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Die letzte Walstatt - Covenant 03

Die letzte Walstatt - Covenant 03

Titel: Die letzte Walstatt - Covenant 03 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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besäße er kein Gewicht. Und da blickte er ins Gesicht Salzherz Schaumfolgers auf.
    Der Riese schien sich, seit Covenant ihn das letzte Mal gesehen hatte, nicht wesentlich verändert zu haben. Sein früher kurzer, eisengrauer Bart war länger und silbriger, und tiefe Sorgenfalten durchzogen seine Stirn, an der man noch schwach die Narbe von jener Verwundung sah, die er während des Gefechts ums Holzheim Hocherhaben erlitten hatte; aber unterm wuchtigen Bollwerk seiner Stirn funkelten seine tiefsitzenden Augen noch immer wie Edelsteine der Begeisterung, und seine Lippen kräuselten sich zu einem leicht verzerrten Lächeln des Willkommens. Als Covenant ihn ansah, konnte er an nichts anderes denken als die Tatsache, daß er sich damals nicht von dem Riesen verabschiedet hatte, als sie sich in der Verräterschlucht trennen mußten. Schaumfolger hatte sich als Freund erwiesen, und er hatte ihm die Freundschaft nicht einmal in dem Maße gedankt, daß er sich zu einem Abschiedswort aufraffte. Vor Scham nahm er seinen Blick von Schaumfolgers Gesicht. Er musterte die eichenhaft knorrige Gestalt des Riesen. Dabei stellte er fest, daß die Beinkleider und das Wams, beide aus dickem Leder, die der Riese zu tragen pflegte, zerrissen waren und zerfranst, und unter vielen Rißstellen sah man Narben von zahlreichen Auseinandersetzungen, manche alt, manche neueren Datums. Die neueren Narben schmerzten Covenant, als besäße sein eigenes Fleisch sie. »Schaumfolger«, krächzte er, »es tut mir leid.«
    »Friede, mein Freund«, erwiderte der Riese nachsichtig. »All das ist vorüber. Verurteile dich nicht selbst.«
    »Hölle und Verdammnis ...!« Covenant vermochte seine Schwäche nicht zu überwinden. »Was ist mit dir passiert?«
    »Ach, das ist eine lange Geschichte, voll mit Randerzählungen und Abschweifungen, so wie wir Riesen es lieben. Ich hebe sie auf, bis wir dich an einen Ort gebracht haben, wo wir dir helfen können. Du bist schlecht genug dran, um mit dem Tod selbst Geschichten auszutauschen.«
    »Du hast Verwundungen davongetragen«, sagte Covenant. Aber die Eindringlichkeit in Schaumfolgers Augen hinderte ihn am Weiterreden.
    »Schweig, Zweifler!« befahl der Riese mit gespielter Strenge. »Ich habe nicht die Absicht, an dieser Stätte traurigen Geschichten zuzuhören.«
    Behutsam bettete er Covenants wunden Körper in seine Arme. »Folge mir achtsam, Steinbruder!« sagte er dann zu Triock. »Unser Werk hat erst begonnen. Solltest du stürzen, es dürfte mich Mühe kosten, dich zu erhaschen.«
    »Gib auf dich selbst acht!« antwortete Triock schroff. »Ich bin Stein gewohnt, sogar derartig kalten Stein.«
    »Nun wohl. Dann wollen wir uns sputen, so gut es geht. Wir haben viel erduldet, um so weit zu kommen, du und ich. Nun dürfen wir den Ur-Lord nicht aufs Spiel setzen.« Ohne eine Antwort abzuwarten, begann er die grob aus dem Fels gehauene Treppe des Kevinsblicks hinabzusteigen.
    Covenant drehte sein Gesicht zum Brustkorb des Riesen. Der Wind hatte einen hellen, vereinsamten Klang, während er an der Felswand vorbeiblies und Schaumfolger umwehte, er erinnerte Covenant daran, daß der Kevinsblick mehr als tausend Meter überm Vorgebirge stand. Doch Schaumfolgers Herz schlug mit aufrichtiger Zuversicht, und seine Arme fühlten sich an, als seien sie von unzerbrechlicher Härte. Bei jedem Abwärtsschritt durchfuhr ihn ein schwacher Ruck, als hätte sich sein Fuß mit der steinernen Stufe verschweißt gehabt. Und Covenant hatte nicht einmal noch genug Kraft, um sich zu fürchten. Wie betäubt ließ er sich von dem Riesen die Treppe hinuntertragen, bis das Geräusch des Windes anschwoll und Schaumfolger Schritt um Schritt ins kalte Wolkenmeer hinabstieg. Innerhalb weniger Momente verschwand der Sonnenschein, als habe er sich unwiederbringlich verflüchtigt. Der Wind nahm eine frostige, trockene, schneidende Schärfe an, als sei er zu eisig, um von Feuchtigkeit gemildert zu werden. Covenant und Schaumfolger bewegten sich durch trübe, jeder Aussicht beraubte Luftschichten abwärts, so eiskalt wie polarer Dunst – wie Wolken, die so dicht und gebieterisch waren wie eine um die Welt geschlossene Faust. Unter ihrem Druck fühlte er Eispartikel sein Rückgrat herauf zum letzten Hort der Lebenswärme kriechen.
    Endlich erreichten die drei das Felssims am Fuß der Treppe des Kevinsblicks. Neben ihnen klaffte düster der Abgrund, während sich Schaumfolger nach rechts wandte und das Sims entlangstrebte, aber er trat so sicher

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