Die letzte Rune 08 - Das Schwert von Malachor
gegeben hätte, hätte er vielleicht in Erwägung gezogen, den Stein zu benutzen. Aber noch hatte er den Skarabäus. Sie mussten dem Scirathi nur das Tor-Artefakt abnehmen. Und die Vorstellung, sich dem Zauberer zu stellen, war weniger Furcht einflößend als die Vorstellung, wie ein Runenmeister zu handeln. Weil der Augenblick, an dem er wirklich glaubte, Kontrolle über seine Macht zu haben, der Augenblick war, an dem er verloren war.
Bevor er ihr das alles erklären konnte, keuchte Lirith auf. Sie schoss mit weit aufgerissenen Augen in die Höhe und blieb stocksteif stehen.
»Sareth!«, rief sie.
Durge erhob sich von seinem Stuhl. »Was ist, Mylady?«
»Etwas ist geschehen«, stieß sie atemlos hervor. »Etwas Schlimmes.«
Durge runzelte die Stirn. »Nein, Mylady, ich bin sicher, es geht ihm gut. Sheriff Tanner hat vergangene Nacht im Gefängnis Wache gehalten, und der junge Wilson wollte bleiben und ihm behilflich sein. Ich glaube, Sareth war sicherer, als wir es waren.«
»Nein, Ihr irrt Euch«, beharrte Lirith in gequältem Tonfall.
So wie sie ins Leere starrte, war Travis klar, dass sie etwas gesehen hatte, was dem Rest von ihnen verborgen bleiben würde – es hatte mit der Sicht zu tun. »Was ist denn?«
Lirith hatte sich bereits in Bewegung gesetzt. »Ich muss zum Gefängnis.«
Travis wusste, dass keiner sie aufhalten konnte. »Durge, lasst sie nicht aus den Augen. Jack, du bleibst hier bei Maudie. Verlass auf keinen Fall das Bluebell, hast du verstanden?«
Vielleicht hatte Travis ja doch eine bessere Kontrolle über seine Macht als angenommen, denn Jack nickte bloß und hielt seine Teetasse fester. Lirith und Durge waren bereits aus der Tür, und Travis schnappte sich seinen Hut und eilte hinter ihnen her.
Die Sonne hatte gerade die Höhe der Signal Ridge erreicht, und Travis fing auf der Stelle an zu schwitzen. Er holte Durge und Lirith ein, und sie rannten stumm die unbefestigte Straße entlang. Als sie das Gefängnis erreichten, sah alles aus wie immer; auf der Straße war es ruhig. Durge übernahm die Führung und polterte die Stufen hinauf, zusammen platzten sie hinein.
Sheriff Tanner saß zusammengesunken auf dem Schreibtischstuhl, die Arme baumelten an seinen Seiten herunter, das Gesicht lag auf dem Schreibtisch in einer Pfütze aus Erbrochenem. Er regte sich nicht.
»Sareth!«, rief Lirith. Die Tür zum Zellentrakt stand einen Spalt weit geöffnet, und sie stieß sie weit auf. Travis brauchte nicht hineinsehen, um zu wissen, dass Sareths Zelle leer war. Lirith stieß ein Wimmern aus und fiel auf die Knie.
Durge stand bereits an Tanners Seite und drückte zwei Finger gegen den Hals des Sheriffs. »Er lebt, aber sein Herz schlägt schwach.«
Travis zwang seine Beine, ihn vorwärts zu tragen. Was stimmte nicht mit Tanner? Neben seinem Kopf stand eine zur Hälfte geleerte Tasse Kaffee. Durge brachte den Sheriff in eine aufrechte Position; Tanners Kopf kippte zur Seite.
»Lirith«, sagte der Ritter. »Ihr müsst Euch um Tanner kümmern.«
Die Hexe wiegte sich weinend vor und zurück, die Hände gegen den Leib gedrückt.
Etwas fiel Travis ins Auge. Die Tür zum Schuppen stand offen. Er ging hinein. Es gab nicht viel zu sehen. Nur den kleinen Ofen, auf dem Tanner und die Deputys Kaffee in einer Blechkanne kochten. Ofen und Kanne waren kalt. Dann sah Travis das Funkeln.
Er kniete nieder. Zwei kleine Glasfläschchen lagen auf dem Boden. In einer klebten noch immer die Reste einer sirupartigen Flüssigkeit. Er nahm die Flaschen, und als er aufstand, sah er, dass die Ofenklappe ein Stück offen stand. Darin befand sich zusammengeknülltes Papier. Das meiste war verbrannt, aber ein paar Seiten waren nur an den Rändern angesengt. Travis zog ein Blatt heraus. Er stellte die Fläschchen auf den Ofen, dann glättete er das Papier. Darauf befand sich die Zeichnung eines Mannes mit einem schwarzen Hut, der einen anderen Mann mit einem Stern auf der Brust erschoss.
Travis fröstelte, als sein Schweiß plötzlich eiskalt wurde. Er nahm die Fläschchen und das Papier und kehrte zurück in das Büro. Lirith schien sich gefasst zu haben, auch wenn sie noch immer totenblass war. Sie untersuchte Tanner, während Durge zusah. Sie hob eines von Tanners Lidern: Seine Pupille war weit gedehnt. Sie nahm die Kaffeetasse und schnupperte, dann schaute sie auf.
»Der Kaffee ist mit Mohntinktur versetzt«, sagte sie. »Viel mehr, als für gewöhnlich erforderlich ist.«
Durge schaute sie finster an. »Was
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