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Die letzte Rune 06 - Die sterbende Stadt

Titel: Die letzte Rune 06 - Die sterbende Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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spiralförmige Umlaufbahn um den Dämon gezogen wurde. Das Blut von Orú hatte ihn gestärkt; er würde die Etherion in Stücke reißen.
    Wir müssen hier raus, wollte Grace sagen.
    Eine andere Stimme kam ihr zuvor.
    »Ich bin so müde, Schwester. So schrecklich müde. Ich kann nicht mehr tanzen.«
    »Melia!«, rief Falken. »Nein!«
    Grace riss den Kopf noch gerade rechtzeitig herum, um zu sehen, wie Melia die Säule losließ, an der sie sich festgeklammert hatte. Mit geschlossenen Augen schwebte die Lady nach oben in die Luft. Ihr kleiner Körper drehte sich, bis sie auf dem Rücken lag. Dann trieb sie vom Balkon fort und kreiste mit den Trümmern auf die Mitte der Etherion zu.
    »Falken!«, rief Beltan. »Halte Aryn fest!«
    Zu spät. Genau wie Melia schwebte auch die junge Baronesse mit geschlossenen Augen in die Höhe.
    Aryn!, wollte Grace durch die Weltenkraft rufen. Aryn, kannst du mich hören?
    Aber die einzige Antwort kam von dem Schatten, der mit Graces Lebensfaden verbunden war. Er drängte sich nahe an sie heran, hüllte sie ein, raubte ihr die Luft. Grace war zu erschöpft, um noch länger gegen ihn anzukämpfen. Ihre Augen schlossen sich.
    Nein, genau das will er doch. Er will, dass du dem Schatten der Vergangenheit nachgibst, damit er dich verschlingen kann.
    Grace zwang die Augen auf. Vor ihr sackte gerade Beltans Kopf auf die Schulter.
    »Beltan! Du musst wach bleiben.«
    Sie fing an, ihn zu schütteln, aber sein Arm wurde aus ihrem Griff gerissen, als er sich in die Luft erhob und sich Melia und Aryn anschloss. Vani war die Nächste. Die Glieder der Meuchelmörderin waren schlaff, ihre Augen geschlossen.
    Der Schatten hüllte Grace pulsierend ein. Alles schien dunkel zu werden. Die Rufe von Eulen erklangen in ihren Ohren.
    Falken, wollte sie rufen, aber sie konnte das Wort nicht formen. Nur mühsam konnte sie in dem Nebel den Barden ausmachen, der sich in die Luft erhob, um sich zu den anderen zu gesellen. Sie packte die Säule fester.
    Nicht die Augen zumachen, Grace. Ergib dich ihm nicht. Die Vergangenheit kann dir nichts antun. Sie kann dir  …
    Aber selbst Worte waren eine zu große Anstrengung. Die Säule schien unter ihren Fingern zu zerschmelzen. Ihr Körper wurde unerträglich schwer, und sie konnte der Anziehungskraft des Schattens nicht widerstehen. Grace schloss die Augen, und die Vergangenheit verschlang sie mit Haut und Haaren.

33
    »Es ist sinnlos«, sagte Sareth, wandte sich vom Rand des Abgrunds ab und legte eine Hand vor die Augen.
    Die Worte des Mournisch hallten durch die Unermesslichkeit der Höhle. Lirith verfolgte besorgt seine Bewegungen.
    »Also keine Spur von dem Gang«, sagte Durge.
    Sareth schüttelte den Kopf. »Hier ist nichts mehr, wie es war. Wenn es den Gang zur Stadt noch gibt, kann ich keine Spur von ihm entdecken. Ehrlich gesagt fürchte ich, dass es den Gang nicht mehr gibt.«
    »Also sind wir hier gefangen«, sagte Travis.
    Es war keine Anschuldigung, lediglich eine Feststellung. Trotzdem zuckte Sareth zusammen.
    »Es tut mir Leid.«
    Lirith gesellte sich zu dem Mournisch. »Das ist nicht Euer Fehler.«
    »Nein, Ihr irrt Euch. Es ist allein meine Schuld.« Er wandte sich von ihr ab.
    Die vier Gefährten waren noch immer auf dem Felsfinger versammelt, der in die Leere stach, neben dem Altar, auf dem Xemeth das Relikt gefunden hatte. Sareth hatte die Finsternis minutenlang nach dem Gang abgesucht, durch den er einst vor dem Dämon geflohen war; es war ihnen wie Stunden vorgekommen. Das grüne Flackern von Liriths Hexenlicht war tröstlich, aber es drängte die Finsternis nur ein paar Schritte zurück, also hatte Travis seine silberne Runenlichtkugel in die Leere geschickt und sie durch Felsspalten und Nischen rasen lassen.
    Wie Sareth schon gesagt hatte, es war sinnlos. Ein Loch im Felsen sah aus wie das andere; man konnte unmöglich sagen, wohin sie führten – falls sie überhaupt irgendwohin führten.
    Lirith betrachtete Sareth traurig. Dann verschränkte die Hexe die Arme vor der Brust und ging langsam auf den Altar zu.
    Travis seufzte. Sareth hätte sich keine Vorwürfe machen sollen. Es war Travis’ Idee gewesen, den Dämon aufzuhalten. Er hätte sich allein in die Tiefe begeben sollen. Aber das spielte jetzt keine Rolle mehr – Schuldzuweisungen würden ihnen nicht helfen, hier einen Weg heraus zu finden. Und es würde Grace und den anderen nicht helfen.
    Falls es nicht schon zu spät ist.
    Er starrte in die Finsternis hinauf, und ihm brach der

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