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Die letzte Rune 02 - Der fahle Könige

Titel: Die letzte Rune 02 - Der fahle Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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und ließ ihn die Tür öffnen. Bevor ihr überhaupt klar wurde, was sie da tat, war sie auch schon drinnen. Die Tür schloß sich hinter ihr, und sofort kehrte die Unsicherheit zurück. Sie war nicht hier, um mit dem Ersten Berater von Eredane Höflichkeiten auszutauschen. Sie war hier, um ihn auszuspionieren.
    »Wein?«
    Grace nahm den Pokal entgegen und umfaßte ihn mit beiden Händen. Er prostete ihr mit seinem Pokal zu und trank. Während er das tat, verschaffte sie sich ihren ersten Eindruck von seinem Raum. Er hatte nur einen Bruchteil von der Größe und Helligkeit ihres Gemachs. Das schmale Fenster sah auf eine nackte Steinmauer hinaus, und die wenigen Einrichtungsgegenstände waren bestenfalls solide und schmucklos.
    Logren bemerkte ihren Blick. »Keine Sorge, Mylady. Das Zimmer ist von König Boreas nicht als Affront gemeint. Ich bat um ein schmuckloses Quartier. Ich ziehe es vor, in einer einfachen Umgebung zu leben. Es schärft meinen Verstand und erlaubt mir, mich auf meine Aufgaben zu konzentrieren. Ich fürchte, man kann sich so schnell von dem Prunk des Adels ablenken lassen und vergessen, was er eigentlich bedeutet.«
    Grace trank ihren Wein. Langsam begann Interesse die Furcht zu ersetzen. »Und was bedeutet er, Mylord?«
    »Von Adel zu sein, ist ein Privileg, aber es ist auch eine Pflicht. Diejenigen, die unter uns stehen, sind darauf angewiesen, daß wir für sie kluge Entscheidungen treffen und dafür sorgen, daß ihre Leben in geordneten, produktiven und sicheren Bahnen verlaufen.«
    »Wolltet Ihr nicht sagen, sie unterdrückt zu halten?«
    Er stellte den Wein ab. »Mylady, man bekommt keine Sicherheit, ohne nicht dafür etwas anderes aufzugeben. So funktioniert die Welt nun mal. Das Volk arbeitet für uns, das ist wahr. Aber im Gegenzug beschützen wir unsere Untertanen, versorgen sie mit Nahrung, wenn die Lebensmittel knapp sind, und bauen für sie Schreine für ihre Mysterien.«
    Grace war sich darüber im klaren, daß sie diese Vorstellung mit Abscheu hätte erfüllen müssen. Trotzdem fanden Logrens Worte in ihr einen Widerhall. Es war falsch und unmöglich, aber in einer gewissen Weise ergaben sie für sie einen Sinn. Warum sollten die Stärkeren nicht führen – solange sie gut, gütig und weise waren?
    Ihr kam ein Gedanke. »Und wer beschützt Euch, Mylord?«
    Er drohte ihr mit dem Finger. »Nein, Mylady. So funktioniert das Spiel nicht. Macht ist gefährlich. Niemand beschützt die, die ganz oben stehen. Sie müssen sich selbst beschützen. Oder sie stürzen.«
    Aufregung erfaßte sie. Das war ihre Chance. Sie nahm noch einen Schluck Wein, um gleichgültig zu wirken, aber hauptsächlich, um ihre plötzlich ganz ausgetrocknete Kehle zu befeuchten. »Ihr meint, so wie Königin Eminda?«
    Er sah sie an, dann hallte sein Applaus durch den Raum. »Gut gemacht, Mylady. Gut und geschickt gemacht. Beinahe wäre es mir entgangen, und ich habe ein Ohr für solche Dinge.«
    »Was meint Ihr?« Entsetzen durchfuhr sie.
    Logren trat an sie heran. Er roch nach Gewürzen. »Ihr wißt, wovon ich spreche, Mylady. Kluge Fragen, als verführerische Unterhaltung getarnt. Nein, habt keine Angst. Ich bewundere Eure Geschicklichkeit, und ich verstehe. Ihr seid König Boreas’ Gast, und er wäre ein schlechter König, machte er sich nicht alles zu Nutzen, was ihm zur Verfügung steht – Ihr mit eingeschlossen –, um die Absichten der anderen am Rat beteiligten Könige und Königinnen zu erfahren.«
    Grace fehlten die Worte. Sie kam sich wie ein Schmetterling vor, der auf ein Stück Karton aufgespießt worden war.
    »Sorgt Euch nicht, Lady Grace. Ihr habt mich vor dem Ausritt mit Lord Olstin gerettet. Ich werde Euch als Gegenleistung nicht mit leeren Händen zu König Boreas zurückkehren lassen. Ich sage Euch frei heraus, warum sich Eminda beim Rat so entschieden hat.«
    Grace brachte bloß ein Nicken zustande.
    »Es gibt zwei Möglichkeiten, Mylady. Erstens: Der Fahle König ist ein Mythos – eine Geschichte, um kleine Kinder zu erschrecken oder Barden in Aufregung zu versetzen. Zweitens: Falken Schwarzhand hat recht, und der Fahle König rührt sich in der Tat wieder in Imbrifale. Nun, trifft die erste Möglichkeit zu und der Fahle König ist ein Mythos, dann wäre es blanker Unsinn, die Armeen der vereinigten Domänen in die nördliche Wildnis zu entsenden. Dort gibt es genügend reale Gefahren wie Banditen, Barbaren und Hunger, ohne ganz Falengarth auf der Suche nach eingebildeten zu

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