Die letzte Rune 08 - Das Schwert von Malachor
bringen?«, flüsterte Travis.
Ein Chor aus Stimmen schien ihm in seinen Gedanken zu antworten. Ja, das können wir …
Travis las weiter von den vielen Wundern, die die Runenmeister vollbracht hatten. Er blätterte um – und die Aufregung in seinem Inneren verpuffte und hinterließ nur Leere. Die Worte auf der Seite brannten förmlich in seinen Augen.
Es ist den Runenmeistern bekannt, dass Götter, Drachen und Hexen, die über die Sicht verfügen, allesamt sein Kommen vorhergesagt haben. Der mit Namen Runenbrecher wird die Rune Eldh zerschmettern, die die Erste Rune war, die der Weltenschmied sprach und dann am Anfang der Welt in den Dämmerungsstein band. Und so wird die Erste Rune auch die Letzte Rune sein, denn wenn sie zerbricht, wird die Welt enden, und in diesem Augenblick hören alle Dinge auf zu existieren.
Nichts davon spielte eine Rolle. Die Wunder, die schönen Dinge, die Runenmagie geschaffen hatte. Nichts davon spielte eine Rolle, wenn er am Ende dazu verdammt war, alles zu zerstören.
Konnte er dem denn nirgendwo entkommen? Nicht einmal hier in Castle City war es ihm vergönnt, nicht an sein vorherbestimmtes Schicksal erinnert zu werden. Vani und Sareths Al-Mama hatten behauptet, er gehöre zu den Schicksalslosen, aber wie konnte das stimmen? War es denn nicht das Schicksal, das alle Dinge bestimmte? Er ergriff den Bleistift und setzte ihn verbissen auf der Seite an, als wollte er die Worte durchstreichen. Stattdessen schrieb er wütend etwas an den Rand des Absatzes. Dann warf er den Bleistift weg und klappte das Buch zu.
Er stand auf. In dem Zimmer war es heiß; er konnte nicht atmen. Er musste nach draußen. Travis wandte sich ab, dann zögerte er, schnappte sich das Buch und steckte es in seine Gesäßtasche. Er stürmte aus der Vordertür, die Stufen hinunter, und ging die Grant Street dann so schnell entlang, wie ihn seine Beine trugen.
Du solltest das nicht tun. Du weißt nicht, wem du begegnen könntest – Gentry, Ellis, vielleicht sogar Hale. Vermutlich lässt dich der Zauberer von ihnen überwachen.
Aber sie würden nicht angreifen, oder? Der Scirathi stellte ihm auf der Bar L Ranch eine Falle, und er war viel zu klug, das durch einen seiner Henkersknechte zu gefährden, indem sie zu früh zuschlugen. Travis fühlte sich mutig, fast schon leichtsinnig; er bog zweimal ab, dann marschierte er über die staubige Elk Street.
Die Hauptstraße lag ziemlich verlassen da. Es hatte den Anschein, als wüsste jeder Bewohner, dass etwas geschehen würde, etwas Schreckliches, und sie waren in Deckung gegangen, bis der Sturm vorüber war. Die für gewöhnlich so betriebsamen Läden waren leer, und viele der Fassaden – in der Hauptsache Saloons – waren verbarrikadiert. Der Kreuzzug für Anstand hatte seine Arbeit gut gemacht. In dieser Stadt hatten sie die Sünde ausradiert. Und mit ihr jedes Anzeichen von Leben.
Ein an einen Pfosten genageltes Blatt Papier erregte seine Aufmerksamkeit. War das eines ihrer Gebote? Aber als er näher kam, sah er, dass es sich um einen alten Steckbrief handelte, der gleiche, den er hinten im Saloon gefunden hatte.
Gesucht: Tot oder Lebendig:
Tyler Caine, der Mörder.
Travis riss den Steckbrief ab, faltete ihn zusammen und schob ihn sich in die Hemdentasche. Er überlegte, beim Sheriffbüro vorbeizugehen und nach Durge zu sehen. Andererseits hatte er seine Zweifel, dass sich der Ritter um viele Gesetzesverstöße kümmern musste. Langsam hatte er den Eindruck, dass Castle City so gut wie verlassen war.
Dann entdeckte er die kleine Menschenmenge und den schwarzen Wagen.
Er ging darauf zu. Der Wagen war an einer Gassenmündung abgestellt worden. Es handelte sich um ein rechteckiges Gefährt mit einem kleinen Fenster auf der Seite; die schwarz lackierten Paneele waren staubig und voller Blasen. Zuerst hielt Travis es für eine Postkutsche. Dann betrachtete er die Form, die Farbe und das kleine Fenster, und ihm wurde klar, dass das Gefährt zwar zur Passagierbeförderung gedacht war, aber nicht aufrecht sitzend, sondern in einem Sarg.
Zwei Pferde mit Senkrücken waren an den Wagen angeschirrt; mit ihren gesenkten Köpfen sahen sie aus, als wäre nicht genug Leben in ihnen, um den Leichenwagen zehn Meter zu ziehen, geschweige denn durch einen Bergpass. Die zwanzig Leute, die sich halbkreisförmig um den Wagen versammelt hatten, sahen nicht viel besser aus. Nach ihren schäbigen Klamotten zu urteilen, handelte es sich um Minenarbeiter und Waschfrauen. Sie
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