu strecken. Dem Rattenfänger von Hameln gleich spazierte Bietigheim ins Wohnzimmer, dicht gefolgt von Benno. Flugs war der Vierbeiner in Sicherheitsverwahrung.
    Als Bietigheim zurückkehrte, pflückte der Erzbischof mit langen Fingern Hundehaare von seiner schwarzen Hose. Dampf stieg aus der Kaffeemaschine, die komplett durchgelaufen war.
    »Ah, das Heißgetränk der Wahl ist fertig!«
    Er schüttete seinem Gast wie gewünscht eine Tasse samt Cognac ein und sich selbst die gleiche Mischung, die er fortan zu dessen Ehren »Den geistreichen Clermont« zu nennen gedachte.
    »Ich erzählte gerade von Madame Poincarés Sohn Philippe. Als Obdachloser nannte er sich allerdings Pepe. Ein Freund aus der Soldatenzeit hieß wohl so, er fiel, während er mit Philippe auf Spähtrupp war. Wie auch immer, zurück in Frankreich fand Philippe, also Pepe, keinen Halt mehr und rutschte ab, immer tiefer, bis er aufschlug. Es war die Kirche, die ihn rettete. Als er zu uns kam, hatte er eine Lungenentzündung. Wir päppelten ihn auf, und

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