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Die letzte Rune 06 - Die sterbende Stadt

Titel: Die letzte Rune 06 - Die sterbende Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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jenseits unserer Erfahrungen lag.«
    »Also konnten die Neuen Götter ein Tor zur Erde öffnen«, meinte Travis nachdenklich.
    »Es war nicht ganz so einfach, wie du es klingen lässt. Es bedurfte der Zusammenarbeit fast aller von uns – eine Allianz, die, wie ich fürchte, nie wieder zusammenfinden wird. Und trotzdem glaube ich nicht, dass wir Erfolg gehabt hätten, hätte nicht jemand versucht, das Tor von der anderen Seite zu öffnen.«
    Jetzt war Grace völlig verwirrt. »Was meinst du damit? Was hätte von der anderen Seite aus arbeiten können?«
    Aber bevor der Barde oder die Lady antworten konnten, ergriff Travis das Wort. »Es war das hier, nicht wahr?« Er zog etwas aus der Tasche. Es handelte sich um einen graugrünen Stein. Sinfathisar.
    Falken nickte. »Das glauben wir auch. Zumindest jetzt – damals wussten wir nicht, dass der Stein des Zwielichts sich auf der Erde befand. Aber seine Magie funktionierte wie ein Leuchtfeuer, das die Macht der Neuen Götter zur Erde lenkte und ein Tor öffnete.«
    »Darum bist du nach Castle City gekommen, Grace«, sagte Travis. »Und darum haben dich die Leute von dem Waisenhaus auch dort gefunden. Weil Jack Graystone Sinfathisar hatte. Und ich vermute, genau darum kamen letzten Herbst auch die Eisenherzen und Phantomschatten nach Castle City. Sie wurden von dem Ding angezogen, das sie suchten.« Er fasste den Stein fester.
    »Wir wissen es nicht genau«, sagte Falken. »Aber es macht Sinn. Wir wissen, dass der Fahle König den Großen Stein Gelthisar in seinem Besitz hat. Es kann nur so sein, dass seine Macht groß genug war, dass er einige seine Diener auf deine Welt schicken konnte. Und genau wie Grace kamen sie in der Nähe des Ortes an, an dem Sinfathisar verwahrt wurde.«
    Graces Augen brannten, und sie spürte, wie sie sich mit Tränen füllten. Endlich wusste sie, dass man sie als Kind nicht ausgesetzt hatte. Sie hatten sie geliebt, und sie hatten versucht, sie zu beschützen. Aber warum fühlte sie sich dann so einsam, dass sie es nicht ertragen konnte?
    »Warum?«, flüsterte sie. »Warum habt ihr mich dort allein hingeschickt? Warum habt ihr mich …«
    Warum habt ihr mich an diesen Ort geschickt, in das Waisenhaus, zu dem Schatten?, wollte sie fragen, aber die Worte blieben ihr im Hals stecken.
    Melia zögerte, dann nahm sie Graces Hände.
    »Wir haben dich nicht allein dorthin geschickt, Grace. Das heißt, wir wollten es nicht. Hüter Merric hielt dich, als wir das Tor öffneten. Er sollte mit dir gehen, um dich zu beschützen. Aber … etwas ging schief.«
    Grace schüttelte den Kopf, unfähig, noch ein weiteres Wort zu äußern. Melia verstärkte ihren Griff.
    »Du warst so klein, so zerbrechlich. Du trugst ein Kleid, das Anilena für dich genäht hatte, und Falken hatte dir die Kette um den Hals gelegt, denn er hatte sie bei Anilena gefunden. In dem Augenblick, in dem Merric durch das Tor trat, spürten wir es alle: eine Wesenheit auf der anderen Seite. Was es war – oder wer –, das wissen wir bis zum heutigen Tag nicht. Aber sie war groß, und sie war mächtig. Und sie war böse. Ich musste zusehen, wie Merric schmerzerfüllt aufschrie. Ich konnte die andere Seite des Tores sehen – den Berg, wo man dich gefunden haben muss. Mit letzten Kräften stemmte Merric deinen kleinen Körper nach vorn. Ich sah dich fallen, wie du weinend durch das Gras rolltest. Dann schrie Merric erneut auf, und er wurde von etwas in Stücke gerissen, das keiner von uns sehen konnte. Danach schloss sich das Tor, und wir konnten es nicht wieder öffnen.«
    Melia ließ ihre Hände los. »Es tut mir so Leid, Ralena. Es tut mir so Leid, dass wir dich allein gelassen haben. Wir wollten dich beschützen, und ich fürchte, wir haben das genaue Gegenteil erreicht. Bitte … wirst du uns jemals verzeihen können?«
    Grace wollte sprechen, aber sie brachte keinen Ton hervor. Nur ein leises Stöhnen, während sie den Kopf schüttelte. Schmerz huschte über Melias Gesicht, und die Lady trat zurück. Nein, sie verstand nicht. Verzweifelt suchte Grace nach Worten, fand sie und setzte sie zusammen.
    »Es gibt nichts zu verzeihen. Du hast alles getan, was du für mich tun konntest. Ich lebe.«
    Und meine Seele ist tot. Aber das sagte sie nicht laut. Das war weder Melias Schuld noch Falkens. Sie hatten ihr Leben dem Schutz ihrer Familie gewidmet. Ohne sie wäre Grace nie geboren worden.
    Falken grinste jetzt. »Es spielt keine Rolle, was passiert ist, Grace. Dir geht es gut, und du

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