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Die letzte Walstatt - Covenant 03

Die letzte Walstatt - Covenant 03

Titel: Die letzte Walstatt - Covenant 03 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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Trotzes beherrschte diese Gegend – widerstand der Kälte, nährte das Wachstum, bekräftigte Morinmoss' naturgemäßen Drang nach Knospen, frischen Säften und Erwachen. Es schien, als seien die uralten Forstwärtel zurückgekehrt und hätten mit sich das einstige Wissen des Waldes um sich selbst wiedergebracht.
    Doch selbst in seinem entlegenen Herz konnte Morinmoss den Einfluß des Verächters nur abschwächen, ihn nicht völlig aufheben. Die Temperaturen stiegen bis über den Gefrierpunkt, aber nicht höher. Die Blätter hatten nicht die Üppigkeit wie in einem richtigen Frühling; ihr Wuchs war dünn und von dunklem, bitterem Grün statt vom Hellgrün frühjährlicher Pracht. Die Tiere trugen das Winterfell auf Gliedmaßen, die für einen wahren Frühling viel zu abgezehrt waren. Falls tatsächlich ein Forsthüter in den Wald von Morinmoss zurückgekehrt sein sollte, fehlte es ihm unverkennbar an der Tüchtigkeit seiner einstigen Vorgänger.
    Nein, es war wahrscheinlicher, daß der monolithische Koloß am Wasserfall seinen düsteren Schlummer abgeschüttelt und eine Hand zur Verteidigung des Waldes erhoben hatte. Und als noch größer durfte die Wahrscheinlichkeit gelten, daß Caerroil Wildholz aus seinem weitläufigen Einflußbereich in der Würgerkluft herüberwirkte, über die Entfernung hinweg tat, was er konnte, um den alten Wald von Morinmoss zu bewahren.
    Nichtsdestoweniger war bereits die Schwächung des Winters für die Bäume von großem Nutzen, und ebenso den Bewohnern des Waldes. Dadurch blieb vieles am Leben, was sonst zu den ersten Dingen gezählt hätte, die dem Untergang verfallen wären, als Lord Foul den Frühling aufhielt. Unter anderen war dies einer der Gründe, denen es zu verdanken war, daß nun die Freischüler-Heilerin mit Covenant auf dem Rücken durch den Wald stapfte. Der Geist des Trotzes hatte sie und ihn nicht bloß geduldet; er hatte aktiv eingegriffen und sie zu ihm geschickt. Sie konnte sich nicht widersetzen. Obwohl sie alt war und Covenant als fürchterlich schwere Last empfand, sorgte sie dafür, daß sie durchhielt, indem sie Feuchtigkeit aus den Gehängen von Moos saugte, und sie trottete unter ihm rastlos zu ihrer Behausung inmitten der anderen Geheimnisse des Waldes.
    Der Glanz der Bäume war in trübe, graue Dämmerung übergegangen, als ihre Wanderung vor einer niedrigen Höhle am Fuß eines Berges endete. Sie schob das Moos zur Seite, das den engen Eingang bedeckte wie ein Vorhang, bückte sich und zerrte Covenant hinter sich in die bescheidene einzige Kammer ihres Heims.
    Die Höhle war klein. Sie war kaum hoch genug, um zu erlauben, daß sie sich in der Mitte zu voller Körpergröße aufrichtete, und die ovale Bodenfläche durchmaß an der breitesten Stelle nicht mehr als viereinhalb Meter. Aber für eine einzelne Person war sie ein behagliches Heim. Mit dem weichen Lehm ihrer Wände und der Bettstatt aus aufgehäuftem trockenen Laub bot sie Komfort genug, sie war warm, schützte vorm Winter. Und wenn kein Licht aus anderen Quellen kam, erhellten die Baumwurzeln, die Wände und Decke zusammenhielten, ihr Inneres mit geisterhaftem, filigranartigem Glanz. In der unterirdischen Abgesichertheit bedeutete das kleine Kochfeuer für den Wald keine Gefahr.
    Außer der heruntergebrannten Glutasche, die die Heilerin noch an einer Seite der Höhle vorfand, verfügte sie über einen Topf mit Glutgestein. Erschöpft streckte sie Covenant auf der Lagerstatt aus, öffnete den Topf und benutzte die Hitze des Glutgesteins, um das Feuer von neuem zu entfachen. Dann setzte sie sich mit ihren steifen, alten Knochen auf den Erdboden und ruhte für geraume Zeit aus.
    Der Vormittag war fast zur Hälfte verstrichen, als ihr Feuer zu erlöschen drohte. Mit einem trockenen Seufzen stand sie auf, schürte die Glut und bereitete sich ein warmes Mahl. Sie aß, ohne Covenant einen Blick zu widmen. Er befand sich in keiner Verfassung für feste Nahrung. Sie hatte die Mahlzeit ausschließlich für sich zubereitet und allein aufgegessen, weil es nötig war, daß sie neue Kräfte sammelte, denn ihre besondere Gabe des Heilens erforderte Stärke – so viel Stärke, daß sie die Reserven ihres Mutes erschöpfte, noch ehe sie in mittlere Jahre gekommen war, und ihre Tätigkeit aufgab, um sich für den Rest ihrer Tage im Wald von Morinmoss auszuruhen. Jahrzehnte – ob vier oder fünf, das wußte sie nicht länger – waren vergangen, seit sie sich von allem zurückgezogen hatte; und im Laufe dieser

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