Die letzte Rune 03 - Der Runensteinturm
anfangen sollte.
Farr zog etwas aus dem Umschlag und hielt es ihm hin. »Kennen Sie diese Frau, Mr. Wilder?«
Travis nahm das Foto mit zitternder Hand entgegen, als wüßte er bereits, was er sehen würde. Die Frau auf dem Foto war verzweifelt, hatte aber etwas Majestätisches an sich. Sie rannte die Stufen eines Gebäudes herunter, eine Hand an der Kehle, starrte sie mit atemberaubenden grüngoldenen Augen nach vorn. In diesem Augenblick verstand er.
Er sah auf und begegnete Farrs Blick. »Sie sind diese Sucher, nicht wahr?« Er wandte sich Deirdre zu. »Du und er.«
Farr runzelte die Stirn, Deirdres Mund stand offen. Travis gestattete sich ein humorloses Lächeln. Es war gut zu wissen, daß er ein paar eigene Überraschungen auf Lager hatte.
»Sehen Sie mich nicht an«, sagte Deirdre zu Farr. »Ich habe es ihm nicht gesagt.«
Farr nickte. »Wir dürfen nicht vergessen, daß Mr. Wilder möglicherweise viel mehr weiß, als wir uns vorstellen können.«
Deirdre hob die Hand, als wollte sie Travis berühren, dann nahm sie sie wieder herunter. »Woher …«
Er lächelte und strich mit einem Finger über das Foto. »Es war Grace. Grace Beckett. Sie hat mir von den Suchern erzählt.« Er schaute auf. »Und von Ihnen, Hadrian Farr.«
Farrs Gesichtsausdruck war gespannt. »Dann kennen Sie also Dr. Grace Beckett.«
Travis mußte lachen. Er dachte an all das, was Grace und er durchgemacht hatten, was sie getan hatten, was sie überlebt hatten. »Das könnte man so sagen.«
Er gab Farr das Foto zurück. Die Schatten drängten sich näher an sie heran wie stumme Schauspieler.
»Ich schätze, das bedeutet, du bist nicht in den Mine Shaft gekommen, bloß um zu spielen«, sagte er zu Deirdre.
Ihr Lächeln war schmal und privat. »In gewisser Weise schon. Diese Zeit vor drei Jahren, als ich im Saloon sang, bedeutet mir viel mehr, als du dir vorstellen kannst. Ich glaube, ein Teil von mir wünschte sich, einen Hauch dieser Magie noch einmal zu erleben. Und vielleicht habe ich das auch. Aber du hast recht. Es gibt einen anderen Grund, warum ich nach Castle City gekommen bin.«
»Der Mann, der sich selbst verbrannt hat«, flüsterte Travis.
Farr schob das Foto zurück in den Umschlag. »Sie haben recht, Deirdre. Er ist tatsächlich scharfsinnig.«
»Wollen Sie es ihm sagen?« fragte Deirdre. »Oder soll ich?«
»Ich glaube, das schaffe ich schon.«
Travis richtete die Revolverheldenbrille. »Was wollen Sie mir sagen?«
Farr rutschte vom Bühnenrand herunter. Er war ein Paar Zentimeter kleiner als Travis, aber aus einem unerfindlichen Grund kam sich Travis als der kleinere von ihnen vor. Farr strahlte eine stille Kraft aus. In gewisser Weise erinnerte er Travis an Falken Schwarzhand.
»Warum wir nach Ihnen gesucht haben, Mr. Wilder.«
12
Erst als Deirdre ihn beim Arm nahm und zur ersten Sitzreihe führte, wurde sich Travis bewußt, daß ihm die Knie zitterten. Als er sich setzte, stieg eine Staubwolke aus dem Polster auf. Er blickte zu den beiden Suchern hoch. Deirdre machte einen besorgten Eindruck. Farrs Ausdruck war schwieriger zu bestimmen.
Farr zog ein schmales Silberetui aus der Hosentasche und nahm eine Zigarette heraus. »Stört es Sie, wenn ich rauche?«
»Ich schreibe anderen Leuten nicht vor, wie sie ihr Leben zu leben haben.«
Farr nickte. »Das ist ein guter Rat, Mr. Wilder. Ich werde mein Bestes tun, ihn zu befolgen.« Er zündete sich die Zigarette an, aromatischer Rauch kräuselte sich zu den Arbeitsgalerien hinauf. »Aber erlauben Sie mir folgende Bemerkung. Da gibt es jemanden, der diese Nacht auf Sie zugekommen ist. Er hat Ihnen nicht seinen Namen verraten, aber das ist auch nicht weiter wichtig. Wichtig ist nur, wen er repräsentiert. Und ich sage das nicht in dem Versuch, Sie unter meine Kontrolle zu bekommen, sondern um Sie zu retten, Mr. Wilder. Sprechen Sie nicht mit ihnen.«
Die Entschiedenheit in Farrs Worten traf Travis überraschend und stieß ihn zurück auf den Sitz. »Duratek.«
Deirdre ging neben ihm in die Hocke. »Ja, der Mann vor dem Saloon kam von der Duratek Corporation. Sie haben …«
Farr hob die Hand. »Noch nicht, Deirdre. Es gibt Dinge, über die wir Mr. Wilder vorher informieren müssen.«
Sie stand auf und nickte knapp.
Farr lehnte sich gegen die Bühne. »Es stimmt, daß wir an dem Mann in der schwarzen Kutte interessiert waren, der den Saloon betrat. Wir untersuchen solche Fälle schon seit längerer Zeit. Allerdings untersuchen wir viele Dinge, und wir sind
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