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Die letzte Rune 01 - Das Ruinentor

Titel: Die letzte Rune 01 - Das Ruinentor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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verstehen, meine Liebe. Lady Grace und ich sind erwachsene Frauen, die es nicht wagen können, solche Unschuld vorzutäuschen.«
    Aryn wollte darauf etwas erwidern, aber Grace schüttelte den Kopf, und die Baronesse hielt den Mund, obwohl sie verletzt aussah. Es tat Grace leid, daß sie Aryn verletzt hatte, aber sie spürte, daß es wichtig war, sich anzuhören, weswegen Kyrene gekommen war. Nicht, daß sie auch nur die geringste Verwandtschaft mit der Gräfin verspürte. Sie betrachtete die vollen Rundungen von Kyrenes perlenbesetztem Oberteil. Ich bezweifle, daß man uns jemals für Schwestern halten würde. Doch Boreas hatte ihr befohlen, sich mit den anderen am Rat beteiligten Adligen zu unterhalten, sie sollte in Erfahrung bringen, was sie dachten. Und da konnte sie genausogut mit Kyrene anfangen.
    Sie trat vor. »Was meint Ihr, Kyrene? Wovor wollt Ihr mich warnen?«
    Ein triumphierendes Lächeln umspielte Kyrenes volle Lippen. »Ihr dürft mich nicht mißverstehen. Niemand würde je behaupten, König Boreas sei kein guter und anständiger König.«
    Sie denken es nur oft, faßte Grace in Gedanken die sich daraus ergebende Andeutung in Worte.
    »Jedoch entspricht es der Wahrheit, daß Boreas ein Anhänger der Mysterien von Vathris ist. Und der Kult des Stiertöters ist ein Kriegerkult. Man kann ihnen nicht zum Vorwurf machen, daß sie Konflikten und Gewalt zugeneigt sind. Es liegt ihnen im Blut.«
    Grace biß sich auf die Lippe. Der Kult von Vathris? War das irgendeine Art von Religion? Weitere Informationen darüber wären mit Sicherheit hilfreich gewesen, um Kyrenes Motive zu begreifen, aber sie konnte die Gräfin schlecht danach fragen – so würde sie nur ihr Nichtwissen zeigen.
    »Wollt Ihr behaupten, König Boreas sei ein Kriegstreiber?« fragte sie statt dessen.
    Kyrene schnalzte mit der Zunge. »Mit Worten ist das so eine heikle Angelegenheit, meine Liebe.«
    Genau wie mit dir, dachte Grace. Meine Liebe.
    Laut sagte sie: »Ich kann nicht behaupten, daß ich viel von Krieg halte, aber manchmal ist er in schwierigen Zeiten unabwendbar.«
    »Es gibt andere Methoden, Schwierigkeiten zu vermeiden. Feinere Methoden, die genauso mächtig sind – vielleicht sogar noch mächtiger. Männer sind so geistlose Geschöpfe. Es fällt ihnen so schwer, diese Dinge zu erkennen. Aber es gibt Personen, die es tun.«
    Grace konnte Ratespiele nicht ausstehen. »Und das sind?«
    Das Funkeln in Kyrenes Augen entsprach dem Feuer des großen Smaragds in der Kluft ihres Busens. »Im Moment reicht es meiner Meinung nach völlig aus, wenn wir sagen, daß Personen am Rat der Könige teilnehmen werden, deren Interessen sich von denen Boreas' unterscheiden. Vielleicht solltet Ihr noch etwas abwarten, bevor Ihr Eure Treue verkauft, Mylady.«
    »Ich war mir nicht bewußt, daß ich das bereits tat.«
    Kyrene trat noch näher an sie heran. Der Aprikosenduft raubte einem nun den Atem. Er stieg Grace in den Kopf und betäubte ihren Verstand. Die Gräfin fuhr mit leiser Stimme fort.
    »Boreas ist ein starker König. Aber laßt Euch von dieser Kraft nicht täuschen. Er ist ein Mann, und wie alle Männer kann er kontrolliert werden. Ein paar Kräuter, die richtigen Worte – ich kann Euch zeigen, wie das geht. Warum solltet Ihr ihm dienen, wenn es sich genau andersherum abspielen könnte?«
    Grace vermochte sich nicht von Kyrenes Blick zu lösen. Die Augen der Gräfin füllten ihr ganzes Gesichtsfeld aus, es war, als versinke sie in einem tiefen, smaragdgrünen Meer. Und dann fühlte sie es – eine Präsenz, die nach ihr griff, herumtastete, nach geheimen Orten suchte. Eine Flamme der Wut schoß in Graces Innerem empor. Nein. Sie hatte es geschworen. Niemand würde sie jemals wieder auf diese Art berühren.
    Laß mich in Ruhe!
    Grace sprach die Worte nicht aus, aber Kyrene taumelte zurück, als hätte sie einen Schlag erhalten. Blankes Entsetzen stand ihr in das hübsche Gesicht geschrieben. Dann schlich sich noch etwas anderes in den Ausdruck. Es hätte beinahe so etwas wie Bewunderung sein können.
    Aryn trat vor, und die schlanke Gestalt in dem blauen Gewand zitterte. »König Boreas ist kein Kriegstreiber! Er macht sich bloß Sorgen um die Domänen. Was in diesen Zeiten jeder tun sollte!«
    Als Aryn zu Ende gekommen war, hatte Kyrene ihre Fassung zurückgewonnen. Ihr Nicken fiel knapp aus. »Wie Ihr meint, Lady Aryn.« Vor der Tür verharrte sie kurz. »Denkt über meine Worte nach, Lady Grace. Wenn Ihr mehr zu wissen wünscht, dann

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