Die letzte Rune 04 - Die Flammenfestung
böse Nachricht. Sie hatte mit der Königin sprechen wollen. Auch wenn Inara noch sehr jung war, mußte sie dennoch einen Einblick in die hiesige politische Situation haben.
»Und was ist mit Herzog Falderan oder Lord Sul?« fragte sie. »Kann ich einen von ihnen sprechen?«
»Und wieder muß ich Euch enttäuschen, Mylady. Lord Sul ist nach dem Tod des Königs zu seinen Besitztümern im Norden Perridons abgereist. Herzog Falderan hält sich zwar hier auf Spardis auf, aber er ist im Frühling von einer schweren Krankheit heimgesucht worden und empfängt keine Besucher.«
Grace konnte ein Stirnrunzeln nicht unterdrücken. Warum war jeder, mit dem sie sprechen wollte, nicht verfügbar? Andererseits hätte sie wissen müssen, daß Inara noch in Trauer war. Der Tod ihres Gemahls war keine zwei Monate her. Und es war logisch, daß Lord Sul nach Hause zurückgekehrt war; zweifellos hatte der neue Regent seine eigenen Berater. Was nun Falderans Krankheit anging – von allen Leuten kannte sie die Wahrscheinlichkeit, auf dieser Welt zu erkranken, wohl am besten. Da brauchte man nur an die Flammenpest zu denken.
Obwohl aus dem, was sie bis jetzt gesehen und gehört hatte, hervorging, daß die Seuche Spardis noch nicht erreicht hatte. Aber das war seltsam, denn alle Beweise hatten auf Spardis als das Epizentrum der Pandemie gezeigt.
Grace stieß die angehaltene Luft aus. König Boreas hatte ihr gesagt, daß auf Schloß Spardis Geheimnisse warten würden, und sie hatte sie gefunden. Wenigstens würde sie nach Falkens und Melias Abreise etwas zu tun haben.
Siferd klatschte in die Hände und wandte sich an die versammelten Gäste. »Nun, wenn alle Fragen beantwortet sind, werde ich für Euch Gemächer vorbereiten lassen – die schönsten auf ganz Spardis.« Er verbeugte sich noch mehrmals vor Melia und eilte aus dem Großen Saal.
Falken schüttelte den Kopf. »Weißt du, eines Tages mußt du mir diesen Trick beibringen.«
»Darauf kannst du lange warten«, erwiderte Melia.
31
» Du mußt zugeben«, sagte Grace zu Travis und deutete mit dem Kopf auf den Barden und die Lady, die auf der anderen Seite des Großen Saals standen, »daß ehemalige Göttinnen und unsterbliche Barden ihren Nutzen haben. Ich glaube, die Füße des armen Kammerherrn haben kaum den Boden berührt, als er losstürmte, um uns Gemächer zu besorgen.«
Travis bedachte Graces Bemerkung mit einem Lächeln – er wußte ihre Bemühungen zu schätzen –, aber er war sich noch nicht sicher, ob er über dieses Thema schon scherzen konnte. Zumindest jetzt noch nicht. Das Lächeln verblaßte.
Sie zögerte und berührte ihn an der Schulter. »Wir sind diejenigen, die sich verändert haben, nicht sie. Sie haben sich nicht verändert, nur weil sie uns verrieten, wer sie in Wirklichkeit sind.«
»Grace, das weiß ich.« Er schaute auf seine Hände. »Glaub mir, das weiß ich. Ich brauche nur noch ein bißchen mehr Zeit, um mich daran zu gewöhnen, das ist alles.«
Sie verschränkte die Arme vor der Brust und wandte sich von ihm ab. »Ich glaube, für mich ist das einfacher. In gewisser Weise ist jeder für mich ein Fremder. Vielleicht macht es das schwerer, über Dinge überrascht zu sein, die ich über andere erfahre.«
Travis verspürte einen Stich in der Herzgegend. Er machte einen Schritt auf sie zu. »Bin ich für dich denn ein Fremder, Grace?«
Sie nickte, wobei sie ihm noch immer den Rücken zuwandte. »Aber ich liebe dich, Travis.«
Er öffnete den Mund, aber bevor er das aussprechen konnte, was er mehr als alles andere sagen wollte –
Ich liebe dich auch, Grace.
– setzte sie sich in Bewegung und ging zu Lirith und Aryn herüber, die zusammen mit Tira auf einer Bank saßen.
Travis seufzte, dann drehte er sich um und begab sich zu den Satteltaschen, die in einer Ecke des Großen Saals aufgestapelt waren. Durge und Beltan waren gegangen, um sich zu vergewissern, daß die Pferde vernünftig versorgt wurden. Er könnte sich nützlich machen, wenn er die Besitztümer der Gruppe sortierte. Er ging auf die Knie, um den Proviant zu überprüfen – und riß die Hand zurück. Zu spät. Die vier nadelspitzen Krallen trafen genau ins Ziel.
»Ich möchte mal wissen, was du gegen mich hast«, sagte er beleidigt und hielt sich die verletzte Hand.
Das schwarze Kätzchen leckte sich die Schnurrbarthaare und setzte das Schläfchen fort, das es in einer der Satteltaschen hielt. Travis wich vor dem Tier zurück. Dabei fiel sein Blick auf einen
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