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Die letzte Walstatt - Covenant 03

Die letzte Walstatt - Covenant 03

Titel: Die letzte Walstatt - Covenant 03 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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er sich auf. Seine Prellungen meldeten sich schlagartig mit Beschwerden, seine Stirn pochte gräßlich, aber er ignorierte alle Schmerzen, tat sie ab, als hätten sie mit ihm nichts zu schaffen. Mit zittrigen Händen zog er das kleine Mädchen näher. Schlangenbiß , dachte er benommen. Wie behandelt man Schlangenbisse?
    »Alles ist gut«, sagte er und verstummte. Seine Stimme klang beunruhigend unsicher, und seine Kehle fühlte sich zu ausgedörrt an, als daß er sie in der Gewalt hätte haben können. Er schien keine wirklich tröstlichen Worte zu kennen. Schwerfällig schluckte er und drückte die magere Gestalt des Mädchens an seine Brust. »Alles ist gut. Du wirst davonkommen. Ich bin ja da. Ich helfe dir.«
    Die Äußerungen klangen sogar in seinen Ohren grotesk – als seien sie ohne Sinn, kämen sie von einem Strolch. Der Schnitt in seiner Lippe und dem Gaumen behinderte seine Aussprache. Aber auch darauf achtete er nicht. Er fand nicht den Mut, um sich über derartige Dinge aufzuregen. Eine fiebrige Verschwommenheit durchglühte seine Gedanken, und es kostete ihn alle Kraft, sich ihrer zu erwehren, sich darauf zu besinnen, wie man Schlangenbisse behandelte. Er starrte die Bißstellen an, bis es ihm einfiel. Die Durchblutung abbinden , sagte er zu sich selbst, als sei er ein Dummkopf. Einschneiden. Das Gift heraussaugen. Er gab sich einen Ruck und begann zu handeln, suchte nach seinem Taschenmesser. Sobald er es gefunden hatte, warf er es neben sich auf den Erdboden und forschte in den Schutthalden seines Gehirnes nach irgend etwas, womit er das Bein abbinden könne. Sein Gürtel nutzte nichts, weil er ihn nicht fest genug anziehen konnte. Das Kleid des Mädchens hatte keinen Gürtel. Die Schuhsenkel sahen zu kurz aus.
    »Mein Bein tut weh«, sagte es kläglich. »Ich will zu meiner Mami.«
    »Wo ist sie denn?« nuschelte Covenant.
    »Da hinten.« Das Kind wies ungefähr bachabwärts. »Weit weg. Papi hat mich verhauen, und da bin ich weggelaufen.«
    Mit einem Arm hielt Covenant das Mädchen umfangen, damit es sich nicht plötzlich verdrückte und durchs Rennen die Ausbreitung des Gifts beschleunigte. Mit seiner freien Hand zerrte er am Schnürriemen seines linken Stiefels. Aber der Riemen war stark ausgefranst und zerriß. Hölle und Verdammnis! stöhnte Covenant innerlich auf. Er brauchte zu lang. Mit bebenden Fingern begann er an seinem rechten Schnürsenkel zu fummeln. Schließlich gelang es ihm, ihn intakt herauszuziehen. »So, alles klar«, sagte er undeutlich. »Ich ... ich muß den Biß behandeln. Erst einmal muß ich das Bein abbinden ... damit sich das Gift nicht ausbreitet. Dann muß ich einen kleinen Schnitt in dein Bein machen. Dadurch kann das Gift herausfließen und dann läßt auch der Schmerz nach.« Er bemühte sich, sehr ruhig zu sprechen. »Bist du heute tapfer?«
    »Papi hat mich verhauen, und ich habe nicht geheult«, erwiderte das Kind feierlich. »Ich bin weggelaufen.« Von dem vorherigen Entsetzen war seiner Stimme nichts mehr anzumerken.
    »Braves Kind«, brabbelte Covenant. Er durfte nicht länger bummeln; die Schwellung der Bißwunde hatte mittlerweile merklich zugenommen, und eine leichte, schwärzliche Färbung hatte das helle Fleisch bereits zu verdunkeln begonnen. Er wickelte seinen Schnürriemen oberhalb des Knies um das verletzte Bein. »Stell dich auf das andere Bein, damit das hier ganz locker hängt.« Als das Mädchen gehorchte, zog er den Riemen straff an, bis es vor Schmerz ein leises Keuchen ausstieß. Anschließend verknotete er den Riemen. »Braves Mädchen«, sagte er nochmals. »Du bist heute wirklich sehr tapfer.« Mit unsicheren Händen nahm er sein Taschenmesser und klappte es auseinander. Einen Moment lang schrak er vor dem Gedanken zurück, dem Mädchen einen Schnitt zufügen zu müssen. Er schlotterte viel zu stark; die Wärme des Sonnenscheins konnte die Kälte in seinen Gliedmaßen kein bißchen lindern. Aber die geschwollenen Bißstellen ließen ihm keine Wahl. Behutsam hob er das Kind an und setzte es auf seinen Schoß. Mit seiner Linken brachte er das Bein bis auf zwanzig, fünfundzwanzig Zentimeter unter sein Gesicht. In seiner rechten Hand mit den zwei Fingern und dem Daumen, ihren restlichen Gliedern, packte er sein Taschenmesser.
    »Wenn du nicht hinschaust, merkst du's vielleicht gar nicht«, sagte er und hoffte, daß er nicht log.
    Das Mädchen benahm sich, als genüge die bloße Gegenwart eines Erwachsenen, um alle Furcht zu vertreiben. »Ich

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