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Die letzte Walstatt - Covenant 03

Die letzte Walstatt - Covenant 03

Titel: Die letzte Walstatt - Covenant 03 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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ab, um mit den anderen Jheherrin zu reden. Fasziniert beobachtete Covenant, wie sie untereinander flüsterten. Aus einigem Abstand sahen sie alle gleich aus, aber bei längerer Begutachtung stellte sich heraus, daß sie so unterschiedlich waren wie Tonfiguren von den Händen verschiedener Kinder. Sie wichen in Größe, Umrissen, Färbung, Ängstlichkeit und Tonfall voneinander ab. Doch ihnen allen war ein seltsames Aussehen nach Unfestigkeit gemeinsam. Bei ihren Bewegungen bauchten sie sich aus, wölbten sich und schwabbelten, als halte nur eine ganz dünne Haut von Oberflächenspannung ihre Körper zusammen – als könne jeder Kratzer oder Hieb sie in einen amorphen, nassen Lehmbrocken verwandeln. Nach einer kurzen Besprechung drehte der Anführer sich wieder um. Seine Stimme zitterte, als ob die eigene Verwegenheit ihm die größten Sorgen bereite. »Warum seid ihr gekommen? Ihr habt's gewagt ... Zu welchem Zweck?«
    »Es ist unser Wille«, antwortete Schaumfolger mit genug Grimm, daß die Jheherrin ihm glauben konnten, »Lord Foul den Verächter zu vernichten.«
    Covenant zuckte bei dieser unumwundenen Absichtserklärung zusammen. Aber er konnte sie nicht leugnen. Wie sonst hätte sich beschreiben lassen, was er vorhatte?
    Die Jheherrin diskutierten nochmals. »Das ist unmöglich«, meinten sie schließlich mit der Überstürztheit äußerster Beunruhigung. »Kommt mit uns!«
    Die Plötzlichkeit dieser Aufforderung gab ihr den Klang eines Befehls, obwohl die Stimme des Anführers viel zu stark zitterte, um irgendeine Autorität zu besitzen. Covenant fühlte sich zum Widerspruch angehalten, nicht, weil er dagegen, mit den Jheherrin zu gehen, irgendwelche Bedenken hegte, sondern weil er wissen wollte, warum sie diese Aufgabe für undurchführbar hielten. Aber sie kamen ihm mit der Schnelligkeit ihres Abgangs zuvor; ehe er eine Frage zu äußern vermochte, war die Hälfte der Lichter erloschen, der Rest im Aufbruch begriffen.
    Schaumfolger zuckte die Achseln und winkte Covenant voraus in den Tunnel. Covenant nickte. Mit einem Ächzen der Müdigkeit schloß er sich den Jheherrin an.
    Sie entfernten sich mit unvermuteter Geschwindigkeit. Bei jedem Schritt schwabbelten und wabbelten sie, halb gingen, halb flossen sie durch den Tunnel dahin. Covenant konnte nicht mithalten. In seinem niedergekauerten Körper begannen die Lungen die muffige Luft als qualvoll stickig zu empfinden, und seine Füße gerieten im glitschigen Lehm wiederholt ins Rutschen. Schaumfolger folgte noch langsamer; die niedrige Decke zwang ihn zum Kriechen. Doch ein paar Jheherrin blieben weit genug zurück und leiteten sie durch die Biegungen und Abzweigungen des Tunnels. Und es dauerte nicht lange, bis dieser sich erweiterte. Die Decke rückte höher, Anzahl und Verzweigtheit der Kreuzungen nahmen zu. Bald konnte Covenant aufrecht gehen, Schaumfolger in bloß noch geduckter Haltung. Daraufhin gelangten sie schneller vorwärts. Sie waren ziemlich lang unterwegs. Mit aller Geschwindigkeit, derer Covenant fähig war, durcheilten sie unübersichtliche Ansammlungen von Abzweigungen und Kreuzungsanlagen, wo Tunnel dicht an dicht – wie Waben – die Erde durchzogen, und auf dem Weg sahen sie flüchtig weitere Kreaturen, die alle in die gleiche Richtung hasteten; sie stapften durch so dicken, feuchten Schlamm, daß Covenant sich kaum hindurchkämpfen konnte, durch schimmernde Kohlenflöze, die das Steinlicht der Jheherrin gräßlich widerspiegelten, und legten zweifellos einige Kilometer zurück. Aber Covenants Geschwindigkeit war nicht allzu nennenswert, und im Laufe der Zeit verringerte sie sich stetig noch mehr. Seit zwei Tagen war er schon ohne Nahrung, seit etwa zehn Tagen ohne ausreichenden Schlaf. Der verkrustete Schlamm an seiner Stirn pochte wie Fieber. Und die Taubheit in seinen Händen und Füßen – die Gefühllosigkeit, die nicht mit der Kälte im Zusammenhang stand – breitete sich aus.
    Trotzdem latschte er weiter. Er machte sich keine Sorgen um Verstümmelungen; in seiner fortwährenden Ermattung hatte diese Gefahr des Aussätzigendaseins für ihn längst ihren Schrecken und damit ihre Macht über ihn verloren. Füße, Kopf, Hunger – er stellte sich den Bedingungen für seine Rückkehr in die eigene Welt, war dazu bereit, sie zu erfüllen. Nicht die Furcht vor der Lepra trieb ihn an. Seine Motivation war anderer Art.
    Immerhin besserten sich allmählich die Umstände ihrer unterirdischen Wanderung. Fels löste den Lehm der Tunnel ab;

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