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Die letzte Rune 02 - Der fahle Könige

Titel: Die letzte Rune 02 - Der fahle Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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Erfüllung ging.
    Die Jungfrauen, die an Beltan herangetreten waren, waren süß und hübsch gewesen, aber er wußte, daß weder sein Gesicht noch sein Geschick mit dem Schwert der Grund für ihre Aufmerksamkeit gewesen waren. Wer stellte schon eine bessere Partie dar als der Neffe des Königs? Aber die älteren Mitglieder des Hofes wußten, was auch Beltan klar war – daß er mit seinen einunddreißig Wintern schon weit über das beste Heiratsalter hinaus war, daß er zwar spät hätte heiraten können, um einen Erben für seine Ländereien zu produzieren, er jedoch keine Ländereien zum Vererben hatte. Nein, die Reize der Jungfrauen würden keine Wirkung zeigen, wie sie schon selbst bald genug herausfinden würden. Beltan hatte den Ruf des Stiers schon vor langer Zeit vernommen.
    Er schaute wieder zum Eingang des Großen Saals und seufzte. Dort drinnen war keiner mit etwas Größerem als einem Tafelmesser bewaffnet, und im Schloß trieb ein Mörder sein Unwesen. Vor dem Fest hatte er Melia gesagt, König Boreas hätte ihn angewiesen, an der Tür Wache zu halten. Die Lüge nagte an ihm. Er hätte dort drin sein und sie schützen sollen. Vor drei Jahren war er verloren gewesen, hatte nicht gewußt, was er mit seinem Leben anfangen sollte. Er hatte die Straßen der Domänen als vagabundierender Ritter bereist, war kaum besser als ein Strauchdieb gewesen. Dann hatte er Melia und Falken in einer Taverne in Galt kennengelernt, und er hatte sofort gewußt, daß er hier jemandem gegenüberstand, der es wert war, daß man ihm diente. Er hatte ihr sein Schwert gereicht und geschworen, sie damit zu beschützen, und sie hatte den dargebotenen Griff akzeptiert, ihn mit der flachen Klinge angetippt und ihn gebeten, wieder aufzustehen. Seit damals war er nie weit von ihrer Seite entfernt gewesen.
    Melia brauchte seinen Schutz eigentlich nicht. Aber in einigen Dingen wiederum doch. Es gab so vieles an Melia, das er bis heute nicht verstanden hatte, das er niemals verstehen würde. Es spielte keine Rolle. Er wußte, daß das, was sie und Falken taten, wichtig war. Und das reichte ihm.
    Ist das so, Beltan? Die alte Frage drängte sich wieder in den Vordergrund seiner Gedanken. Oder ist es nicht eher so, daß es viel einfacher ist, jemand anderes Schwert zu sein? Schließlich kann ein Schwert sehr mächtig sein, ohne für sich selbst denken zu müssen.
    Beltan verdrängte die Frage. Was geschehen war, war geschehen. Das Schwert eines Ritters zu sein, war sein Leben, auf das er einen Eid abgeleistet hatte. Er hätte dort im Saal sein sollen.
    Nur daß Travis Wilder ebenfalls sein Schützling war. Melia hatte ihn unter ihre Fittiche genommen, und das machte ihn zu Beltans Problem. Aber es war noch mehr als das, denn er hatte Travis im Weißen Turm ein Versprechen gegeben; er hatte ihm zugesichert, daß er sich keiner Gefahr allein stellen mußte. Von den beiden schwebte heute abend Travis mit Sicherheit in der größeren Gefahr, davon war er überzeugt.
    Beltan schüttelte den Kopf. In gewisser Weise war ihm Travis ein ebenso großes Rätsel wie Melia, und das nicht nur, weil Falken behauptet hatte, er stamme von einer anderen Welt als Eldh. Travis war recht ansehnlich, doch er ging leicht gekrümmt, damit er niemandem auffiel. Er war freundlich, benahm sich aber, als wäre er keinerlei Aufmerksamkeit wert. Und er hatte einen scharfen Verstand, ließ aber immer die anderen für ihn die Entscheidungen treffen. Warum? Beltan vermochte es nicht zu sagen. Trotzdem hatte er das Gefühl, daß Travis von allen am dringendsten Schutz brauchte.
    Seine Nackenhaare stellten sich auf. Beltan war Veteran von viel mehr Kämpfen, als er zählen konnte. Er wußte, wann sich hinterrücks Gefahr näherte. Bei Vathris, du bist ein Narr, Beltan von Calavan! Du läßt dich ablenken. Konzentriere dich auf deine Aufgabe!
    Er griff nach dem Messer in seinem Gürtel und drehte sich um. Vor ihm stand Gefahr, auch wenn sie keine schwarze Kutte oder feuchten grauen Pelz trug. Statt dessen war sie in ein blutrotes Gewand gekleidet, und ihre Augen funkelten so hart wie grüne Juwelen. Sie verzog den Mund zu einem Lächeln – die Lippen hatten dieselbe Farbe wie ihr Kleid –, und er holte tief Luft.
    »Eine schöne Wintersonnenwende, Lord Beltan.«
    Er runzelte die Stirn. »Was wollt Ihr, Lady Kyrene?«
    »Was will jede Jungfrau an diesem Abend?« Sie hielt einen Kranz aus dunkelgrünen Blättern und blutroten Beeren hoch.
    Er grunzte. »Was könnt Ihr schon

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