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Die letzte Rune 12 - Die letzte Schlacht

Titel: Die letzte Rune 12 - Die letzte Schlacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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Gelehrten an dem Tisch sitzen statt den Master. Ich tat mein Bestes, meine Enttäuschung zu verbergen und zwang mich, mich auf den bevorstehenden Unterricht zu konzentrieren und nicht an das große, in Leder eingebundene Buch mit den goldenen Symbolen zu denken, wenn auch meistens mit wenig Erfolg.
    »Wo ist der Master heute?«, pflegte ich zu fragen, wenn Pietro der Lehrer war.
    Die Antwort war immer gleich. Geschäfte hatten den Meister in eines der Dörfer auf seinen Besitzungen geführt oder nach Edinburgh, manchmal sogar den ganzen Weg bis nach London. Das Letztere erfüllte mich stets mit Melancholie, denn dann wusste ich, dass viele Tage vergehen würden, bevor der Master zurückkehrte, und dass er dann sehr müde sein würde. Er erschien immer blass, wenn er aus London zurückkehrte, und viel grimmiger als sonst, und er hatte dann viele Tage lang weder die Zeit noch die Energie für unsere Studien.
    Schließlich bekam ich heraus, dass der Master das Buch des Okkulten in der Bibliothek aufbewahrte, denn ich entdeckte es im Regal, als er mich eines Abends dorthin rief, um mit mir zu sprechen. Aber so sehr ich auch versucht war, einen verstohlenen Blick hineinzuwerfen, wusste ich, dass das eine Dummheit gewesen wäre. Der Master würde mit Sicherheit wissen, dass ich die Bibliothek ohne Erlaubnis betreten hatte, und auch wenn sich sein Zorn nie auf mich gerichtet hatte, erinnerte ich mich genau an die Art und Weise, wie er die beiden Männer, die mich im Advocate's Close hatten zusammenschlagen wollen, mit einem Blick gebannt hatte.
    Glücklicherweise beschäftigten mich andere Aktivitäten. An meinem sechzehnten Geburtstag – wir feierten ihn immer am Tag der Sommersonnenwende, da wir mein genaues Alter nur schätzen konnten – hatte der Master mir ein Pferd geschenkt. Es war ein schöner, brauner Wallach voller Temperament, der aber mit seinem jungen und unerfahrenen Reiter sanft umging. Ich gab ihm den Namen Hermes, denn ich nahm an, dass er sehr schnell laufen konnte.
    Der Master befahl seinem Stallaufseher Gerald, mir Reitunterricht zu erteilen, und obwohl er weder so geduldig noch so sanft wie Hermes war, verfügte ich noch vor dem Ende des Sommers über ausreichend Geschick, dass er mich mir selbst überlassen konnte. Sobald meine Studien für den Tag beendet waren, ritt ich aus, solange das Wetter halbwegs vernünftig war.
    Manchmal besuchte ich eines der Dörfer, die zum Herrenhaus gehörten, aber meistens blieb ich auf den Reitwegen, die an den Feldern durch Büsche und Heide über Brücken und an Menhiren vorbei auf das offene Land führten. Dort rasten Hermes und ich über das Moor, der Wind ließ unsere Mähnen flattern – seine rostrot, meine hellgolden – und mein Blut raste mit einem Gefühl, das ich nicht benennen konnte. Ich wusste nur, dass es mich stark, mutig und rein fühlen ließ.
    Eines Tages sah Gerald mich aus der Ferne auf Hermes reiten, und an diesem Abend schwor er dem Master, dass er noch nie ein Pferd so schnell hatte laufen sehen. Ich verspürte eine kindische Freude, glaubte, dass mein Pferd etwas Besonderes sei und ich Glück hatte, es zu besitzen, es vielleicht sogar zu verdienen. Der Master warf mir einen scharfen Blick zu, aber ich dachte mir nichts dabei – obwohl ich das vielleicht doch getan hätte, hätte ich sehen können, wie in meinen Augen ein grünes Feuer aufblitzte, wenn ich mich über Hermes' Nacken beugte und ihn antrieb.
    Der Winter war für mich die schlimmste Jahreszeit, denn an den meisten Tagen konnte ich Hermes nach dem Unterricht nur im Stall besuchen und zusehen, wie draußen der graue Regen sturzflutartig fiel. Es hatte auch den Anschein, dass der Master im Winter viel öfters abwesend war, und hielt er sich dann auf Madstone Hall auf, konnte man davon ausgehen, dass er grimmig und stumm war.
    Im Laufe der Zeit wurden seine Reisen häufiger und nahmen mehr Zeit in Anspruch, und ich wusste, dass er oft in London weilte. Ich fragte Pietro nie, was er dort eigentlich machte, denn ich wusste, dass er es mir nicht sagen würde, aber ich dachte an die Besucher mit den goldenen Augen und war fest davon überzeugt, dass seine Reisen etwas mit den dreien zu tun hatten, die das Haus besucht hatten.
    »Kann ich Euch begleiten, Master?«, fragte ich jedes Mal, wenn ich erfuhr, dass er nach London aufbrach.
    »Beizeiten, Marius«, pflegte er dann zu sagen. »Wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist, werde ich dich mir mir nehmen.« Dann schlug er das Buch

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