Die letzte Rune 12 - Die letzte Schlacht
Anfänge geben. Es würde nichts mehr geben. Begriffen die Philosophen das nicht? Wenn die Risse sich weiter ausdehnten, würde es keine Welt mehr geben, auf der sie als Unsterbliche leben konnten.
Aber Marius hatte gesagt, dass ihre Suche sie blind gemacht hatte; sie konnten an nichts anderes mehr denken. Oder glaubten sie, dass sie nach Eldh flüchten und so der Zerstörung der Erde entgehen konnten? Sie schauderte und griff nach der Teetasse, nahm einen Schluck, um sich zu wärmen, aber er war kalt geworden.
Marius ließ sich auf seinen Stuhl zurücksinken. »Ich hatte gehofft, wir würden mehr Zeit haben, um ergründen zu können, worauf die Schläfer warten, was sie vorhaben. Aber das Perihel kommt, und es hat das Tor ans Licht gebracht. Die Philosophen wollen mit seiner Hilfe zur anderen Welt reisen. Darum habe ich Sie hergeführt, Deirdre, darum habe ich Sie das Tagebuch lesen lassen. Darum rede ich jetzt mit Ihnen, trotz der Gefahr. Geheimhaltung ist sinnlos geworden. In diesem Augenblick erwarten die Philosophen in London die Lieferung von sieben Kisten, die mit dem Schiff von Kreta kommen. Ich glaube, Sie können erahnen, was diese Kisten enthalten.«
Das konnte sie. »Wie haben sie die Sarkophage von der Ausgrabungsstelle wegbekommen? Sie muss bewacht sein, und ich kann mir nicht vorstellen, dass die kretischen Behörden unbezahlbare Artefakte so einfach aus dem Land lassen.«
Er warf ihr einen verärgerten Blick zu. »Also ehrlich, glauben Sie ernsthaft, dass uns solche Dinge schwer fallen? Unser Reichtum und unsere Möglichkeiten sind jenseits Ihrer Vorstellungskraft, im Verlauf von Jahrhunderten ins Unermessliche gewachsen. Und die Sucher sind kaum die einzigen Diener der Philosophen. Wir haben bei fast jeder Regierung auf der Welt Kontaktpersonen – Kontaktpersonen, die mit einem einzigen Brief, Anruf oder einer E-Mail nach unseren Wünschen gelenkt werden können. Was glauben Sie denn, wie wir in der Vergangenheit Pässe und neue Identitäten arrangiert haben?«
Deirdre fröstelte. In diesem Augenblick fiel ihr wieder ein, dass er ein Philosoph war. »Und wissen sie, wie man das Tor bedient?«
»Ja, das tun sie. Sie haben viel aus ihren Experimenten mit dem Publikum des Greenfellow's gelernt.«
Diese Worte ließen Übelkeit in Deirdre aufsteigen. »Wie viel Zeit ist noch?«, fragte sie.
»Die Kisten sollen morgen in London eintreffen. An diesem Ort.«
Er reichte ihr einen Zettel. Sie starrte ihn an. »Was soll ich damit machen?«
»Sie wissen, was ich will.«
Sie faltete den Zettel langsam zusammen, dann stand sie auf und streckte ihn ihm entgegen. »Ich bin nicht Ihr Handlanger. Wenn Sie sich unbedingt an den Philosophen rächen wollen, dann können Sie das selbst machen.«
Er richtete sich zu seiner vollen Größe auf und überragte sie; sein Gesicht war so schön und schrecklich wie das eines Engels. Es war eindeutig, dass er sie anbrüllen wollte. Stattdessen holte er tief Luft, dann sprach er in einem kontrollierten Tonfall.
»Ja, ich will Vergeltung. Die will ich seit Jahrhunderten, und die ganze Zeit konnte ich nicht einmal einen Finger gegen sie heben, wenn das Blut in meinen Adern nicht zu Asche verbrennen sollte. Ich habe gewartet, bis ich schließlich eine Sucherin gefunden habe, die mir helfen konnte – ich habe auf Sie gewartet, Deirdre. Aber es gibt noch einen Grund, dass ich so lange gewartet habe. Sie müssen wissen, je länger ich die Schläfer studierte, desto mehr habe ich mich über ihre Ziele gewundert, und was beim Perihel passieren wird. Und desto mehr kam ich zu dem Schluss, dass man sie nicht daran hindern darf, dieses Ziel zu erreichen, wie auch immer es aussieht.«
Marius lächelte wehmütig. »Vielleicht liegt es daran, dass ich ein Sucher war, bevor ich zum Philosophen wurde, aber das Erste Desiderat ist tief in mir verwurzelt: Ein Sucher soll nicht in die Handlungen jener eingreifen, die von außerweltlicher Natur sind. Ich halte mich noch immer an diesen Eid. Und ich bin mir jetzt sicherer als je zuvor, dass man den Philosophen nicht erlauben darf, sich in die Handlungen der Schläfer einzumischen, oder sie an dem zu hindern, was sie tun wollen, wenn das Perihel eintrifft.«
Er nahm ein Stück Papier von dem Beistelltisch mit der Teekanne und hielt es ihr hin.
Sie starrte es misstrauisch an. »Was ist das?«
»Das Resultat von Paul Jacobys Bemühungen, die Inschrift auf dem Torbogen zu übersetzen. Er hat gestern einen entscheidenden Durchbruch
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