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Die letzte Rune 06 - Die sterbende Stadt

Titel: Die letzte Rune 06 - Die sterbende Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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dünnen schwarzen Hemden mit kurzen Ärmeln bekleidet waren.
    Dass sie Wächter waren, daran bestand kein Zweifel. Beltan war ein Anhänger von Vathris; er erkannte einen Krieger, wenn er ihn sah. Es waren ohne Ausnahme große Männer, mit kräftigen Armen, stiernackig, mit kurz geschnittenem Haar. Auf ihren Hemden war ein weißer Umriss zu sehen, der an eine Mondsichel erinnerte – sicherlich eine Art von Abzeichen. Aber der deutlichste Hinweis waren die an ihre Gürtel geschnallten Gegenstände. Die Dinger waren kurz, gedrungen und aus Metall. Beltan konnte nicht genau sagen, worum es sich dabei handelte, aber nach der Art und Weise zu urteilen, wie die Männer sie trugen, handelte es sich eindeutig um Waffen.
    Das Kribbeln setzte wieder ein; Nadelstiche überzogen seinen Hals und die Arme, während er hinter der Kiste kauerte. Einen Herzschlag später kam ein Wächter in Sicht. Er war nicht auf Patrouille, sondern lief zu einer bestimmten Aufgabe. Er berührte einen Draht, der um seinen Kopf gewunden war.
    »Hier spricht Clarkson. Die Sektionen Alpha und Beta sind klar. Gehe jetzt zu Sektion Gamma. Lastwagen eins und zwei sind bereits vollständig beladen, also könnt ihr mit Nummer drei anfangen. Gut, dann …«
    Die energischen Worte des Wächters verstummten wie abgeschnitten, als er um die Ecke bog. Das Kribbeln verschwand, und mit ihm das Gefühl drohender Gefahr. Beltan wandte sich der Schim-Pansi zu. Sie sah ihn an, die Augen in ihrem dunklen, faltigen Gesicht musterten ihn ruhig.
    »Sie haben etwas mit mir gemacht, Mylady«, sagte er heiser. »Genau wie mit dir.«
    Das Wesen schürzte die Lippen und gestikulierte mit den gebogenen Fingern. Zeit, weiterzugehen.
    Geduckt schob er sich in den Korridor, der Quelle eines grauen Lichtscheins entgegen. Die Schim-Pansi trottete hinter ihm her. Beltan wünschte, er könnte wie sie gehen und sich auf den Handknöcheln abstützen. Seine Sehnen fühlten sich wie nasses Leder an, das man in der Sonne getrocknet hatte; sich aufzurichten bereitete ihm Schmerzen.
    Nach dem ganzen Lärm und dem Aufruhr herrschte in dem Korridor nun eine unheimliche Stille. Gemeinsam passierten sie geöffnete Türen, die in Räume führten, die bis auf dem Boden liegenden, zerknüllten Papier oder von der Decke hängenden Drähte leer waren.
    Das Licht wurde heller. Voraus ertönte ein neuer Laut, ein Tosen, das Beltan nicht einzuordnen wusste. Es ließ ihn an das Knurren einer riesenhaften Bestie denken. Doch er verspürte kein Kribbeln. Wo auch immer seine neuen Instinkte herrührten, bis jetzt hatten sie ihn immerhin bis hierher gebracht. Er biss die Zähne zusammen, zwang seine Beine durch reine Willenskraft, sich weiterzubewegen, umrundete die Ecke.
    Und stieß um ein Haar mit einem Mann und einer Frau in langen weißen Mänteln zusammen.
    Beltans nackte Füße rutschten über den glatten Boden, fanden Halt, ließen ihn stehen bleiben. Die Schim-Pansi stieß mit ihm zusammen. Er starrte die beiden an, wartete darauf, dass sich die beiden Doktoren umdrehten, ihn erblickten und Alarm schlugen.
    Sie taten es nicht. Das Tosen war nun noch lauter, hallte durch die Öffnung, in der die beiden Doktoren standen. Auf der anderen Seite lag hellgraues Licht und kühle Luft.
    Die Doktoren unterhielten sich – ziemlich laut, um nicht von dem Lärm übertönt zu werden. Sie hatten Beltan und die Schim-Pansi nicht gehört. Aber warum hatte es nicht gekribbelt? Vielleicht waren seine neuen Instinkte ja doch nicht unfehlbar. Oder er schwebte nicht in unmittelbarer Gefahr – nicht solange sie ihn nicht gehört hatten.
    »… wird gerade beladen«, überschrie der Mann im weißen Kittel den Lärm.
    Die Doktorin hielt ihren Kittel zusammen, damit er nicht in dem kühlen Windzug flatterte. »Und das Testobjekt?«
    »Sie meinen E-1?«
    »Ja. Den Nichtmenschen.«
    »Der ist bereits im gleichen Lastwagen.«
    Die Doktorin drehte sich etwas, und Beltan erkannte ihr Profil. Sie war es, die Frau aus seinem Raum, die er erschreckt hatte, als er sie ansprach. Ihm fielen wieder die Worte ein, bei denen er sie belauscht hatte.
    Doktor Ananda M. Larsen. Ende der Aufnahme.
    »Wissen Sie, warum der Befehl zur Evakuierung gegeben wurde?«, fragte Larsen; die Kälte ließ sie die Schultern nach vorn krümmen.
    Der Mann zuckte mit den Schultern. »Wer weiß das schon? Vergessen Sie nicht, wir sind bloß Kopfarbeiter. Hier haben die Muskelmänner den Befehl. Soviel ich gehört habe, haben sie unsere Basis entdeckt

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