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Die letzte Rune 09 - Das Tor des Winters

Titel: Die letzte Rune 09 - Das Tor des Winters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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einschlafen können.
    Ihr Gemach war dunkel – das Feuer war niedergebrannt –, aber durch einen Spalt in den Vorhängen fiel ein Splitter Mondlicht. Sie stolperte auf dem Weg zum Fenster und zog die Vorhänge zur Seite, um mehr von dem silbrigen Licht ins Zimmer zu lassen.
    Aryn erstarrte. Unten auf dem Oberen Burghof schlich eine schlanke, in Schwarz gekleidete Gestalt umher. Die Gestalt trat in einen Schatten und verschwand, aber Aryn hatte genug gesehen, um zu wissen, wer das war.
    »Was hast du nur vor, Teravian?«, flüsterte sie. Das konnte sie nur herausfinden, wenn sie ihm folgte, aber bis sie unten auf dem Burghof wäre, würde er schon lange fort sein.
    Vielleicht gibt es einen schnelleren Weg, Schwester.
    Aryn erlaubte sich keinen Augenblick, darüber nachzudenken, aus Furcht, dann ihre Meinung zu ändern. Sie ging zur Kommode und nahm den Handschuh, den Teravian früher am Tag verloren hatte, dann setzte sie sich auf einen Stuhl.
    Das war albern und gefährlich. Als Grace diesen Zauber einmal ausgeführt hatte, hätte sie beinahe für alle Zeit ihren Geist verloren. Ohne Ivalaines Eingreifen wäre Grace gestorben. Aryn wusste, dass sie Lirith hätte holen sollen.
    Nein, dazu ist keine Zeit. Alle behaupten immer, dass du so stark bist. Nun, jetzt ist die Zeit gekommen, es zu beweisen. Wenn sie Recht haben, dann kannst du das schaffen.
    Sie nahm den Handschuh mit beiden Händen, dann griff sie mit der Gabe zu, webte einen Faden entlang der Weltenkraft und hüllte damit den Handschuh ein.
    Im nächsten Augenblick flog sie. Sie schaute über die Schulter und sah sich durch das Fenster zu ihrem Gemach, wie sie mit offenen, blicklos starrenden Augen in einem Teich Mondlicht saß. Ein silberner Faden erstreckte sich zu ihrem Körper. Sie wusste, sollte dieser Faden durchtrennt werden, dann würde sie sterben. Sie verdrängte den Gedanken, schaute nach vorn und ließ sich von der Magie ziehen.
    Der Zauber führte sie auf den Oberen Burghof. Sie passierte die Schatten des Bergfrieds, dann erhoben sich federhafte Umrisse vor ihr, die das Licht des Mondes umspielte. Aryn fühlte ein Ziehen, als der Zauber sie durch ein schmiedeeiserne Tor in den Schlossgarten zog.
    Sie raste die gewundenen Pfade entlang, und ihr wurde schwindelig; es war schrecklich kalt. Starb sie? Sie schaute zurück, aber der Lebensfaden erstreckte sich noch immer hinter ihr. Der Zauber führte sie weiter, tiefer in den Garten hinein.
    »Ich wusste, dass du kommst«, sagte eine Frauenstimme.
    Wäre es Aryn möglich gewesen, hätte sie aufgeschrien. War sie irgendwie gesehen worden?
    »Es ist nicht so, als hätte ich wirklich eine Wahl gehabt, oder?«, erwiderte eine andere Stimme höhnisch, die Aryn sofort als die Teravians erkannte. Die Frau hatte nicht sie angesprochen, sondern den Prinzen.
    Aryn schwebte die Pfadbiegung entlang und verharrte. Vor ihr war eine von Valsindar- Bäumen umgebene kleine Lichtung. Teravian stand in der Mitte; seine dunkle Kleidung verschmolz mit der Nacht, sein Gesicht schimmerte bleich im Mondlicht. Die Frau, die gesprochen hatte, stand ein paar Schritte von ihm entfernt, aber Aryn konnte sie nicht erkennen, denn sie wurde von Kopf bis Fuß von einem Umhang verhüllt.
    »Du bist gehorsam«, sagte die Frau mit heiserer Stimme zu Teravian. »So wie es ein Sohn sein sollte.«
    Er lachte scharf. »Ich bin auch sein Sohn, nicht wahr? Trotzdem bin ich hier.«
    Aryn war verwirrt. Wovon sprachen sie da? Teravian war allein Boreas' Sohn. Seine Mutter, Königin Narenya, war vor vielen Jahren gestorben.
    »Du weißt, was man von dir verlangen wird, nicht wahr?«, sagte die Frau.
    Er starrte in die Finsternis. »Ich habe es gesehen. Jedenfalls Teile davon. Es sind blitzartige Bilder. Da ist ein Schlachtfeld, zwei Heere stehen einander gegenüber. Beide Heere führen Banner mit der Krone und den Schwertern von Calavere, aber das eine ist grün und gelb statt silbern und blau.«
    Die Frau trat näher an ihn heran. »Und was siehst du sonst noch? Welches Heer wird siegen?«
    »Ich weiß es nicht. Danach ist alles nur noch nebelhaft – ich kann es nicht sehen.« Er kniff die Augen zusammen. »Und warum interessiert dich das überhaupt? Du hast dich doch von ihnen getrennt, oder nicht?«
    »Interessiert? Warum es mich interessiert?« Die Frau murmelte die Worte, als wollte sie ihre Bedeutung ergründen. »Ich glaube, mich interessiert gar nichts mehr, abgesehen davon, ihn davon abzuhalten, dich zu benutzen.«
    Seine Lippen

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