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Die letzte Rune 04 - Die Flammenfestung

Titel: Die letzte Rune 04 - Die Flammenfestung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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nichts tun außer zusehen. Daynens Gesicht verzerrte sich schmerzerfüllt, als er die Brücke überquerte. Er stolperte weiter, während seine Füße zu leblosen Anhängseln wurden, aber er blieb nicht stehen. Tira saß ganz still auf seinen Schultern, die kleinen Hände gegen seine Wangen gedrückt.
    Es erschien Grace wie eine Ewigkeit, die sie zum Zusehen verdammt war, aber es dauerte nur Sekunden, bis Beltan mit seinen langen Armen zugreifen und Daynen und Tira von der Brücke reißen konnte. Tira schlang ihre Arme um den Hals des Ritters und sah zu, wie Lirith neben dem Jungen auf die Knie fiel. Grace kniete sich neben sie, aber sie kannte die Diagnose bereits.
    Sie machten es ihm auf dem Gras bequem. Sein Gesicht war ganz blaß, voller Schweiß und Ruß, aber seine Miene war friedlich. Das war der einzige Segen derartiger Verbrennungen – in seinen verkohlten Beinen gab es keine Nerven mehr, die Schmerzen weiterleiteten.
    Daynen schaute auf und sah sich mit seinen blinden Augen um. »Lady Lirith?«
    »Ich bin hier.« Tränen schimmerten in ihren Augen, aber ihre Stimme war leise und beruhigend.
    »Geht es Tira gut?«
    »Mit ihr ist alles in Ordnung. Keine Angst.«
    »Ich habe … keine Angst.«
    Seine Stimme wurde schwächer, das Zittern seines Körpers ließ nach. Der Schock setzte ein. Es würde nicht mehr lange dauern.
    »Es war genauso … genauso, wie ich es sah, Lady Lirith. Nur daß ich jetzt weiß, wer es war … den ich trug.«
    Die Hexe strich ihm schweißfeuchtes Haar aus der Stirn. »Was meinst du, Daynen?«
    »Es war Tira. Sie habe ich gesehen. Ich trug sie … über die hellen Felder … der Sonne.« Daynens Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. »Es war … es war so …«
    Grace sah zu, wie das Leben aus ihm herausströmte, und sein dünner Körper regte sich nicht mehr. Eine kleine Gestalt löste sich aus Beltans Armen und kam heran. Tira. Sie ging in die Hocke und berührte Daynens Gesicht, strich mit den Fingern über seine Lippen, die Nase, die weit aufgerissenen Augen. Dann wandte sie sich ab und kletterte in Graces Arme. Grace sah zu den sich nähernden Kreaturen hinüber.
    »Wir müssen los«, sagte Durge. Der Ritter hatte die noch immer aufgeregten Pferde geholt.
    Beltan kniete nieder und erhob sich mit Daynen in den Armen; es war, als hielte er ein kleines Lumpenbündel. Lirith blieb knien – mit Aryns Hand auf der Schulter –, als Beltan zum Flußufer ging, sich wieder bückte und die kleine Leiche in das dunkle, schnell dahinströmende Wasser gleiten ließ. Er kehrte zu Lirith zurück und half ihr auf die Füße.
    »Könnt Ihr reiten?« fragte er.
    »Ja.«
    Sie stiegen auf die Pferde. Die Tiere schnaubten und stampften nervös mit den Beinen, sie hatten es eilig, von dem Gestank nach Rauch und Feuer wegzukommen.
    Aryn warf vom Rücken ihrer Stute einen Blick auf die Brücke. »Im Wald, bevor wir das Lager verließen, hat mir Meridar erzählt, daß er sich wegen seiner Taten in Falanor schämte«, sagte sie leise. »Er sagte, er hätte ehrlos gehandelt, daß er aus Rache die Unschuldigen und Schwachen getötet hätte. Er wollte es wiedergutmachen und sich in …« Sie schluckte. »Sich in meinen Augen als Ehrenmann erweisen.«
    Grace starrte sie an, dann sagte sie die einzigen Worte, die sie fand. »Und hat er es getan?«
    Aryn schüttelte den Kopf, und die Feuchtigkeit auf ihren Wangen schimmerte im Licht der kleinen Flammen auf dem Boden. »Was gab es da zu beweisen?«
    Die Baronesse wendete ihr Pferd und galoppierte los. Die anderen folgten ihr. Grace blickte auf das kleine Mädchen hinunter, das vor ihr auf dem Sattel saß. Vor ihrem geistigen Auge verneigte sich der Krondrim wieder vor Tira. Was hatte das zu bedeuten?
    Vielleicht war es ein Gruß. Der eine Verbrannte grüßt die andere …
    Grace fröstelte, als sie Shandis nach Osten und in die Nacht hinein trieb und die Feuer hinter sich ließ.

6
    Vielleicht hatte Oragien recht. Vielleicht war er ja wirklich ein Runenmeister. Trotzdem beschlich Travis das Gefühl, bei weitem nicht der größte Zauberer zu sein, den es auf Eldh je gegeben hatte.
    Bruder Larad starrte finster Travis’ Wachstafel an. »Ihr habt Stein und Himmel verwechselt. Schon wieder. Ihr habt Eisen auf der falschen Seite durchgestrichen. Schon wieder. Und Euer Wasser sieht aus wie etwas, das ein Kind mit einem Stock in den Dreck kratzen würde.« Er warf die Tafel auf den Tisch. »Dafür würde sich ein Lehrling schämen.«
    Bruder Eriaun

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