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Die Letzte Spur

Die Letzte Spur

Titel: Die Letzte Spur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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bestimmt nicht, es war nämlich noch richtiger Winter. Ja, so um die Zeit, das müsste stimmen.«
    »Und von da an hat sich Jacqueline nie mehr im Club blicken lassen?«
    »Nicht, dass ich wüsste. Ich glaube, sie trifft sich privat noch mit ein paar Leuten von hier, die erzählen manchmal von ihr. Sie muss ja ganz erfolgreich sein als Malerin. Macht Ausstellungen und solche Sachen. Aber ich interessiere mich nicht für Bilder. Hab auch kein Geld dafür.«
    »Wissen Sie noch, ob Jacqueline irgendwann Mitte Januar noch einmal mit dem Boot hinausgefahren ist?«, fragte Rosanna. »So um den zehnten oder elften herum?«
    Das Gesicht der anderen verschloss sich wieder in Misstrauen. »Wieso spielt das eine Rolle?«
    »Es würde mich einfach interessieren. Kann es sein, dass sie draußen war? Oder dass irgendjemand mit der Heaven's Gate draußen war?«
    »Keine Ahnung. Ich bin ja nicht ständig hier.«
    »Hm«, machte Rosanna. Sie wollte nicht, dass die Putzfrau merkte, wie aufgeregt sie war. Weshalb hatte Jacqueline ihr Schiff unmittelbar nach Elaines Verschwinden verkauft? Wieder ein Zufall?
    »Weiter unten der Schleusenwärter«, sagte ihr Gegenüber, »der von der Mapledurham-Schleuse, der wird's wissen. Falls die Heaven's Gate eine längere Strecke gefahren ist, musste sie da durch. Dort wird die Nummer des Schiffs, Datum, Uhrzeit und so weiter notiert. Da ist alles festgehalten.«
    Rosanna krallte ihre Finger um ihre Handtasche. »Wo genau finde ich den Schleusenwärter?«
    »Einfach der Straße nach. Sie sehen die Schleuse schon von weitem, Sie können sie gar nicht verfehlen.«
    »Danke. Vielen Dank!« Rosanna lief zur Tür. Sie war so erregt, dass sie kaum noch merkte, wie krank sie sich eigentlich fühlte.
    »He«, rief die andere hinter ihr her, »wozu brauchen Sie das denn? Ich denke, Sie wollen Ihre Freundin finden?«
    Rosanna gab keine Antwort. Sie hörte noch das Schimpfen: »Also nee, wirklich, Sie haben hier alles dreckig gemacht, und überhaupt, wieso …«
    Sie rannte den Steg entlang. Die kalte Luft ließ ihre Lungen schmerzen. Heaven's Gate ! Wo war die Heaven's Gate ?
    Sie fand sie ganz hinten. Eines der letzten Schiffe am Steg. Ein zauberhaftes, blau gestrichenes Holzboot, an dessen Seite in dicker, weißer Ölfarbe der Name prangte. Auf der anderen Seite befand sich die Schiffsnummer.
    Rosanna wühlte in ihrer Handtasche, förderte einen Papierfetzen und einen Bleistift zu Tage und notierte sich die Nummer. Ein Blick zurück verriet ihr, dass die Putzfrau sie durch das Fenster des Clubhauses argwöhnisch beobachtete. Egal. Vorerst hatte sie, was sie brauchte.
    Ihr nächster Weg würde sie zur Mapledurham-Schleuse führen.
     
    2
     
    »Wieso wolltest du mich eigentlich nicht haben?«, fragte Rob. Er fragte es völlig unvermittelt und in einem harmlosen Ton, so als wolle er wissen, weshalb sie graue Fliesen für ihren Küchenfußboden gewählt hatte. Er ahnte, dass seine Mutter genau diese Frage seit Tagen fürchtete, und er genoss die Macht, die ihm ihre Angst verlieh. Er ganz allein konnte den Moment bestimmen, an dem er sie mit dem Thema konfrontierte, das mit zu den unangenehmsten Erinnerungen ihres Lebens gehören dürfte. Jedenfalls hoffte er, dass es so war. Ein Baby gab man nicht einfach weg wie einen alten Mantel.
    Sie saßen in der Küche beim Mittagessen. Nach einem quälend zäh verrinnenden Vormittag, an dem Rob im Wohnzimmer herumgehangen und Marina demonstriert hatte, wie unsäglich er sich mit ihr langweilte, hatte sie – o Wunder, welch eine Abwechslung zu McDonald's ! – einen Besuch im Pizza Hut vorgeschlagen, aber er hatte gestreikt.
    »Das ist doch letztlich auch nur Fast Food! Seit ich hier bin, kriege ich nichts als diesen Fertigfraß! Hast du schon mal was davon gehört, dass junge Menschen im Wachstum gelegentlich auch mal so etwas wie Gemüse brauchen?«
    Sie war zusammengezuckt, hatte sich dann ihren Mantel und ihre Schuhe angezogen und ihre Geldbörse gegriffen. »Okay, ich kaufe Gemüse«, hatte sie in kühlem Ton gesagt, »möchtest du mitkommen?«
    Er aalte sich gerade im Sessel vor dem Fernseher. Es lief eine Uraltfolge der Sesamstraße , die ihn nicht interessierte, aber er hatte schon herausgefunden, dass Marina es hasste, wenn tagsüber der Fernseher lief.
    »Nee. Keinen Bock. Geh mal allein!«
    Sie war mit Brokkoli und Kartoffeln zurückgekommen und hatte sich dann in der Küche mit der Zubereitung abgemüht. Sie hatte ihm während einem ihrer langen Abende, in

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