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Die letzte Rune 06 - Die sterbende Stadt

Titel: Die letzte Rune 06 - Die sterbende Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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herab. Durge traten die Augen hervor, und Grace fragte sich einen Augenblick lang, ob der treue Ritter am Rand eines Herzanfalls stand.
    Lirith berührte seinen Arm. »Durge, er meint Wein.«
    Der Ritter entspannte sich sichtlich erleichtert und nahm von einer der Hofdamen einen Pokal entgegen. Aryn schlug eine Hand vor den Mund, um ein Lachen zu unterdrücken.
    Ein wohl geformter junger Mann reichte Beltan einen Pokal. Der blonde Ritter grinste. »Daran könnte man sich gewöhnen.«
    »Ich glaube, genau das ist das Problem, Beltan«, sagte Grace leise. »Er hat sich daran gewöhnt.«
    Auf dem Thron gab der Kaiser ein Stöhnen von sich, als mehrere der Hofdamen ihre Finger in seinem Haar vergruben. Er wedelte mit der Hand.
    »Weg mit euch! Ihr alle! Ab morgen wird es hier wieder Eunuchen geben. Sie sind so langweilig wie Steine, aber wenigstens kichern sie nicht ununterbrochen.«
    Lirith zögerte, dann ging sie zum Thronpodest, wo sie einen fast so eleganten Hofknicks machte wie Melia.
    »Verzeihung, Eure Herrlichkeit.«
    Der Kaiser sah sie unwirsch an. »Was sollte ich dir verzeihen, Mädchen? Hast du mich beleidigt?«
    »Nur eine vorbeugende Entschuldigung, Eure Herrlichkeit.«
    Ephesian lachte. »Die gefällt mir, Melia. Sie ist schlau. Kann ich sie haben?«
    »Ich fürchte, es liegt nicht in meiner Macht, sie zu verschenken.«
    »Wie schade. Nun gut, sprich weiter, Mädchen, du hast dich entschuldigt. Melindoras Anblick hat mich in gute Stimmung versetzt, also werde ich dich für deine Unverschämtheit vermutlich nicht auspeitschen lassen.«
    Lirith schluckte. »Ich fand nur, ich sollte einen Vorschlag machen, Eure Herrlichkeit. Wenn Euch das alles hier« – sie zeigte auf die Körper, die sich um den Thron drängten –, »diese Dekadenz und dieses Schwelgen, langweilig geworden ist, solltet Ihr über eine Alternative nachdenken.«
    Der Kaiser legte die Hände auf die Wölbung seines Bauches. »Eine Alternative? Wie sollte die denn aussehen?«
    »Nun, wie wäre es mit Tugendhaftigkeit und Sittsamkeit?«
    Ephesian wiederholte die Worte, als wären sie in einer fremden Sprache gesprochen worden. »Tugendhaftigkeit und Sittsamkeit? Nur um sicherzugehen, dass ich dich richtig verstanden habe, Mädchen. Du meinst, ich soll aufhören, dem Essen, dem Wein und dem Geschlechtsverkehr zu frönen?«
    »Ihr müsst das nicht aufgeben, Eure Herrlichkeit. Nicht ganz. Nur in Maßen genießen.«
    »In Maßen?« Die Augen des Kaisers leuchteten auf, und er klatschte in die Hände. »Ja, Mäßigung. Wie herrlich pervers! Die Leute werden völlig angewidert sein – es gefällt mir. Bitte, du musst mir mehr über diese Tugendhaftigkeit erzählen, wie du es nennst. Das ist eine Idee aus dem Norden, nicht wahr? Da oben gibt es nur Felsen und Wind und eiskaltes Wasser, wie ich gehört habe. Es verwandelt Männer in Perverslinge, richtig?«
    Lirith wollte darauf eine Antwort geben, aber in diesem Augenblick stürmte der Soldat, den der Kaiser ausgesandt hatte, quer durch den Thronsaal und warf sich vor dem Thron auf die Knie.
    Ephesian runzelte die Stirn. »Habe ich dir nicht befohlen den Meister des Tores zu holen? Aber ich sehe ihn nirgendwo.«
    »Vergebt mir, Eure Herrlichkeit«, sagte der Soldat. »Ich konnte den Meister nicht bringen.«
    »Und warum nicht?«
    »Weil er tot ist, Eure Herrlichkeit.«
    Grace fühlte, wie ihr Herz einen Schlag lang aussetzte.
    »Tot?«, wiederholte Ephesian mit einem finsteren Blick. »Wieso das denn? Ich kann mich nicht erinnern, heute seine Hinrichtung befohlen zu haben.«
    »Allem Anschein nach war es Gift, Eure Herrlichkeit. Und wir haben etwas bei ihm gefunden. Etwas Seltsames.«
    Nein, das konnte nicht sein.
    »Und, was denn?«, verlangte Ephesian ungeduldig zu wissen.
    Der Soldat streckte die Hand aus. Darauf lag eine zerknitterte, aber noch immer deutlich erkennbare Spinne aus Gold.

26
    Ephesian beugte sich vor und kniff die Augen zusammen, während Melia und Falken vortrugen, was sie über die ermordeten Götter in Erfahrung gebracht hatten. Die üppigen jungen Hofdamen und hübschen jungen Männer waren weggeschickt worden – um sich etwas zum Anziehen zu suchen, wie Grace hoffte.
    »Ist das alles wahr, Melindora?«, fragte Ephesian mit finsterem Blick. »Ihr habt gewusst, welche Fraktion hinter dem Tod von Ondo, Geb und Sif steckt, ganz zu schweigen von den verabscheuungswürdigen Angriffen auf die Tempel meiner Stadt, und Ihr habt es mir nicht gesagt?«
    »Bitte vergesst nicht, Eure

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