Die letzte Reifung
alle nur ein wenig spielen.«
Sie zog die Hand bestimmt fort. »Und ich will ein wenig gewinnen.« Sie schnupperte nochmals an ihren drei Gläsern und schob drei Champagnerkorken in die Mitte.
»Bist du dir sicher?«, fragte der Pfarrer.
»Lasst sie doch spielen, wie sie will«, fuhr Claude Bourcin dazwischen. »Ihr seid nicht Béatrice' Eltern.«
»Gott sei Dank!«, sagte Béatrice. »Also, geht ihr mit?«
Nein, gingen sie nicht. Ihr Seufzen verriet, dass sie sich ziemlich sicher waren, starke Weine auf der Hand, also im Glas zu haben, doch dass sie Béatrice die Niederlage ersparen wollten. Als Benoit auflöste, was auf dem Tisch stand, lachte sie herzlich. »Geblufft, Jungs. Aber wie! Ihr werdet uns Frauen nie verstehen.«
Auch in den folgenden Partien setzte Béatrice mutig – und Jan fand das katzenhafte Funkeln in ihren Augen gleichermaßen anziehend wie beängstigend. Doch sie verlor immer mehr.
Schließlich lagen keine Korken mehr vor ihr, und sie musste eine Frage stellen. »Gebt ihr mir Kredit? Jules? Claude? Benoit? Ich zahl es auch zurück. Ganz sicher. Der neue Jahrgang ist außergewöhnlich, und nächste Woche kommt ein Journalist des Wine Spectator bei mir vorbei. Ihr geht null Risiko ein.« Einer nach dem anderen schüttelte den Kopf. »Madeleine hätte mir das Geld gegeben! Sie hat immer an mich geglaubt. Aber ihr? Bei Geld hört die Freundschaft auf, was? Los, gebt mir schon was. Ich will weiterspielen.«
Der Bürgermeister sah auf seine Uhr. »Ich glaube, es ist Zeit zu gehen. Vielen Dank für deine Gastfreundschaft, Béatrice. Und dir, Benoit, für den Job als Croupier.« Er ließ seine Korken gegen Geld eintauschen. »Du hast es uns heute nicht leicht gemacht. Aloxe-Corton hatten wir noch nie. Wie viel bekommst du für die Flaschen?«
»Mein Abschiedsgeschenk«, sagte Benoit. »Dafür sagt mir keiner was Schlechtes nach.«
Der Bürgermeister klopfte ihm hart auf den Rücken. »Aber woher denn! Würden wir doch nie machen.« Er drehte sich zu den anderen. »Das nächste Mal dann bei mir. Ich suche uns auch einen neuen vertrauensvollen und unbestechlichen Croupier. Ich habe da schon wen im Blick.«
»Lasst uns doch noch etwas spielen!«, drängelte Béatrice. «Ich setze einen Teil meiner Ernte. Was sollen wir pro Fass Premier Cru ansetzen?«
»Auf Wiedersehen, Béatrice.« Der Bürgermeister ging, und auch die anderen Herren verließen schnell den Raum.
Nur der Dorfpriester blieb und trank die Reste leer. Verschwendung von Gottes Gaben war schließlich Blasphemie.
Béatrice ließ sich auf einen der alten Stühle fallen und weinte in ihre Hände.
»Was soll ich bloß machen? Meine Mutter hat mir den dicken Hintern vererbt und mein Vater die Leidenschaft fürs Glücksspiel.«
Jan hielt ihren Po für ganz bezaubernd, doch dies war nicht der Moment, zu widersprechen.
Der Priester schwankte zu ihr hinüber. Wenn eine Fee ein Weinfass in einen Menschen verwandeln würde, käme fraglos der Dorfpfarrer von Epoigey heraus.
»Aber dein Vater, Kleines, hatte eine bessere Nase als du. In all den Jahren hast du nicht gelernt, Weine richtig zu erschnuppern. Dir fehlt einfach das Talent.«
Sie blickte auf, und ihre verweinten Augen sahen so gerötet aus, als hätte ihr jemand Burgunder hineingeträufelt. »Weil ich keinen Wein mag! Vor allem keinen Roten.«
Jan war nicht sonderlich überrascht. Es gab viel mehr Winzer, die keinen Wein mochten, als man glaubte. Selbst unter den Besten waren einige dabei. Wie diese trotzdem großartige Tropfen hinbekamen, war ihm ein Rätsel. Manche rauchten auch so viel, dass ihr Geruchssinn mittlerweile auf die Größe einer Amöbe geschrumpft sein musste.
»Ich würde lieber etwas ganz anderes machen, mit Tieren arbeiten, das wollte ich schon immer. Aber dann musste Jean ja Jura studieren und Pierre Medizin, und ich blieb als Einzige übrig, um das blöde Weingut fortzuführen. Ich wollte Papa doch nicht unglücklich machen!«
Der Priester setzte sich neben sie. »Und deshalb hast du dich selbst unglücklich gemacht. Verkauf den Betrieb, da gibt es gutes Geld für. Du bist noch jung. Hätte dein Vater gewusst, was du dir aufbürdest, er hätte sich anderes für dich gewünscht. Er hat dich nämlich sehr geliebt, du warst seine kleine Weinbergschnecke.«
Béatrice lächelte.
Jan ging das Herz auf. Und er fiel aus dem Kleiderschrank.
Als Béatrice ihn sah, versagte ihm immerhin nicht die Stimme.
Nur das Hirn.
»Wenn Sie Geld brauchen, ich leih Ihnen
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