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Die letzte Walstatt - Covenant 03

Die letzte Walstatt - Covenant 03

Titel: Die letzte Walstatt - Covenant 03 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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Augenblick sah er, daß der Zweifler vollends fort war. Jeglicher Eindruck von Kraft und Widerstand hatte die Luft verlassen, und das Glutgestein glomm wieder in seiner Helligkeit gewohnten Umfangs. Erstmals seit dem Anfang der Herbeirufung sah Mhoram wieder die Umrisse und Gesichter der Menschen rings um ihn. Aber die Sicht blieb nicht lange klar. Tränen trübten sie, und er stützte sich matt auf seinen Stab, als könne nur dessen hartes Holz ihn noch auf den Beinen halten. Die merkwürdige Leichtigkeit, mit der er den Zweifler hatte herrufen können, bereitete ihm tiefen Kummer. Er allein hätte ohne den Stab des Gesetzes dazu außerstande sein sollen, Covenant zu rufen; dennoch war ihm Erfolg beschieden gewesen. Er wußte, warum. Covenant war für die Herrufung so anfällig gewesen, weil er dem Tode geweiht war.
    »Hoch-Lord«, hörte er durch seinen Gram Trevor sagen, »das Krill ... der Edelstein des Krill hat wieder geleuchtet. Er lohte, genau wie damals, als der Zweifler es in die Tischplatte rammte.«
    Mhoram blinzelte seine Tränen fort. Er trat an den Tisch, stützte sich dabei schwerfällig auf seinen Stab. In der Mitte des Tisches ragte Loriks Krill wie ein schiefes Grabkreuz empor – so dunkel und glanzlos, als entbehre es jeder Empfänglichkeit für Licht. Eine Aufwallung von Trauer überwältigte Mhoram. Mit einer Hand packte er das silberne Schwert am Griff. Flüchtig flackerte ein blaues Flämmchen durch den Edelstein und erlosch. »Nun leuchtet es nicht mehr«, stellte er matt fest.
    Dann verließ er die Klause und suchte die Heilige Halle auf, um für Covenant, Callindrill und das Land zu singen.

3
     

Die Rettung
     
     
    Ein eisiger Wind blies durch Covenants Seele, als er sich aus der Tiefe der Felsen emporkämpfte. Er durchkühlte ihn, als wäre das Mark in seinen Knochen einer Ausdünstung von blankem Eis ausgesetzt worden – grausig und irgendwie zynisch, durchzogen von jenem schwachen, aber abgründigen grünen Greuel, das die Antithese alles blühenden Grüns war. Doch langsam wich der Wind von ihm, verschwand in eine andere Dimension. Er spürte den Stein zusehends bewußter. Die Undurchdringlichkeit des Granits verdichtete sich wieder; immer mehr verstärkte sich der Eindruck, er müsse ersticken. Er fuchtelte mit Armen und Beinen, strampelte sich ab, um an die Oberfläche zu gelangen. Doch einige Zeit lang war er sich nicht einmal sicher, ob seine Gliedmaßen sich überhaupt bewegten. Dann begann ein Aufprall nach dem anderen seine Gelenke zu schmerzen. Er spürte in den Knien und Ellbogen, daß er auf einen harten Untergrund einschlug und -trat. Er wuchtete mit seinen Gliedern gegen den Abhang. Durch die dumpfen Klatsch- und Patschgeräusche, die er verursachte, hörte er Wasser rauschen. Irgendwo hinter ihm schien die Sonne. Ruckartig hob er den Kopf.
    Zuerst vermochte er sich nicht zu orientieren. Lebhaft plätscherte ein Bach durch sein Blickfeld; zunächst war ihm, als starre er von oben hinein, und der Hang unter seinem Leib verlaufe in unmöglich gewinkelter Schräge. Aber dann erkannte er, daß sein Blick nicht abwärts gerichtet war; er lag der Länge nach quer am Abhang. Die Hügelkuppe befand sich rechts über ihm, während es zu seiner Linken weiter bergab ging. Er drehte den Kopf, um nach dem Mädchen und der Schlange Ausschau zu halten.
    Seine Augen fanden keinen Brennpunkt. Irgend etwas von heller Färbung glänzte vor seinem Gesicht und verhinderte, daß er hangabwärts spähen konnte. »Mister?« meinte neben ihm eine helle Kinderstimme. »Sind Sie noch da, Mister? Sie sind hingefallen.« Er begriff, daß er zu weit in die Ferne zu sehen versuchte. Mühsam schraubte er seinen Blick zurück in seine unmittelbare Nähe, und zu guter Letzt sah er, daß er aus einem Abstand von nur wenigen Zentimetern ein nacktes Schienbein anstierte. Im Sonnenschein glänzte es so hell und glatt, als sei es mit Chrisam gesalbt worden. Doch es zeigte bereits eine leichte Schwellung. Und in der Mitte dieser Schwellung befanden sich zwei kleine, rote Wunden, einem doppelten Nadelstich ähnlich. »Mister?« wiederholte das Kind. »Sind Sie wach? Die Schlange hat mich gebissen. Mein Bein tut weh.«
    Der frostige Winter, den er hinter sich gelassen hatte, schien ihn aus der Tiefe seines Bewußtseins einzuholen. Er begann zu zittern. Aber er zwang sich dazu, die Kälte zu mißachten, seine ungeteilte Aufmerksamkeit den beiden Bißwunden zu widmen. Ohne seinen Blick davon abzuwenden, setzte

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