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Die letzte Rune 01 - Das Ruinentor

Titel: Die letzte Rune 01 - Das Ruinentor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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wild. Einen panikerfüllten Augenblick lang glaubte sie, Aryn würde von Lady Kyrene sprechen. War die Gräfin gekommen, um sie mit dem zu konfrontieren, was sie beobachtet hatte?
    Aryn schien ihren entsetzten Ausdruck nicht zu bemerken. »Königin Ivalaine von Toloria«, sagte die Baronesse. »Sie ist die erste, die zum Rat kommt.«
    »Ivalaine?«
    Aryn nickte eifrig. »Die Turmwachen haben gesehen, wie ihr Gefolge die alte tarrasische Brücke über den Dimduorn überquerte. Sie haben sie an ihren Flaggen erkannt.«
    Sie entfaltete das Bündel, das sie in der linken Ellenbeuge gehalten hatte, und hielt es ausgestreckt hin. Es war ein Umhang aus feiner Wolle.
    »Steh nicht einfach so da rum, Grace. Zieh das hier an. Du wirst sonst frieren.«
    Grace nahm den Umhang mit tauben Fingern entgegen und schlang ihn sich um die Schultern. Er war schwerer, als er aussah. »Wo gehen wir hin?«
    »Natürlich auf die Brustwehr. Ich will die Königin im Augenblick ihrer Ankunft sehen. Die Leute sagen, es gibt in den Domänen keine zweite Frau, die so schön wie Ivalaine ist. Nun komm endlich!«
    Grace wollte etwas erwidern, aber Aryn ergriff ihre Hand und zerrte sie aus der Tür. Danach mußte sie ihre Fragen zurückstellen und sich statt dessen darauf konzentrieren, mit der leichtfüßigen Baronesse mitzuhalten. Schwer atmend stiegen sie die letzten Stufen einer Wendeltreppe hinauf, stießen eine Tür auf und fanden sich auf einer hohen Mauer über dem Oberen Burghof wieder.
    Grace blickte in die Tiefe und sah das Heckenlabyrinth. Von diesem Aussichtspunkt war es kein Problem, die Abzweigungen und Biegungen zu verfolgen, die sie gestern so verwirrt hatten. Da – da war die Grotte, wo sie Kyrene und Logren ertappt hatte und von der sie geflohen war. Sie hatte es einfach für Glück gehalten, daß sie nach ein paar benommenen Minuten des Dauerlaufs durch das Labyrinth auf den Ausgang gestoßen war. Jetzt war sie nicht mehr so sehr davon überzeugt. Die Stelle, von der sie losgelaufen war, befand sich tief im Herzen des Labyrinths, umgeben von einem Netzwerk aus Pfaden, das so kompliziert war, daß es ihr schwerfiel, ihm nun mit ihrem Blick zu folgen. Doch irgendwie hatte sie es geschafft, es zu durchqueren, ohne ein einziges Mal zurückgehen zu müssen. Aber welche andere Erklärung als Glück sollte es sonst geben?
    Und wenn es Glück gewesen war, das ihr bei der Flucht durch das Labyrinth geholfen hatte, dann war es ein böser Streich des Schicksals gewesen, daß sie über Kyrene und Logren gestolpert war. Sie hätte nie gedacht, daß die beiden eine Liaison hatten. Bei dem Bankett hatte Logren so intelligent, so weltmännisch gewirkt. Es erschien unmöglich, daß er Kyrenes Tricks zum Opfer fallen würde. Oder doch nicht? Grace dachte zurück an den Augenblick in ihrem Gemach, als Kyrene über den König gesprochen hatte.
    Er ist ein Mann, und wie alle Männer kann er kontrolliert werden.
    Im Geiste sah sie wieder die weißen Arme der Gräfin, die sich um Logrens muskulösen Rücken schlangen. War das Kyrenes Magie? Oder waren da noch andere Dinge im Spiel? Sie erinnerte sich an die seltsame Starre, die sie an jenem Tag in ihrem Gemach überkam, an das Bewußtsein, das nach ihr getastet hatte. Ein paar Kräuter, die richtigen Worte … Hatte Kyrene noch etwas anderes als einfaches Verlangen eingesetzt, um Logren anzulocken? Bevor ihr eine mögliche Antwort einfiel, zerrte Aryn an ihrer Hand.
    »Hier entlang, Grace. Von der Südwehr können wir das Schloßtor viel besser sehen.«
    Hand in Hand suchten sich die beiden Frauen ihren Weg über die Mauer. Als sie die mit Zinnen bestückte Plattform der Südwehr erreichten, die sich hoch über dem Unteren Burghof befand, sahen sie, daß sie nicht als einzige diesen Einfall gehabt hatten. Es hatte sich eine beträchtliche Menge versammelt, um die Ankunft der Königin zu sehen: Adlige, Knappen, Diener. Doch alle machten wortlos für Grace und Aryn den Weg frei, und die beiden Frauen traten an die Zinnen. Grace hatte freie Sicht auf das unter ihnen liegende Schloßtor und lächelte. Endlich war die Zugehörigkeit zum Adel mal für etwas gut.
    In diesem Augenblick erhob sich der Ruf eines Horns in der eisigen Luft; der hohe Ton kam wie aus weiter Ferne. Er brachte Graces Blut in Wallung. Sie legte eine Hand an die Brauen, um die Augen vor der hellen Mittagssonne zu schützen. Dann sah sie den Zug aus Pferden, der die in der Ferne liegende Anhöhe zwischen dem Schloß und dem Fluß

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