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Die letzte Walstatt - Covenant 03

Die letzte Walstatt - Covenant 03

Titel: Die letzte Walstatt - Covenant 03 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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zerbrechlich aus wie Porzellan. Eine scheußliche Grimasse verunstaltete sein Gesicht, als er seine Halbhand schwang und sie zum zweitenmal in seinem Leben heftig ins Gesicht schlug.
    Ihr Kopf sackte zur Seite, wandte sich wieder ihm zu. Einen Moment lang bebte der Atem in ihren Lungen, und ihre Lippen zitterten, als schmerze die Luft in ihrem Mund. Dann zuckten ihre Hände ihm plötzlich entgegen wie Klauen. Ihre Fingernägel gruben sich rund um seine Augen ins Fleisch seines Gesichts. Sie hielt ihn auf diese Weise fest, quetschte seine Augen, drauf und dran, sie ihm auszureißen.
    Eine grausame Aufwallung von Furcht, die ihm den Magen umdrehte, ließ ihn zusammenzucken. Aber er schrak nicht zurück. »Du hast meine Tochter Elena umgebracht«, sagte sie mit nahezu irrer Stimme.
    »Ja.«
    Ihre Finger strafften sich stärker. »Ich könnte dich blenden.«
    »Ja.«
    »Fürchtest du dich nicht?«
    »Ich fürchte mich.«
    Ihre Finger spannten sich noch stärker. »Warum wehrst du dich dann nicht?« Ihre Fingernägel preßten Blut aus seiner linken Wange.
    »Weil ich mit dir reden muß ... über das, was mit Elena passiert ist. Ich muß dir erzählen, was sie getan hat ... und was ich getan habe ... und warum. Du wirst mir nicht zuhören, wenn du dich nicht dazu entschließt ...«
    »Und ich werde dir ganz und gar nicht zuhören!« Ihre Stimme zitterte vor Kummer. Wütend riß sie die Hände zurück und gab ihm den Hieb zurück, schlug ihm mit aller Kraft auf die Wange. Die Ohrfeige trieb ihm Wasser in die Augen. Als er es fortgeblinzelt hatte, sah er, daß sie ihr Gesicht mit beiden Händen bedeckte, um zu verhindern, daß sie laut schluchzte.
    Unbeholfen schlang er seine Arme um sie. Er traf auf keinen Widerstand. Er drückte sie fest an sich, während sie weinte, und nach einer Weile drehte er ihren Kopf, legte ihr Gesicht an seine Jacke. Doch bald verkrampfte sich ihre Haltung, und sie ging auf Abstand. Sie wischte sich die Augen, wandte ihr Gesicht seitwärts, als schäme sie sich einer momentanen Schwäche. »Ich will von dir keinen Trost, Zweifler. Du warst ihr kein Vater. Es ist eines Vaters Sache, seine Tochter zu lieben, und du hast sie nicht geliebt. Du solltest meine Gebrechlichkeit und meine Trauer nicht falsch auslegen – ich werde nicht vergessen, was du getan hast.«
    Covenant preßte die Arme um seinen Leib, um seinem Schmerz Fassung zu verleihen. »Ich möchte nicht, daß du vergißt.« In diesem Moment hätte er gerne seine Augen verloren, wäre es ihm durchs Leid der Blindheit möglich geworden zu weinen. »Ich will nicht, daß irgend jemand irgend etwas vergißt.« Aber er war innerlich zu verödet für Tränen; das Wasser, das sein Blickfeld verschwommen machte, kam nicht von Herzen. Schroff raffte er sich auf. »Komm! Wir erfrieren, wenn wir nicht auf den Beinen bleiben!«
    Bevor sie reagieren konnte, hörte er hinter sich Füße auf den Untergrund patschen. Er wirbelte herum, fuchtelte mit den Fäusten, um einen etwaigen Angriff abzuwehren. Eine dunkle Gestalt stand ihnen gegenüber im Wadi. Sie war in einen Umhang gehüllt; er vermochte ihre Umrisse nicht zu unterscheiden. Aber sie hielt in der Rechten wie einen Stab einen Speer.
    »Pah!« blökte die Gestalt. »Ihr hättet fünfmal ums Leben kommen können, wäre nicht ich in der Nähe gewesen, um auf euch achtzugeben.«
    »Pietten?« meinte Covenant verdutzt. »Was treibst denn du hier?« Lena stand an seiner Seite, jedoch ohne ihn zu berühren. »Ihr seid ebenso töricht wie tölpelhaft«, schalt Pietten. »Ich habe sofort erkannt, daß ihr von den Ramen keinen Schutz erwarten dürft. Daher habe ich diese Aufgabe selbst übernommen. Welche Narrheiten mögen euch wohl dazu bewogen haben, euch in ihre Hände zu begeben?«
    »Wie ist der Kampf verlaufen?« In Covenant quollen Fragen empor. »Was ist aus Bannor und Schaumfolger geworden? Wo sind sie?«
    »Kommt!« schnauzte der Holzheimer. »Das Wurmgezücht ist nicht weit entfernt. Wir müssen uns beeilen, wenn ihr das Leben zu behalten wünscht.«
    Covenant starrte ihn an. Piettens Benehmen machte ihn nervös. Für einen Moment mahlte er sinnlos mit den Kiefern. »Was ist aus Bannor und Schaumfolger geworden?« wiederholte er dann mit einem Anklang von Verzweiflung in seiner Stimme. »Ihr werdet sie nicht wiedersehen.« Piettens Ton verriet Geringschätzung. »Ihr werdet nichts je wieder zu sehen bekommen, wenn ihr mir nicht ohne Verzug folgt. Ihr habt keine Verpflegung und entbehrt jeglichen

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