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Die letzte Zeugin

Die letzte Zeugin

Titel: Die letzte Zeugin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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sollte, was sie sich selber nie ganz hatte erklären können.
    »Es war nicht so wie an dem Tag in der Mall. Das Glück war dieses Mal nicht aus Rebellion, der Entdeckung von Neuem und Lügen entstanden. Es war ein tiefes, starkes Gefühl. Ich wusste, ich würde das Twinset und die Ohrringe tragen, wenn ich vor Gericht aussagte. Ich konnte zwar Julie nicht mehr lebendig machen, aber so würde ich mit dazu beitragen, dass ihr Gerechtigkeit widerfuhr. Und wenn das vorüber war, dann würde ich die werden, die ich sein wollte. Ganz gleich, was für einen Namen sie mir geben würden, ich wäre frei, ich selbst zu sein.
    Und dann … ich weiß nicht alles, was passiert ist. Ich kann nur spekulieren. Ich habe hin und her überlegt. Am logischsten ist, dass Bill Cosgrove und der Agent, der an jenem Abend für Lynda eingesprungen ist, sein Name ist Keegan, wie üblich durch die Küche kamen. Ich glaube, Terry war gerade alleine in der Küche, und John war im Wohnzimmer. Sie muss etwas gespürt oder vermutet haben. Ich weiß nicht, was oder warum. Sie haben sie getötet oder vielleicht zuerst auch nur niedergeschlagen. Aber vorher hat sie John noch etwas zugerufen, so dass er gewarnt war. Aber er konnte nicht zu mir kommen, weil er nicht die Treppe hinauflaufen konnte, ohne gesehen zu werden.
    Ich hörte die Schüsse. Alles passierte so schnell. Ich rannte aus dem Schlafzimmer und sah John. Als John zu mir kam, war er schon von mehreren Kugeln getroffen. Er blutete am Bein und aus dem Bauch. Er stieß mich zurück in mein Schlafzimmer, und dort brach er zusammen. Ich konnte die Blutung nicht stillen.«
    Sie blickte auf ihre Hände. »Ich konnte sie nicht stillen. Ich wusste, was ich tun musste, konnte ihm aber nicht helfen. Ihm blieb nicht mehr viel Zeit. Er sagte, ich solle weglaufen. Ich solle mitnehmen, was ich konnte, und durch das Fenster klettern. Der Polizei konnte ich nicht vertrauen. Wenn die Volkovs Cosgrove und den anderen gekauft hatten, gab es bestimmt noch mehr. Ich wollte ihn nicht so zurücklassen, aber ich kletterte aus dem Fenster, mit dem Geld, das ich hatte, mit meinem Laptop, ein paar Kleidungsstücken und seiner Knöchel-Pistole. Ich wollte versuchen, Hilfe zu holen. Vielleicht würde er ja nicht sterben, wenn Hilfe kam. Ich wusste nicht, ob Terry noch lebte oder tot war. Ich war gerade erst einen Block entfernt, als das Haus in die Luft flog. Ich glaube, sie hatten geplant, dass ich darin umkommen sollte. Sie hatten wahrscheinlich John und Terry ablösen wollen, hätten irgendetwas inszeniert und dann das Haus in die Luft gejagt.«
    »Wo bist du hingegangen?«
    »Ich lief nach Hause. Meine Mutter war sowieso auf der Arbeit, und die Köchin war bestimmt schon nach Hause gegangen. Ich hatte immer noch meinen Schlüssel. Ich ging dorthin, damit ich mich wenigstens irgendwo verstecken konnte, bis meine Mutter nach Hause kam. Dort stellte ich fest, dass sie alle meine Sachen in Kisten verpackt hatte. Manche waren auch schon weg. Ich weiß eigentlich gar nicht, warum mich das so wütend machte.«
    »Aber ich.«
    »Na ja. Ich öffnete ihren Safe und nahm Geld heraus. Zehntausend Dollar. Es war nicht richtig, aber ich bestahl meine Mutter und ging. Ich bin nie wieder zurückgekommen. Während des Gehens versuchte ich nachzudenken. Es hatte ein Gewitter gegeben, aber jetzt regnete es nur noch. Es war nass und dunkel. Ich wusste, dass John und Terry tot waren, und das Letzte, was er mir gesagt hatte, war, dass ich weglaufen sollte. Vor einem Coffeeshop sah ich einen Pick-up mit einem Nummernschild aus Indiana. Ich kletterte hinten unter die Plane. Irgendwann während der Fahrt schlief ich ein, und als ich aufwachte, war ich in Terre Haute. Ich fand ein Motel, bezahlte bar. Ich ging in eine Drogerie und kaufte hellrotes Haarfärbemittel. Meine Haare wurden davon zwar orange, aber ich sah völlig anders aus. Danach schlief ich noch einmal, ziemlich lange. Dann schaltete ich den Fernseher ein. Und ich sah auf CNN einen Bericht über John und Terry, über das Haus. Über mich. Sie dachten, ich sei im Haus gewesen. Sie suchten nach unseren Überresten. Fast hätte ich die Polizei angerufen. Ich hatte Detective Griffith’ Nummer, aber ich hatte Angst. Ich beschloss zu warten und mir ein Wegwerf-Handy zu kaufen. Ich wartete noch einen Tag, aß auf dem Zimmer, verließ es kaum, schaute Nachrichten und versuchte, übers Internet mehr herauszufinden.«
    Sie schwieg und holte tief Luft. »Das gelang mir dann auch. Sie

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