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Die letzte Zeugin

Die letzte Zeugin

Titel: Die letzte Zeugin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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völlig erstarrt.«
    Sie wäre am besten nicht nach draußen gegangen, dachte Abigail. Ihre Beine gaben nach, und ihr drehte sich der Magen um. Sie wünschte, sie könnte sich hinsetzen. Sie hatte nicht gedacht, dass sie es nach der langen Zeit noch so deutlich sehen, hören und fühlen würde.
    »Das reicht jetzt«, murmelte Brooks. »Lass uns zurück ins Haus gehen.«
    »Ilya kam. Er hatte mir meinen ersten Kuss gegeben. Er war so schön, und als er mich geküsst hatte, hatte ich das Gefühl, zum ersten Mal real zu sein. Bis dahin hatte ich mich, glaube ich, nie ganz real gefühlt. Außer, als ich die Jeans und den Hoodie gekauft oder als ich meine Haare gefärbt hatte. Und dann, als Ilya Volkov mich küsste.«
    »Das ist doch nicht wichtig.«
    »Doch. Er kam herein, und er war wütend. Nicht, weil sein Cousin ermordet worden war, sondern, weil Korotkii Alexi erst am nächsten Abend bestrafen sollte. Und ich wusste, dass der Mann, der mir meinen ersten Kuss gegeben hatte, mich töten würde. Er wusste, dass ich da war, und sie würden mich finden und mich töten. Er verfluchte Alexi und trat ein paarmal gegen die Leiche. Er war schon tot, aber Ilya war so wütend, dass er ihn trat. Genau das gleiche Verhalten habe ich gestern Nacht bei Justin Blake gesehen. Ich sah Ilya in ihm. Das ist erschreckender als jede Waffe.«
    Sie konnte ihren Garten riechen. Ein Hauch von Süße und Schärfe lag in der Luft. Es tröstete sie ebenso wie Brooks’ Arm um ihre Schultern.
    »Also rannte ich weg. Meine neuen Schuhe hatte ich ausgezogen, aber daran dachte ich gar nicht. Ich rannte, ohne darauf zu achten, wohin ich rannte. In blindem Entsetzen lief ich weg, weil ich sicher war, sie würden mich fangen und mich töten, weil ich meiner Mutter widersprochen hatte, getan hatte, was ich tun wollte, und jetzt war Julie tot. Und dabei war sie erst achtzehn.«
    »Es ist gut. Alles ist jetzt gut.«
    »Nein, es ist keineswegs gut. Das ist noch nicht annähernd die ganze Geschichte. Ich stürzte, und meine Tasche flog mir aus der Hand. Ich hatte gar nicht gemerkt, dass ich sie überhaupt dabeihatte. Mein Handy war in meiner Tasche. Ich rief die Polizei an. Sie kamen und fanden mich. Ich erzählte den beiden Detectives, was passiert war. Sie waren freundlich zu mir, Detective Griffith und Detective Riley. Sie halfen mir.«
    »Okay, gib mir deine Schlüssel.«
    »Meine Schlüssel?«
    »Wir gehen jetzt hinein. Ich brauche deine Schlüssel.«
    Sie reichte sie ihm. »Sie brachten mich zu einem sicheren Haus. Sie blieben bei mir, und dann kam John. Deputy U. S. Marshal John Barrow und Deputy U. S. Marshal Theresa Norton. Du bist genau wie er, wie John. Geduldig, umsichtig und freundlich.«
    »Wir setzen uns jetzt. Ich mache ein Feuer im Kamin und koche dir Tee.«
    »Es ist schon zu warm für ein Feuer.«
    »Ich will aber ein Feuer. Okay?«
    »Ja, natürlich.« Sie setzte sich gehorsam. »Ich fühle mich ein bisschen seltsam.«
    »Ruh dich einfach ein wenig aus, bis ich fertig bin.«
    »Sie riefen meine Mutter an. Sie kam zurück. Sie wollte nicht, dass ich aussage oder in einem sicheren Haus bleibe und ins Zeugenschutzprogramm gehe.«
    »Sie war besorgt um dich«, sagte Brooks und schichtete Späne auf.
    »Nein. Sie wollte, dass ich mit dem Sommerprogramm beginne, zurück nach Harvard gehe und die jüngste Neurochirurgin werde, die jemals am Silva Memorial Hospital in Chicago gearbeitet hat. Ich ruinierte ihre Pläne, auf die sie so viel Zeit und Mühe verwandt hatte. Als ich nicht mit ihr nach Hause kommen wollte, ging sie einfach weg wie an dem Tag, an dem alles begonnen hatte. Ich habe nie wieder mit ihr gesprochen.«
    Brooks hockte sich hin. »Sie hat auch kein einziges Wort von dir verdient.« Er hielt ein Zündholz an das Papier, das er zusammengeknüllt hatte, und sah zu, wie sich die Flamme auf die Späne übertrug. Insgeheim dachte er, dass auch er jetzt am liebsten seine Wut aufflammen lassen würde. Aber das war wirklich das Letzte, was sie brauchen konnte.
    »Ich mache jetzt Tee. Ruh dich einfach ein paar Minuten aus.«
    »Ich möchte dir alles erzählen.«
    »Das wirst du auch, aber jetzt ruh dich erst einmal aus.«
    »Wirst du die Marshals verständigen? Das FBI ?«
    »Abigail.« Er umfasste ihr Gesicht mit beiden Händen. »Ich mache dir jetzt Tee. Vertrau mir.«
    Am liebsten hätte er etwas zerschlagen, mit der Faust in etwas Hartes hineingeboxt. Sie war so sicher missbraucht worden, als wäre sie mit gebrochenen Knochen und

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