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Die letzte Zeugin

Die letzte Zeugin

Titel: Die letzte Zeugin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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hatte, die sie zu ihr hatte durchsickern lassen. Die fünf Komma sechs Millionen, die das FBI konfisziert hatte, waren nach Abigails Meinung ein ordentlicher Batzen Geld, der den Volkovs zumindest wehtun würde. Ebenso wie die sechs Verhaftungen.
    Natürlich war es nicht genug, um sie aus dem Geschäft zu drängen, aber es würde sie ärgern und sie dazu bringen, noch tiefer in ihrer Organisation zu graben, um herauszufinden, wo ihre undichte Stelle saß.
    Zufrieden schloss sie die Datei und sagte sich, sie sollte zu Bett gehen. Es war schon fast Mitternacht, und sie hatte diese Woche zwei neue Aufträge bekommen. Wenn sie sich morgen früh an die Arbeit machte, musste sie frisch und ausgeruht sein.
    Aber sie war nicht müde. Sie musste sogar zugeben, dass sie unruhig war. Und sie nutzte Arbeit und Recherche nur als Vorwand, denn in Wirklichkeit wartete sie darauf, dass das Telefon klingelte.
    Wie oft, dachte sie, hatte sie völlig erstaunt reagiert, wenn in einem Buch oder einem Film eine Frau darauf gewartet hatte, dass ein Mann anrief? Ihr war es immer so vorgekommen, als ob diese Frauen nicht nur unter mangelndem Selbstwertgefühl litten, sondern schlichtweg dumm waren.
    Und jetzt konnte sie sich nur noch über sich selbst wundern. Ihr gefiel nicht, was sie empfand, diese Mischung aus Nervosität und Sorge.
    Eigentlich wollte sie diese Beziehung gar nicht, rief sie sich ins Gedächtnis, und diese unbehagliche, unangenehme Position, in der sie sich jetzt befand, wollte sie schon gar nicht.
    Sie brauchte keine Telefonanrufe, Gesellschaft beim Abendessen oder Gespräche … nichts davon. Alle diese Dinge störten ihre Routine, brachten ihren Terminkalender durcheinander, und was noch wichtiger war, sie konnten nur zu Komplikationen führen, die sie nicht riskieren wollte.
    Trotzdem war es schön, diese Dinge zu haben. Sie konnte – wenigstens ab und zu für ein paar Minuten – alles vergessen und einfach nur Abigail sein.
    Die Abigail, zu der er sich hingezogen fühlte, mit der er gerne zusammen war.
    Aber stürzte sie damit nicht in die gleiche Falle, aus der sie sich selbst vor Jahren befreit hatte? Indem sie sich einredete, sein zu können, was sie nicht war, zu haben, was sie nicht haben konnte?
    Es war gut – nein, am besten –, dass er nicht angerufen hatte. So konnte sie gleich damit beginnen, ihr Leben wieder so einzurichten, wie es gewesen war, bevor er es auf den Kopf gestellt hatte.
    Sie würde sich einen Kräutertee machen. Sie würde ihn mit nach oben nehmen und so lange lesen, bis sie einschlief. Das war vernünftig. Das entsprach ihr.
    Als sie sich erhob, wurde auch der Hund sofort wach. Er folgte ihr in die Küche, und als er sah, dass sie Wasser in den Kessel füllte, setzte er sich und wartete.
    Ein guter Hund, dachte sie, als sie den Kessel aufsetzte, ein komfortables, gut gesichertes Haus und eine befriedigende Arbeit. Mehr brauchte sie nicht, um zufrieden zu sein, und mehr als Zufriedenheit strebte sie gar nicht an.
    Und doch stieg Hoffnung in ihr auf, als ihre Alarmanlage anschlug. Ärgerlich über sich selber wandte sie sich zum Monitor und sah, wie Brooks auf das Haus zufuhr.
    Er setzte zu viel voraus, dachte sie, indem er einfach mitten in der Nacht zu ihr kam. Sie wünschte, sie hätte schon das Licht ausgeschaltet und wäre zu Bett gegangen. Dann hätte er wenigstens keinen Grund zu denken, dass sie auf ihn gewartet hatte.
    Sie würde ihm sagen, sie wolle gerade ins Bett gehen und sei zu müde für Gesellschaft. Einfach und vernünftig, dachte sie, als sie zum Eingang ging.
    Sie öffnete die Tür, als er aus dem Wagen stieg, und im hellen Licht ihrer Sicherheitsscheinwerfer sah sie in seinem Gesicht und seinen Bewegungen Erschöpfung, Wut und Traurigkeit.
    »Entschuldige.« Einen Moment lang blieb er unten an der Veranda stehen. »Ich hätte vorher anrufen sollen. Und ich wäre besser nach Hause gefahren.«
    »Das bist du aber nicht.«
    »Nein. Die Dinge wurden kompliziert.« Er fuhr sich mit der Hand durch die Haare. »Und ich war hier, noch bevor ich darüber nachgedacht hatte, wie spät es ist. Aber du bist immer noch auf.«
    »Ja.« Ihre Entschlossenheit wankte, als sie sein Gesicht musterte. »Ich habe gerade Tee gekocht. Möchtest du auch eine Tasse?«
    »Klingt gut.« Er kam die Treppe herauf. »Es tut mir leid, dass ich dir nicht Bescheid gesagt habe, wie lange es dauert.«
    »Du hast deine Arbeit. Ich habe auch gearbeitet.«
    Stumm nahm er sie in die Arme und drückte sein

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