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Die letzte Rune 11 - Das Blut der Wüste

Titel: Die letzte Rune 11 - Das Blut der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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es?
    Sie starrte die T'gol an. Vanis Gesicht war schärfer geschnitten als zuvor, aber es war noch immer schön, sogar zart. Tätowierungen wie Schlingpflanzen akzentuierten den Schwung ihres Halses; in ihrem linken Ohr funkelten dreizehn Goldringe. Aber Deirdre wusste, dass es ein Fehler gewesen wäre, sich von dieser Schönheit einlullen zu lassen. Vani war eine Meuchelmörderin, seit frühester Jugend in der Kunst des Anschleichens, der Infiltration und des lautlosen Tötens ausgebildet.
    Vani spielte auf viele Dinge an, die Deirdre bereits bekannt waren, Dinge, die sie bereits bei ihrer ersten Begegnung mit der T'gol erfahren hatte und die sie in ihren Berichten für die Sucher dokumentiert hatte: dass Vanis Volk dem Glauben anhing, Travis Wilder sei vom Schicksal dazu ausersehen, Morindu die Finstere aus dem Sand zu holen, der sie vor langer Zeit begraben hatte, und dass die Zauberer mit den Goldmasken, die Scirathi, sie zuerst erreichen wollten, um die in ihr verborgene Magie für ihre eigenen Zwecke zu beanspruchen.
    »Aber was liegt in Morindu eigentlich genau begraben?«, fragte Deirdre, rieb sich die Schläfen und sprach ihren Gedanken aus, ohne es eigentlich überhaupt zu wollen.
    »Eine gute Frage«, sagte Beltan. Der große Mann saß auf dem Boden und arbeitete sich durch eine gewaltige Schüssel mit Popcorn.
    »Das weiß mein Volk nicht mit Sicherheit«, sagte die T'gol und ging vor dem von einem Vorhang bedeckten Fenster auf und ab. »Es gibt keine Aufzeichnungen mehr, die die letzten Tage des Krieges der Zauberer überstanden haben. Wir wissen nur das, was unsere Geschichtenerzähler weitergegeben haben. Am Ende waren auch keine Morindai mehr da, denn als das Heer von Scirath anrückte, hatte man den Bewohnern von Morindu befohlen, aus der Stadt zu fliehen. Nur die sieben A'narai, die Schicksalslosen, die im Namen des Gottkönigs Orú herrschten, blieben zurück. Sie und der Angekettete Gott. Orú.«
    Der Krieg der Zauberer. Deirdre hatte Vani diese Worte schon zuvor sagen hören. In Denver hatte die T'gol ihnen von dem großen Feuersturm erzählt, der vor dreitausend Jahren die uralten Stadtstaaten von Amún auf Eldhs südlichstem Kontinent erfasst hatte. Die mächtigen und zornigen Zauberer hatten sich gegen die arroganten Gottkönige der Stadtstaaten erhoben, um sie zu stürzen und ihren Platz einzunehmen. Aber Morindu war einzigartig, denn es war eine Stadt der Zauberer, beherrscht von den mächtigsten unter ihnen. In Angst und Misstrauen hatten die anderen Stadtstaaten sie Morindu die Finstere genannt.
    Am Ende des Krieges der Zauberer war ein großes, von den Zauberern von Scirath angeführtes Heer auf die Stadt zumarschiert. Statt von ihren Feinden besiegt zu werden und seine Geheimnisse plündern zu lassen, hatte sich Morindu entschieden, sich selbst zu zerstören. Als das Heer eintraf, hatte es nur die leere Wüste vorgefunden.
    Kurz darauf endete der Krieg der Zauberer mit einer verheerenden Katastrophe, die die Stadtstaaten vernichtete und ganz Amún verwüstete und in eine Ödnis verwandelte. Die wenigen Überlebenden flohen nach Norden ans Ufer des Sommermeeres, um in Al-Amún die Zivilisation von Neuem zu beginnen. Schließlich fanden einige Morindai den Weg über das Meer nach Falengarth, dem nördlichen Kontinent, und wurden dort zu dem fahrenden Volk namens Mournisch. Das war Vanis Volk. Aber Vani war keine normale Zigeunerin. Deirdre wusste, dass die T'gol ihre Herkunft bis zum königlichen Geschlecht von Morindu der Finsteren zurückverfolgen konnte.
    »Na schön«, sagte Beltan mit dem Mund voll Popcorn. »Wenn die Mournisch nicht wissen, was in Morindu begraben liegt, dann verrate mir doch eines: Was glauben denn die Scirathi, was dort ist? Warum sind sie so begierig, es in ihre Klauen zu kriegen?«
    Vani stemmte die Hände in die Hüften. »Vermutlich viele Dinge. Zauberbücher. Artefakte der Macht. Schätze aus Gold und Edelsteinen. Oder vielleicht …«
    »Blut«, sagte Travis. »Sie wollen Blut.«
    Deirdre fröstelte. Travis hatte einige Zeit lang ein Artefakt in der Form eines goldenen Insekts besessen, ein lebendes Schmuckstück, das man Skarabäus genannt hatte. Der Skarabäus hatte drei Tropfen Blut von dem Gottkönig Orú enthalten. Damit hatte Travis das Tor-Artefakt aktivieren und einen Weg nach Eldh öffnen können.
    »Du glaubst, sie wollen Blut der Macht«, sagte sie. »Blut vom Gottkönig Orú.«
    Travis schüttelte den Kopf. »Nein, ich glaube, sie wollen Orú.«

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