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Die letzte Rune 01 - Das Ruinentor

Titel: Die letzte Rune 01 - Das Ruinentor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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kennt.« Seine Stimme senkte sich zu einem grimmigen Flüstern. »Jemand, der, wie es scheint, in diesem Augenblick danach sucht.«
    Falken griff in seinen Rucksack, holte einen anderen Gegenstand hervor und schlug das Tuch zurück, in den er eingewickelt war. Es war die zerbrochene Rune, die Travis in den Ruinen von Kelcior berührt hatte. Was dann zu diesem beunruhigenden Ergebnis geführt hatte. Die elfenbeinfarbene Scheibe schimmerte im Licht des Lagerfeuers, und die in ihre Oberfläche eingelassene und gespaltene Rune funkelte silbern. Krond. Feuer.
    »Seit dem Augenblick, in dem ich dies in der Schattenkluft fand, hatte ich einen Verdacht«, sagte Falken. »Ich konnte jedoch nicht sicher sein, daß dieser Verdacht auch begründet war, nicht bevor ich die Runensteine im Turm untersuchte. Das habe ich getan, und es hat meine Befürchtungen bestätigt.«
    Beltan räusperte sich nervös. »Und die sind?«
    »Nachdem der Fahle König vor tausend Jahren besiegt wurde, errichtete man oberhalb der Schattenkluft ein großes, aus Eisen geschmiedetes Tor. Das Tor verschloß die Reißzahnspalte, den einzigen Paß durch die Eisenzahnberge und der einzige Weg, der nach Imbrifale hinein- und wieder hinausführt. Die ersten Runenmeister verbanden das Tor mit mächtigen Runen und sorgten auf diese Weise dafür, daß der Fahle König seine Domäne nie wieder verlassen konnte. Oder zumindest glaubten wir das bis jetzt – diejenigen von uns, die es nicht vergessen hatten. Aber wir haben uns geirrt.« Falken strich mit dem Finger über die zerstörte Rune. »Ich weiß jetzt, daß das hier eines der drei Bannsiegel ist, mit denen die Runenmeister das Portal Imbrifales versahen. Und jetzt ist es irgendwie zerbrochen. Die Barriere wird schwächer.«
    Melia und Beltan schauten den Barden an. Travis schüttelte den Kopf, erfüllt von einer namenlosen Furcht.
    »Was bedeutet das?« flüsterte er.
    »Ein Stein kam ans Licht, Phantomschatten suchen das Land heim, der Wall schwankt. Das kann nur eines bedeuten.« Schatten huschten über Falkens Gesicht. »Nach tausend Jahren Gefangenschaft rührt sich der Fahle König wieder.«
    Der Nachtwind hob sich zu einem durchdringenden Heulen.

56
    Am zehnten Tag auf Calavere hatte das Leben in einem Schloß für Grace den Reiz des Neuen verloren.
    Wenn man anfing, jede kleine Unerfreulichkeit zu bemerken, dann war das ein sicheres Zeichen dafür, daß man sich an einen Ort gewöhnte. Da war erst einmal die Kälte. Im Schloß sprach jeder davon, daß der Winter dieses Jahr so früh gekommen war, und die Kälte war immerwährend und stets gegenwärtig. Sie entströmte jedem Stein, schnitt wie ein Messer durch die kleinsten Mauerspalten und schlich sich in alle Glieder und Knochen, bis Grace sich ihrer schmerzhaft bewußt wurde. Nicht einmal die schweren Wollgewänder hielten die Kälte ab, und vor allem ihre Hände waren immer kalt.
    Die in der Luft liegende Feuchtigkeit verschlimmerte die eisigen Temperaturen noch. Der Dimduorn, der Fluß Dunkelwein, befand sich keine Meile von Calavere entfernt – soweit Grace herausgefunden hatte, entsprach eine Meile auf Eldh drei ihrer Meilen –, und nichts im Schloß schien jemals richtig trocken zu sein. Doch die Kälte und die Feuchtigkeit hätte sie ertragen können. Es waren die Gerüche, die sie fertigmachten.
    Alles in dem Schloß roch. Alles. Die Aborte, die Fackeln, das Bettzeug, das Essen, die Wandteppiche, die Nachttöpfe, die Kerzen, die Korridore und vor allem die Menschen. Sie alle rochen faulig oder stechend oder ranzig oder nach einer überwältigenden Kombination aller drei Duftnoten. Vor zwei Wochen hätte Grace das noch für unmöglich gehalten, aber jetzt sehnte sie sich nach dem antiseptischen Geruch des Denver Memorial Hospitals zurück. Sie hatte diesen Geruch, den Chemiker entwickelt hatten, um die Gerüche von Blut, Erbrochenem und Tod zu übertünchen, stets verabscheut, aber zumindest hatte es nichts anderes zu riechen gegeben. Hier auf Calavere gab es Augenblicke, in denen sie sich versucht fühlte, den glühenden Schürhaken aus dem Kaminfeuer zu nehmen und sich die Nase auszubrennen, damit sie nie wieder etwas riechen mußte.
    Daß sie und Aryn gezwungen waren, ihre gemeinsame Zeit zu verkürzen, war auch nicht gerade hilfreich. Aryn besuchte Grace in ihrem Gemach, sooft sie konnte, aber ein Großteil ihrer Zeit wurde von der Vorbereitung der Gästequartiere, der Überwachung der Diener und des Küchenpersonals beansprucht,

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