Die letzte Rune 11 - Das Blut der Wüste
mir ein paarmal erzählt, dass die Scirathi mit ihr sprechen. Aber ihre Geschichte ist jedes Mal anders. Zuerst hätten sie gesagt, sie sei ein kostbares Schmuckstück, dann war es ein kleiner Käfer, und jetzt ist es ein Schlüssel. Aber ich kann mir nur vorstellen, dass sie das geträumt hat. Sie sind nie nahe genug an sie herangekommen, um mit ihr sprechen zu können.«
»Nein?«, fragte Travis. »Heute waren sie direkt vor ihrem Schlafzimmerfenster. Außerdem hast du vergessen, wie …« Er warf einen flüchtigen Blick auf Beltan. »Sie ist nicht wie andere Kinder, Vani. Das weißt du genau.«
Deirdre hatte die Geschichte gehört: Wie die Elfen Beltan und Vani getäuscht hatten, wie sie jeden von ihnen glauben gemacht hatten, der andere sei Travis. Vom Elfenzauber gefangen, hatten sie Nim gezeugt. Aber da war noch mehr. Duratek hatte mit Beltan experimentiert, ihm Infusionen mit Elfenblut gegeben. In gewisser Weise war Nim ein Elfenkind. Deirdre war sich nicht sicher, was das zu bedeuten hatte, aber das Mädchen war mit Sicherheit keine typische Dreijährige.
Die Unterhaltung wandte sich dem Torbogen zu, den man auf der Insel Kreta entdeckt hatte. Vani war fest davon überzeugt, dass es ein Zeichen des Schicksals war, dass man den Steinbogen in genau dem Augenblick entdeckt hatte, in dem Travis nach Eldh zurückkehren musste, um sein Schicksal erfüllen zu können.
»Ich weiß nicht, ob das Schicksal ist«, sagte Travis und schaute auf seine Hände. »Aber immerhin würde ich wetten, dass es kein Zufall ist, wenn das Tor genau in dem Augenblick entdeckt wurde, in dem man auf Eldh Morindu gefunden hat. Es muss eine Verbindung geben. Aber wie sieht die aus?«
Vani ergriff seine Hände. »Du bist die Verbindung, Travis Wilder. Kannst du das nicht verstehen? Das Tor ist ans Licht gekommen, weil Morindu gefunden wurde. Es will dich dorthin bringen.«
Er riss die Hände zurück. »Und wenn ich nicht gehen will?«
»Du wirst gehen, weil es das Schicksal so will.«
»Ich habe kein Schicksal«, fauchte Travis, und Beltan warf ihm einen besorgten Blick zu.
Vani erschien ungerührt. »Vielleicht nicht. Aber mein Volk schon, und sein Schicksal ist mit dem deinen verknüpft. Du wirst nach Morindu gehen. Wir müssen sofort zu diesem Weltentor. Dein Blut wird es erwecken.«
»Blut«, murmelte Deirdre, ihr Verstand raste. Sie sah zu der schlafenden Nim herüber. »Das ist es, was du mit Nim gemeinsam hast, Travis. Das verbindet euch. Blut der Macht.«
Beltan runzelte die Stirn. »Ein Schmuckstück, ein Käfer, ein Schlüssel. Die Dinge, die sie gesagt hat – mit all diesen Worten könnte man einen Skarabäus beschreiben.«
»Und die Skarabäen enthalten Orús Blut.« Deirdre war es heiß, Schweiß perlte auf ihrer Stirn. »Darum wollen die Scirathi euch beide. Einer von euch könnte dazu benutzt werden, ein Tor zu öffnen.«
»Oder vielleicht etwas anderes«, sagte Vani. Sie wurde bleich. »Warum habe ich das nicht schon zuvor erkannt?«
Anders füllte ihre leere Kaffeetasse nach. »Manchmal ist es schwer, die Wahrheit zu erkennen, wenn man ihr zu nahe ist.«
Da musste Deirdre zustimmen. Und es gab eine Wahrheit, die die anderen noch nicht erkennen konnten. »Das Tor auf Kreta wird euch nichts nutzen. Ihr werdet es nicht öffnen können.«
Vani sah sie stirnrunzelnd an. »Und warum nicht?«
»Weil der Bogen nicht komplett ist. Die Archäologen werden den Schlussstein aus der Mitte nicht finden.«
»Das ist Wahnsinn«, sagte Vani. Sie ballte die Fäuste. »Du sagst das doch nur, um Travis hier zu behalten. Woher willst du wissen, dass man den Schlussstein nicht finden wird?«
»Weil er sich in den Tresoren der Sucher befindet.«
Alle starrten sie an, und Deirdre konnte eine gewisse Zufriedenheit nicht unterdrücken, dass sie es taten. Es war zur Abwechslung mal ganz gut, derjenige mit der erstaunlichen Enthüllung zu sein.
»Ihr erinnert euch an den Philosophen, der mir geholfen hat?«
Anders legte den Kopf schief. »Er hat nie wieder Kontakt mit Ihnen aufgenommen, oder, Partnerin?«
Deirdre dachte an die Botschaft auf dem Computer, kurz bevor Travis angerufen hatte. »Ich glaube, vielleicht doch. Aber er hat mich vor drei Jahren zu dem Schlussstein geführt.«
Es war fast so lange her, seit sie ihre Notizen über den Fall durchgesehen hatte, aber es spielte keine Rolle; sie erinnerte sich an jedes Detail des Geheimnisses, als hätte sie es gerade erst entdeckt. Anders wusste darüber
Weitere Kostenlose Bücher